Neuenburg am Rhein Von Käfern bis zur Wildkatze

Alexander Anlicker
Im Naturschutzgebiet „Käfigecken“ bei Grißheim Foto: Alexander Anlicker

Die Trockenauen entlang des Rheins auf Neuenburg sind ein einzigartiger Lebensraum. Hier gibt es noch zahlreiche Tier- und Pflanzenarten die auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen.

Das Land beziehungsweise das Regierungspräsidium Freiburg will nun die bestehenden Naturschutzgebiete „Käfigecken“ in Grißheim, „Sandkopf“ in Zienken erweitern und im Ortsteil Steinenstadt das neue Schutzgebiet „Alter Grund“ ausweisen. Alle drei Teilbereiche sollen im Naturschutzgebiet „Trockenaue Neuenburg“ zusammengefasst werden.

Im Zuge der Ausweisung des Schutzgebiets wurde die Stadt Neuenburg um eine Stellungnahme gebeten. Gabriel Rösch von der Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium stellte im Gemeinderat das Naturschutzgebiet mit seinen Besonderheiten vor.

Im insgesamt 373 Hektar umfassenden Gebiet leben zahlreiche Arten, die in der Roten Liste als ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet aufgeführt sind, berichtete Rösch. Darunter sind 277 Käferarten, 15 Schmetterlinge, 31 Wildbienen und -wespenarten, sechs Vogelarten, sechs Fledermausarten, zwei Heuschreckenarten, je eine Libellen- und Reptilienart sowie 18 Pflanzen- und drei Flechtenarten. Hinzu komme noch die europäische Wildkatze als Säugetierart.

„Das hat alles mit Tulla zu tun“, erklärte Rösch die Entstehung dieses einzigartigen Lebensraums. Vor der Rheinregulierung waren hier Weiden und Überflutungsflächen.

Nach dem Bau des Rheinseitenkanals habe sich die Landschaft innerhalb von 30 Jahren nochmals verändert. Ein Buschwald mit lichten Stellen mit Trockenrasen oder orchideenreichem Halbtrockenrasen prägen das strukturreiche Gebiet, das um Saum-, Stauden- und Gehölzgesellschaften sowie Eichenwälder ergänzt wird.

Unter anderem wies er auf den großen Bestand an Sanddorn, aber auch auf gefährdete Pflanzen, wie den vom Aussterben bedrohten Schweizer Alant hin, der in Deutschland nur hier vorkommt. Ausgenommen von der Schutzgebietsverordnung sind der teilweise im Gebiet liegende „Fit-Parcours“ (Trimm- Dich-Pfad) zwischen Neuenburg und Zienken sowie der Hundesportplatz bei Grißheim.

Bei den Bürgerfragen zu Beginn der Sitzung wurde auch das Thema Jagd angesprochen. Die Grißheimer Jäger fürchten unter anderem weitere Einschränkungen. Auch Stadtrat, Landwirt und Jäger Egbert Studer verwies auf die Notwendigkeit der Jagd, beispielsweise zur Eindämmung der Schweinepest. Rösch hielt dem entgegen, dass die Jagd weiterhin ausgeübt werden könne.

Sorge bereitet den Landwirten, dass das Schutzgebiet an einigen Stellen direkt an landwirtschaftliche Felder grenzt. Egbert Studer verwies auf das Beispiel der Gewässerrandstreifen, wo Landwirte zuerst fünf, dann zehn, 15 und jetzt 20 Meter Abstand halten müssen und so Teile ihrer Felder nicht mehr bewirtschaften können. Im Verordnungsentwurf seien zwar keine Abstände definiert, allerdings drohen nach Ansicht von Studer Änderungen beim EU-Recht zum Nachteil der Landwirte. Die Schutzgebietsverordnung soll, so der Vorschlag von Studer, erst mit 50 Meter Abstand zu den landwirtschaftlichen Flächen greifen. Auch Stadtrat Thomas Benz plädierte für 50 Meter Abstand.

Die Stadt werde in ihrer Stellungnahme einen Kompromiss von 30 Metern vorschlagen, sagte Bürgermeister Joachim Schuster und erklärte, dass der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) selbst eine Stellungnahme abgeben könne.

Am Ende stimmten die Gemeinderäte bei drei Nein-Stimmen und drei Enthaltungen mehrheitlich für den Entwurf der Stellungnahme. Diese war den Gemeinderäten jedoch erst am Sitzungstag um 15.55 Uhr zur Verfügung gestellt worden, wie Stadtrat Volker Schwanzer bemängelte.

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