Aussagen deuten auf religiöse Motivation hin
Die Ermittlungen stünden zwar noch am Anfang, sagte Tilmann. Sie traue sich aber, nach derzeitigem Stand von der Annahme eines islamistischen Hintergrunds zu sprechen. Seine Aussagen deuteten auf eine religiöse Motivation hin, sagte Tilmann. Weitere Details zu den Äußerungen während der Vernehmung wollte sie nicht nennen. Unter anderem seien Chats auf dem Smartphone des Fahrers ausgewertet worden, die meisten in der afghanischen Amtssprache Dari.
Nach Angaben des Münchner Polizeivizepräsidenten Christian Huber hatte der 24-Jährige erst ein Polizeifahrzeug überholt, dann "Gas gegeben und ist dann in das Ende der Versammlung gefahren". Dabei wurden auch Teilnehmer der von mehreren Polizeiwagen gesicherten Demonstration der Gewerkschaft Verdi vom Auto des Täters überfahren.
Bei der Festnahme des Mannes hatte die Polizei auch auf seinen Wagen geschossen. "Der Täter wurde dabei aber nicht getroffen und durch den Schuss auch nicht verletzt", hieß es. Den Beamten sei es gelungen, den Täter aus dem Auto zu ziehen, obwohl dieser noch versucht habe, erneut Gas zu geben. Das Auto gehörte laut Polizei dem Fahrer.
Der Afghane hatte sich nach Angaben der Ermittler zuletzt rechtmäßig in Deutschland aufgehalten. Dass erste Angaben zu seinem Aufenthaltsstatus und möglichen Vorstrafen des Fahrers im Nachhinein korrigiert werden mussten, begründete Huber mit Fehlkommunikation in der "Chaosphase" nach dem Vorfall selbst. Inzwischen sei klar, dass nicht wegen Ladendiebstahls oder Drogendelikten gegen ihn ermittelt worden sei, sondern dass er selbst derartige Delikte in seiner Tätigkeit als Ladendetektiv zur Anzeige gebracht hatte.
Über seine Fluchtgeschichte soll der 24-Jährige laut einem Gerichtsurteil jedoch gelogen haben. Im schriftlichen Urteil aus dem Oktober 2020 zur Klage des Mannes gegen die Ablehnung seines Asylantrags kommt das Verwaltungsgericht München zu dem Schluss, "dass dieser die Geschichte nur erfunden hat", um ein Bleiberecht zu erhalten.
Im April 2021 erließ die Stadt München einen Duldungsbescheid und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis für den 24-Jährigen.
Ermittler sehen keine Anhaltspunkte für psychische Erkrankung
Es gebe bei dem Täter bislang keine Anhaltspunkte auf psychische Probleme, die Auswirkungen auf die Tat gehabt haben könnten, sagte Tilmann weiter. Deshalb werde auch nicht beantragt, den Mann vorläufig in der psychiatrischen Unterbringung aufzunehmen.
24-Jähriger bisher nicht vorbestraft
Vorbestraft war der 24-Jährige nach Auskunft der Behörden bislang nicht. Es habe nur einmal in Bayern ein Verfahren wegen Arbeitsamtsbetrugs gegeben, sagte Tilmann. Er habe sich arbeitslos gemeldet, dann eine Tätigkeit begonnen und sich nicht rechtzeitig wieder abgemeldet. Das Verfahren sei gegen eine Geldauflage eingestellt worden, weil es nur ein sehr kurzer Zeitraum gewesen sei. Dies sei das einzige Ermittlungsverfahren in Bayern gewesen, das es gab.
Zwei Menschen in kritischem Zustand
Das lebensgefährlich verletzte zweijährige Mädchen befindet sich nach Angaben eines Sprechers des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) im Haunerschen Kinderspital und liegt dort in kritischem Zustand auf der Intensivstation.
Auch am TUM Klinikum rechts der Isar behandeln die Ärztinnen und Ärzte weiter eine schwerst verletzte Person. "Ihr Zustand ist weiterhin als äußerst kritisch einzustufen", sagte eine Sprecherin des Klinikums.
Am LMU Klinikum wurden an den beiden Standtorten Großhadern und Innenstadt 14 Verletzte behandelt. Einige Patienten waren schwer verletzt, vier mussten den Angaben zufolge umgehend operiert werden.
Polizei verstärkt Präsenz während Sicherheitskonferenz
Einen Bezug der Tat zur Münchner Sicherheitskonferenz sehen die Ermittler zwar nicht, der "Kräfteeinsatz" werde während der bis Sonntag stattfindenden, hochkarätig besetzten Konferenz aber "erhöht", sagte Polizeivizepräsident Huber. Dafür gebe es auch weitere Verstärkung aus anderen Bundesländern.
Außerdem seien die Veranstalter von geplanten Demonstrationen angesprochen worden, ob sie umplanen und statt sich bewegender auf stationäre Veranstaltungen umschwenken wollen. Diese seien polizeilich leichter zu sichern als Demonstrationszüge, sagte Huber.