Neuenburg Hoher Besuch aus Stuttgart

Weiler Zeitung

Politikerin: Landtagspräsidentin Muhterem Aras zu Gast in der Mathias-von-Neuenburg Schule

Bei ihrem Besuch der Mathias-von-Neuenburg-Schule in Neuenburg präsentierte sich die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras als Politikerin zum Anfassen. Sie zeigte sich offen für alle Fragen der rund 60 Schüler des Schulverbunds aus Werkreal- und Realschule, die gekommen waren, um mehr von ihr zu erfahren. Selbst ihre Bezahlung war kein Tabuthema und wurde offen diskutiert, wie die Schule in einer Mitteilung schreibt. Erst kürzlich hatte Aras die Mathilde-Planck-Schule in Lörrach besucht (mehr darüber könnt ihr auf unserer Regio-Seite vom 19. Juni lesen).

Im Übrigen war das Themenfeld weit gesteckt und reichte von der aktuellen Flüchtlingspolitik über die Wohnungsnot bis zur Feinstaubproblematik. Besonderes Interesse zeigten die Schüler aber auch an Muhterem Aras´ Werdegang. Zu Beginn erläuterte sie ihre Aufgaben als Landtagspräsidentin.

Angesichts ihrer Biografie bezeichnete Bürgermeister Joachim Schuster Muhterem Aras als „Mutmacherin“. Als Musterbeispiel gelungener Integration schaffte sie es vom anatolischen Dorf an die Spitze des baden-württembergischen Parlaments. Bildung hatte für ihre Familie immer einen hohen Stellenwert, und so gelang der gebürtigen Türkin kurdischer Abstammung der Weg über den Hauptschulabschluss, die Mittlere Reife und das Abitur bis zum abgeschlossenen Studium der Wirtschaftswissenschaften. Schließlich machte sie sich als Steuerberaterin selbstständig und beschäftigt in ihrer Kanzlei heute zwölf Mitarbeiter. Anfang der 1990er-Jahre ist Muhterem Aras in die Politik gegangen, wollte Verantwortung übernehmen und stieg erfolgreich in die Kommunal- sowie später in die Landespolitik ein.

Vom anatolischen Dorf an die Landtagsspitze

„Ich bin im Alter von zwölf Jahren nach Deutschland gekommen“, berichtet Aras. „Mein Vater war in den 1960er-Jahren ein klassischer Gastarbeiter.“ Die Familie stammt aus einem kleinen Bauerndorf mit rund hundert Einwohnern, alles Selbstversorger. „Wir hatten keinen Strom, kein fließendes Wasser und keine geteerten Straßen – ein Naturparadies“, erzählt Aras. In Deutschland angekommen, sei sie gleich in eine Regelklasse gesteckt worden. Damals habe es keine Vorbereitungsklassen wie heute gegeben. „Wir waren sofort Teil der Gemeinschaft. Im Nachhinein, würde ich sagen, war das richtig.“ Sie habe einfach von Anfang an dazu gehört.

Ihr Vater habe sie über ein Belohnungssystem gefördert. „Für eine Eins in einer Klassenarbeit gab es fünf D-Mark“, erinnert sich Aras. „Wir hatten kein Taschengeld.“ Fünf D-Mark sei für sie sehr viel Geld gewesen.

Hassmails beeindrucken die Politikerin nicht

In der Schule habe sie nie Probleme wegen ihrer Herkunft oder Religion gehabt, antwortete Aras auf die Frage eines Schülers. „Wir sind nie diskriminiert worden“, sagt sie. Auch in ihrer Position als Landtagspräsidentin erhalte sie glücklicherweise keine Drohbriefe, erklärt sie auf Nachfrage. Mehr als 98 Prozent der Briefe seien positiv. Negative Zuschriften und Hassmails erhalte sie allenfalls aus dem rechtspopulistischen Lager sowie insbesondere aus der nationalistischen türkischen Ecke. „Nationalisten sind überall gleich“, sagt Aras. „Davon lasse ich mich nicht beeindrucken.“

Auf die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel angesprochen, bezog Aras klar Stellung. „Ich habe großen Respekt vor ihrer Entscheidung. Sie hat das einzig Richtige gemacht. Die Frage ist: Was hätte denn Frau Merkel machen sollen?“ Deutschland habe sehr viele Flüchtlinge aufgenommen, während sich andere europäische Staaten aus ihrer Verantwortung gestohlen haben, sagt Aras, die nun auf Erfolge auf europäischer Ebene hofft.

Wie man es als Landtagspräsidentin allen Fraktionen recht machen könne, wollte eine Schülerin in diesem Zusammenhang wissen. „Ich habe einen klaren Auftrag, ich habe einen klaren Kompass“, sagt Aras. „Ich mache parteiübergreifende Arbeit.“ Ihre Neutralität betonte sie auch bezüglich der „Alternative für Deutschland“ (AfD).

Neutral gegenüber allen Parteien im Landtag

„Als Landtagspräsidentin habe ich die Arbeit der AfD nicht zu bewerten. Ich bin neutral und objektiv.“ Die AfD sei genauso demokratisch gewählt wie die anderen Parteien. Aber Baden-Württemberg und Deutschland seien zum Glück weltoffen und tolerant. Es sei auch gar nicht möglich, sich abzuschotten. „Unsere Gesellschaft ist vielfältig und hält zusammen.“

Initiiert wurde die Stippvisite der Landtagspräsidentin an der Mathias-von-Neuenburg Schule von EWG-Lehrer Raffael Machado. Er traf Muhterem Aras unlängst, als er mit seinen Schülern den Stuttgarter Landtag besichtigte, und lud sie an seine Schule ein.

Die Realschule wird bleiben

Rektor Thomas Vielhauer und Bürgermeister Joachim Schuster nutzten den Besuch der Landtagspräsidentin in Neuenburg, um sich über die Schulpolitik auszutauschen. Einigkeit herrschte beim Thema Werkreal- respektive Realschule. „Solange Werkrealschulen und Realschulen nachgefragt werden, wird es sie geben“, sagte Aras auf die Frage einer Schülerin. „Die Prognosen sehen gut aus.“ Die Politik habe nicht vor, die Werkrealschule abzuschaffen. Nicht für alle Schüler sei eine Gemeinschaftsschule die richtige Wahl, betonte Vielhauer.

Die Mathias-von-Neuenburg Schule ist ein Verbund aus Werkreal- und Realschule. Die Realschule besteht seit mehr 20 Jahren, ist als offene Ganztagsschule konzipiert und wird von rund 380 Schülern besucht. Sie ist zwei- bis dreizügig und hat ein besonderes Profil, das aus den Bereichen Sprachen, Sport und Kunst besteht. Die Werkrealschule ist eine ein- bis zweizügige Schule neuen Typs. Sie führt in einem durchgehenden Bildungsgang bis Klasse 10 zum mittleren Bildungsabschluss und bietet weiterhin den Hauptschulabschluss an. Zusätzlich wird der Übergang in das duale Ausbildungssystem vorbereitet und somit die Grundlage für eine gelingende Berufsausbildung geschaffen. Die Werkrealschule ist ebenfalls eine offene Ganztagesschule. Durch den Schulverbund mit der Realschule eröffnet sich die Möglichkeit des fließenden Wechsels bei entsprechenden Leistungen. Werkreal- und Realschule bilden zusammen mit der Rheinschule (Grundschule) ein Schulzentrum, zu dem neben zwei Sporthallen eine Cafeteria und ein Hallenbad gehören.

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