Uniklinik Heidelberg: 100 Lebern pro Jahr
Eine dieser Richtlinien besagt, dass das mächtigste Kontrollsystem künftig die gegenseitige Kontrolle sein soll. „Intern darf die Entscheidung, wer welches Organ bekommt, nicht mehr in der Hand einer einzelnen Ärztegruppe liegen“, sagt Lilie.
Das Transplantationszentrum an der Uniklinik Heidelberg gilt hierbei als gutes Beispiel. Pro Jahr werden hier im Schnitt 100 Lebern transplantiert. Auch hier waren die Prüfer und haben sämtliche Akten der Operationen der Jahre 2010 und 2011 untersucht – jedoch ohne Auffälligkeiten zu finden.
Für den Ärztlichen Direktor der Chirurgischen Klinik, Markus Büchler, der Beweis, dass die Klinik bei der Vergabe der Organe alles richtig macht: „Die Patienten, die eine neue Leber brauchen, kommen in die Transplantationssprechstunde. Dort werden sie unter anderem von Internisten angeschaut, und dort wird abgeklärt, welche Therapie sie brauchen.“ Erst dann werden die Patienten an den Spezialisten zur Transplantation überführt. „Die Chirurgen haben mit der Transplantation nur noch durch die eigentliche Operation zu tun“, sagt Büchler.
Die gesamte Kommunikation mit Eurotransplant liegt zudem in der Hand des Pflegepersonals, nicht bei den Ärzten. „Bei uns sitzt kein Arzt am Computer, der ein falsches Häkchen setzen könnte.“
Dieses Mehr-Augen-Prinzip ist in Baden-Württemberg laut Landesgesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) verpflichtend. Auch in Freiburg, Mannheim, Stuttgart und Tübingen wird nur noch im Team über Fragen zur Organvergabe entschieden. Es gibt auch keine Bonuszahlungen.
Die Zahl der Organspenden sackt dramatisch ab
Kritikern wie dem Medizinethiker Eckhard Nagel gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Der Ärztliche Direktor der Uniklinik Essen fordert die Länder auf, die Zahl der Transplantationszentren zu reduzieren. Nur dort, wo die Transplantationsmedizin einen Schwerpunkt darstellt, sei die bestmögliche Versorgung gewährleistet. Dafür seien auch längere Anfahrten in Kauf zu nehmen.
Doch nach welchen Kriterien soll ein Bundesland eine Klinik schließen? Noch fehlt es an Daten, mit denen sich die langfristige Erfolgsquote der einzelnen Zentren beziffern lässt. Zwar plant die Bundesärztekammer den Aufbau eines Qualitätsregisters, nach dem die einzelnen Zentren beurteilt werden sollen. Doch wann dieses zum Einsatz kommen soll, ist unklar.
Es sind Maßnahmen, die Zeit brauchen. Doch genau die haben jene 12 000 Menschen nicht, die in Deutschland dringend ein Organ benötigen. Und die Zahl der Organspenden sackt dramatisch ab: von 3917 im Jahr 2011 auf 3508 im Jahr 2012. Das ist ein Minus von 10,4 Prozent. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation sei der Rückgang im zweiten Halbjahr am deutlichsten gewesen – nachdem die Manipulationen bekannt geworden waren.
Im Stuttgarter Katharinenhospital hat Christoph Olbricht eigene Methoden, um der Organspendebereitschaft zu einem Schub zu verhelfen. „Wir versuchen hier insgesamt die Patienten, die Angehörigen, aber vor allem auch das Pflegepersonal auf das Thema Transplantationsmedizin gut einzustimmen.“ Der Mediziner ist überzeugt: Wenn erst das Krankenhauspersonal die Transplantationsmedizin als Gemeinschaftsaufgabe erkennt, Widerstände und Fragen angeht, „dann schafft dies auch Vertrauen bei Patienten, dass alles mit rechten Dingen zugeht“. Tausende Menschen auf den Wartelisten hoffen darauf.