„Kabarett-Cuvée“ ist ein seit einigen Jahren ins Saisonprogramm aufgenommenes Format. Das Publikum bestimmt am Ende, welche „Zutat“ aus der Cuvée in der nächsten Saison einen ganzen Abend füllen soll, sortenrein sozusagen. Vorstandsmitglied Christoph Wirtz, selbst mit kabarettistischem Talent gesegnet, war der ideale Moderator für diesen Abend. Das Ergebnis der Abstimmung war eindeutig: Für Matthias Reuter gingen die mit Abstand meisten der vorher ausgeteilten Stimmkarten in die Höhe. Der 42-jährige mit Preisen und Auszeichnungen bedachte Germanist und Philosoph aus dem Ruhrpott hatte die durch langjährigen exzessiven Kabarettbesuch gestählte und durch zahllose erstklassige Vergleichsmöglichkeiten unbestechlich kritische Gesellschaft sofort überzeugt. Der wie ein Sturmwind daher fegende, in die Tasten des Steinway gehämmerte NRW-Abi-Blues („malen nach Zahlen können bei uns nur die Genialen“), offenbarte, warum es mit den deutschen Großbaustellen nicht vorangeht: Pofalla (S21) und Lütke Daldrup (BER) kommen aus NRW. Die „Fabel vom pazifistischen Hasen“, der den anderen Tieren Waffen verkauft, bis der Wald brennt, während er sich am Strand sonnt – eine geniale Melange von Spaß, Gesellschaftskritik und klassischer Moralethik. Und dann als furioses Finale der in „Ruhrpott-Russisch“ gebellte Song der Hacker Pjotre, Boris, Igor und Ichch, die als „Schrecken des Westens“ der Oma die Heizdecke lahmlegen und Putin als Marionette benutzen. Keine Frage, von dem will man mehr sehen und hören.
Doch auch die anderen haben sich fast durchweg gut verkauft: Mit dem 20-jährigen Newcomer Jonas Greiner stand „der größte Kabarettist Deutschlands“ auf der Bühne. „Bevor Sie das fragen: Zwei Meter sieben“, erklärte er. Dann ging es temporeich zur deutschen Bildungsmisere, diesmal aus der Sicht und mit der frischen Diktion der jungen Generation, die von Leuten „Mitte hundert“ unterrichtet wird, die IG-Farben noch als Startup handeln. Dichter und Denker? Denkste, das war mal vor 200 Jahren!