Müllheim Zeitzeugen kommen zu Wort

Weiler Zeitung
Die Sonderausstellung ist verteilt auf drei Etagen und widmet sich den Nachkriegsjahren bis 1952.Foto: Alexander Anlicker Foto: Weiler Zeitung

Museum: Neue Ausstellung: Das Markgräflerland nach dem Krieg / Schicksal ehemaliger Zwangsarbeiter

Die neue Sonderausstellung im Markgräfler Museum widmet sich den Nachkriegsjahren zwischen 1945 und 1952 in Müllheim und im Markgräflerland.

Von Alexander Anlicker

Müllheim. Aufgegriffen werden unter anderem auch zwei Themen, die in den vergangenen Jahrzehnten nur wenig Beachtung fanden: das Schicksal der „Displaced Persons“, der durch den Krieg entwurzelten und verschleppten Menschen, sowie das sogenannte „Polenfeld“ auf dem Müllheimer Friedhof.

Die Ausstellung, die im Zusammenwirken verschiedener Akteure entstanden ist, wurde mit einer Feierstunde in der Martinskirche eröffnet.

Der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg sind untrennbar mit der Nachkriegszeit verbunden.

Grundstein für Demokratie

„In der Nachkriegszeit ist der Grundstein für das demokratische Gemeinwesen gelegt worden“, stellte Bürgermeister Martin Löffler bei der Begrüßung fest. „Wir lernen gerade, dass wir wachsam sein müssen“, mahnte er an und betonte: „Das Schlimmste, was unserem Volk je passiert ist, war der Nationalsozialismus.“ Gerade jetzt sei die Ausstellung wichtig, da man es wieder mit Demokratiefeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu tun habe.

Unter der Überschrift „Müllheim unter der Tricolore“ steht der Ausstellungsteil im Dachgeschoss des Museums, der mit der Übergabe der Stadt an das 23. Régiment d’Infanterie Colonial am 22. April 1945 an das Ende der NS-Diktatur anknüpft. Museumsleiter Jan Merk und Stadtarchivar Steffen Dirschka verwiesen auf die Bevölkerungsstruktur. Im April 1945 zählte die Stadt 3600 Einwohner sowie zunächst 400 französische Soldaten. Hinzu kamen etwa 2200 sogenannte Displaced Persons. Dies waren überwiegend Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus Osteuropa, die nun heimatlos waren.

Zehn Jahre später zählte Müllheim bereits 5800 Bürger und 4500 französische Armeeangehörige in der Garnison. Zudem galt es, deutsche Flüchtlinge aus dem Osten aufzunehmen. „Zentral war das Wohnungsproblem“, stellten Merk und Dirschka fest. Sinnbildlich für den Aufschwung war die Eröffnung des Central-Theaters an der Werderstraße.

Kindheitserinnerungen

Ein Kino-Raum wurde für die Ausstellung im Erdgeschoss des Museums eingerichtet. Zu sehen sind Interviews mit Zeitzeugen, welche die Müllheimer Filmemacherin Kerstin Pommerenke festgehalten hat. Fünf Menschen erzählen von ihren Kindheits- und Jugenderinnerungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit.

Das „Polenfeld“

Mit dem Schicksal der ehemaligen Zwangsarbeiter und dem „Polenfeld“ auf dem alten Friedhof beschäftigt sich der Ausstellungsteil im ersten Obergeschoss, der von der Historikerin Kathryn Babeck kuratiert wurde. Es geht um insgesamt 86 Menschen, darunter 58 polnische Kinder, ein tschechischer Junge und 27 Erwachsene. „Warum mussten so viele polnische Kinder noch nach dem Krieg sterben?“, hatte sich Babeck zu Beginn gefragt. Bei ihren Recherchen beschäftigte sie sich unter anderem mit dem sogenannten „Polenerlass“ während der NS-Diktatur, der im Kreis Müllheim streng umgesetzt worden war. Sie berichtete von einem wegen Rassenschande hingerichteten Zwangsarbeiter und dessen deutscher Freundin, die kurz nach ihrer Entlassung aus dem Konzentrationslager starb. Babeck machte sich auf die Suche nach den Lagern, in denen die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen untergebracht waren. Die Frage nach den Kindern ist noch ungeklärt, die (Kranken-)Akten wurden nach Frankreich mitgenommen und sind im französischen Außenministerium gelagert. Eine Sichtung steht noch aus, berichtete Babeck.

Viele Gruppen und Personen waren an der Ausstellung beteiligt. Dazu zählen unter anderem der Museumsverein mit dem Arbeitskreis Stadtgeschichte sowie der in Gründung befindliche Verein Erinnerungskultur Müllheim.

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