Neuenburg am Rhein Gendern von Grüninnen und Grünen

Dorothee Philipp
Kabarettist Andreas Rebers war bei der Gutedelgesellschaft zu Gast. Foto: zVg/Susie Knoll

Wenn Andreas Rebers wieder einmal zur Gutedelgesellschaft nach Neuenburg kommen sollte, müssten die Veranstalter dafür sorgen, dass das Publikum sich auf seinen Sitzen anschnallen kann. Die Fahrt mit seinem Programm „Ich helfe gern“, war Achterbahn pur, wobei kaum Zeit zum Durchschnaufen blieb.

Im Jahr 2020 war der Kabarettist aus Berlin damit erstmals auf Tour gegangen, hat aber inzwischen viele Sequenzen ausgetauscht und darin auch ganz aktuelle Sachen wie das Platzen des großen Aquariums in einem Berliner Hotel verarbeitet. Mutmaßlich ausgelöst durch Rebers Verzehr einer Fischsemmel im Angesicht der schwimmenden Flossentiere. Der Einstieg mit einem melancholischen Song in Moll, begleitet auf dem mit oberspießigem Wandbehang – Motiv röhrender Hirsch am Waldesrand – verkleideten Keyboard führt mit seinen samtigen Riffs zunächst auf die ganz falsche Fährte. Danach geht es Schlag auf Schlag. Bevor man sich über die Idee vom Fund einer Terrakotta-Armee in Kohls Oggersheimer Anwesen kaputtlachen kann, ist er schon beim Russen, der nie weg war, bei der Petze Annalena B. und dem Gendern von Grüninnen und Grünen. Im Lauf des Abends gibt er zu: „2015 habe ich den Ausstieg bei den Grünen geschafft“. Enttäuscht von der Ausgrenzung anders essender Menschen: „Wir werden gequält von den Lebensentwürfen dieser Deppen.“

Peepshow der Ab surditäten

Und sie treten massenhaft auf in dieser Peepshow der Absurditäten unserer Gegenwart. Zum Beispiel die alleinerziehende Sabine Hammer, geschiedene Sichel, mit ihrem „Hammerkind“, das im handgeschnitzten, von Martin Heidegger entworfenen Kinderwagen gefahren wird. Sie hat Kochbücher von Attila Hildmann und das Hammerkind spielt mit Laubsägearbeiten. Rebers hat eine stilistische Wundertüte, aus der es droht und raunt, schmeichelt und ätzt in sekundenschnellem Wechsel.

Nebenbei verteilt er nette Witzchen und Sketche als entspannende Fußnoten, bevor er das Publikum mit scharfem Blick und noch schärferen Formulierungen wieder ins üppig sprießende Elend der bundesdeutschen Wirklichkeit zurückreißt, wo Empörungsdienstleistung und betreutes Denken herrschen. Politik, Umwelt, Klimakatastrophe, Spaltung der Gesellschaft in arm und reich, Kapitalismus, Digitalisierung, Ausbeutung und und und. „Du träumst vom Meer und stehst vor Nordsee.“

Ab und zu mischt sich ein erfrischender Surrealismus in die Philippika, etwa wenn er davon raunt, dass Renate Künast als Großmeisterin des Ku Klux Klans in einem gigantischen unterirdischen Tunnelsystem in der Eifel Ausbildungsplätze für Heilpraktikerinnen schafft. Oder die „Zeugen Bonsais“, die an seiner Tür klingeln und mit feinen Stimmchen erklären, dass grenzenloses Wachstum auch nach innen möglich ist.

Philosophischer Exkurs

Rebers redet sich in Rage, wenn es um die Gleichzeitigkeit von Katastrophen-Nachrichten und Werbung sowie um die Schaffung neuer gesellschaftlicher Narrative geht, die einem das Selberdenken abnehmen. Dabei zupft und krempelt er unentwegt an den Ärmeln seiner dünnen Jacke. Es ist ihm wirklich ernst. Sein philosophischer Exkurs über Lebenszeit, Tod und Weltuntergang hat was Beklemmendes – für die, die sich noch nie darüber Gedanken gemacht haben. „Reiche haben Humor – echte Opfer nicht.“

Mit der Erinnerung an Kretschmann und seine Waschlappen – zwei, einen für oben und einen für unten – lenkt er sein Predigtschiff wieder zurück in die Gewässer des harmloseren Kabaretts. Zur Zugabe kommt dann endlich das Akkordeon zum Einsatz, das den ganzen Abend still auf der Bühne geprunkt hatte. Fingerflink und virtuos lässt er die Kaskaden einer Musik perlen, „zu der man nicht marschieren kann“. Und die zweite Zugabe, ein astreines Grönemeyer-Gebell, in dem es irgendwie um einen einsamen Clown geht, lässt wieder das unbeschwerte Lachen los, das man in den zurückliegenden zweieinhalb Stunden zeitweise ganz vergessen hat.

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