Neuenburg am Rhein Alle fünf Stunden verschwindet ein Kind

Alexander Anlicker
Salome Geiger bei ihrer wichtigen Präventionsarbeit in südafrikanischen Schulen. Foto: zVg

Menschenhandel ist Thema eines Filmabends zu dem die evangelische Kirchengemeinde in Neuenburg ins Kino im Stadthaus einlädt. Gezeigt wird der Film „Sound of Freedom“. Salome Geiger wird von ihrem Kampf gegen moderne Sklaverei in Südafrika berichten.

Der Film wird am Freitag, 26. Juli, ab 19 Uhr gezeigt. Veranstalter ist die evangelische Kirchengemeinde Neuenburg und Zienken. „Der Film erzählt die wahre Geschichte des Menschenhandels“, sagt Salome Geiger, die seit 2011 im südafrikanischen Kapstadt lebt und sich dort mit der Organisation „Free to fly“ gegen Menschenhandel einsetzt. Der Film spielt zwar in Südamerika, trotzdem komme ihr vieles bekannt vor. „Der Film ist sehr realistisch, spannend und gleichzeitig erschütternd“, sagt sie.

Die 40-jährige stammt aus Mühlacker und kam nach der Ausbildung nach Neuenburg, wo sie im evangelischen Kindergarten die Stelle der stellvertretenden Leiterin übernahm. Seit 2008 engagiert sie sich im Kampf gegen den Menschenhandel, zunächst im niederländischen Amsterdam, dann in Südamerika und aktuell im südafrikanischen Kapstadt. „Wir sind in Kapstadt dabei, eines der ersten Schutzhäuser für Kinder aufzubauen“, sagt Geiger.

„Den modernen Sklavenhandel gibt es wirklich“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Es sei heftig zu sehen, wie Kinder aus Familien herausgerissen werden um verkauft zu werden. Viele Kinder würden von der eigenen Familie verkauft. Betroffen seien Kinder im Alter von sechs bis 18 Jahren, das Durchschnittsalter liege bei zwölf Jahren. Es gebe verschiedene Arten der Ausbeutung, von der Prostitution, über Drogenhandel, Zwangsehen, illegale Adoption, Organhandel bis hin zur Bettelei. Die Kinder würden gezwungen, zu betteln. Wie lukrativ dies für die Täter ist, machte sie an einem Beispiel aus dem südafrikanischen Durban deutlich, wo mit bettelnden Kindern in kurzer Zeit rund 100 000 Euro verdient wurden. Beim Thema Organhandel spiele auch der in Südafrika weit verbreitete Aberglaube eine Rolle. So würde aus Knochen ein Pulver gemacht um vor bösen Geistern zu schützen, erzählt Geiger. Auch Zwangsehen seien keine Seltenheit. Junge Mädchen würden mit älteren Männern verheiratet und als Sklavinnen gehalten.

Alle fünf Stunden wird in Südafrika ein Kind als vermisst gemeldet, zitiert Geiger eine amtliche Statistik, die allerdings aus dem Jahr 2013 stammt. 64 Prozent der Opfer von Menschenhandel seien Kinder, ergänzt sie.

Mit dem südafrikanischen Verein „Free to fly“ leistet die 40-Jährige unter anderem Aufklärungsarbeit in besonders gefährdeten Gebieten. Angestellt ist sie bei der deutschen Partnerorganisation, der Vereinigten Deutschen Missionshilfe. Vor Ort geht sie insbesondere in Schulen. Auch bekomme der Verein Fälle von verkauften Kindern gemeldet und recherchiere mit Hilfe von Datenexperten, um gemeinsam mit Polizei und Sozialamt die Kinder herauszuholen, ergänzt sie. Ein besonderes Augenmerk liege auch auf Grenzorten. Dort habe der Verein innerhalb von 14 Monaten 74 potenzielle Opfer gefunden. Jüngstes Projekt ist der Bau eines Schutzhauses in Kapstadt. Nach knapp drei Jahren Vorbereitung hat der Verein ein Gebäude bekommen und ist dabei, dieses entsprechend umzubauen. Auch in Südafrika mahlen die Mühlen der Bürokratie langsam, sagt sie.

Geiger kommt regelmäßig nach Deutschland, um die Familie zu besuchen, Vorträge zu halten und Spenden zu sammeln. Unterstützung erhält sie dabei unter anderem von der Neuenburger Kirchengemeinde. Am 10. August fliegt sie wieder nach Südafrika. „Ich weiß nie ob ich wieder zurück komme“, sagt sie. Ihre Arbeit sei nicht ungefährlich, sagt sie mit Blick auf das lukrative Geschäftsmodell „Menschenhandel“, das sie mit ihrer Arbeit stört.

Zurück zum Film „Sound of Freedom“: Das Actionspektakel von Regisseur Alejandro Monteverde erzählt die „unglaubliche wahre Geschichte eines ehemaligen Regierungsagenten, der sich auf eine gefährliche Mission begibt, um Hunderte von Kindern vor Sexhändlern zu retten“´(International Movie Database). Filmkritiker verwiesen auf die Nähe von Hauptdarsteller James Caviezel zur verschwörungsgläubigen QAnon-Bewegung. „,Sound of Freedom’ erzählt vom angeblich massenhaften Handel mit versklavten Kindern, an den QAnon-Anhänger glauben“, schrieb beispielsweise die Süddeutsche zum Filmstart in vergangenen Jahr. „Der Film verbreitet nicht direkt QAnon-Botschaften, er spricht nur vage von ,Reichen’ , die versklavte Kinder kaufen“, heißt es in der Süddeutschen und weiter: „Gerade darin sehen Kritiker seine Gefährlichkeit.“

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