Seinem Herausforderer Friedrich Merz warf er eine riskante Linie in der Ukraine-Politik vor. Der Unions-Kanzlerkandidat wolle der Nuklearmacht Russland mit Blick auf eine mögliche Taurus-Lieferung ein Ultimatum stellen, so Scholz. "Ich kann da nur sagen Vorsicht: Mit der Sicherheit Deutschlands spielt man nicht Russisch Roulette", sagte er. "Ich bleibe standhaft und besonnen, darauf können sie sich verlassen."
93,2 Prozent bei Wahl zum Direktkandidaten
Nach der Konferenz wurde Scholz in seinem Wahlkreis in Potsdam zum Direktkandidaten gewählt. 69 Delegierte stimmten für ihn, es gab aber auch vier Gegenstimmen und eine Enthaltung. Das entsprach 93,2 Prozent Zustimmung. Ein Delegierter kritisierte den Kanzler in der Aussprache für seine Ukraine-Politik und warf ihm vor, den Abwehrkampf gegen Russland zu wenig und zu zögerlich unterstützt zu haben. "Warum solltest Du trotzdem Bundeskanzler bleiben?", fragte er. Scholz verteidigte auch dort seinen Kurs.
Scholz hatte das Direktmandat in seinem Wahlkreis 2021 mit 34,0 Prozent der Stimmen gewonnen. Er setzte sich damit klar gegen die damalige Kanzlerkandidatin der Grünen und heutige Außenministerin Annalena Baerbock durch. Sie kam nur auf 18,8 Prozent und tritt diesmal wieder gegen Scholz an.
Kanzlerkandidatur muss noch bestätigt werden
Scholz' Kanzlerkandidatur muss noch auf dem Parteitag am 11. Januar bestätigt werden. Das gilt als Formsache. Scholz muss sich aber an seinem Ergebnis vom Mai 2021 – gut vier Monate vor der Bundestagswahl – messen lassen. Damals wurde er mit 96,2 Prozent der Stimmen bestätigt.
Die SPD lag zu diesem Zeitpunkt wie heute in den Umfragen zwischen 14 und 16 Prozent. Erst ein als unangemessen empfundener Lacher des Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet in einem Flutgebiet brachte im Sommer die Wende: Die SPD wurde schließlich mit 25,7 Prozent noch stärkste Kraft.
Klingbeil: "Wir sind eine Partei für die Aufholjagd"
Parteichef Lars Klingbeil rief die SPD auf, sich nicht von den Umfragen beeinflussen zu lassen. "Hört nicht auf die Umfragen, hört nicht auf die Artikel, die jetzt geschrieben werden", sagte er. "Wenn die SPD etwas kann, dann ist das kämpfen. Wir sind eine Partei für die Aufholjagd."
Einen ersten Hoffnungsschimmer für Scholz und die SPD gab es mit einer Insa-Umfrage im Auftrag der "Bild": Danach würden nun 22 Prozent der Menschen in Deutschland Scholz direkt zum Kanzler wählen - plus 7 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwoche vor der Kandidatenkür. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz liegt mit 30 Prozent (minus 1) aber weiter vorn, Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck rutscht auf 16 Prozent (minus 2) ab und damit auf Platz 3. Bei der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl liegt die SPD in dieser Umfrage aber weiterhin 17 Prozentpunkte hinter der Union (15 Prozent zu 32 Prozent).