Orgelwochen in Rheinfelden Zurück am Ort, an dem alles begann

Jürgen Scharf
Ein Höhepunkt bei den Rheinfelder Orgelwochen war der Auftritt des aus Grenzach stammenden und heute in Basel lebenden Organisten Thilo Muster. Foto: Jürgen Scharf

Der aus Grenzach stammende Thilo Muster erwies sich bei den vierten Rheinfelder Orgelwochen als ein wahrer Bruckner-Spezialist. Sein Konzert war ein Höhepunkt der Reihe in der gut besuchten St. Josefskirche.

Dass der Organist Thilo Muster mit der monumentalen, „dem lieben Gott“ gewidmeten neunten Sinfonie von Anton Bruckner nicht erst jetzt im Bruckner-Jahr zum 200. Geburtstag des Sinfonikers unterwegs ist, sondern schon seit zehn Jahren, hängt mit Musters Biografie zusammen. Vor dem Konzert erzählt er dem Publikum, wie es zu der Idee dieser Sinfonie auf der Orgel kam, was schon an „Größenwahn“ grenze. Er hörte seinen Kommilitonen Eberhard Klotz bei dessen Diplomkonzert den letzten Satz dieser Sinfonie spielen. Das war für ihn damals ein Schlüsselerlebnis.

Beide studierten sie in Basel, und Muster hätte sich damals nie gedacht, dass er einmal die gesamte Sinfonie aufführen würde, was er inzwischen an vielen Orten in Deutschland und der Schweiz getan hat.

Ungewöhnliches suchen

Muster sucht immer nach Repertoire, was nicht üblich ist und was man sonst nicht auf der Orgel hört. Da kam ihm diese Übertragung der Bruckner-Sinfonie seines früheren Studienkollegen gerade recht, weil sie sich gut für Orgel eignet. Dass dieses Kolossalwerk mit dem riesigen Kopfsatz, dem fortschrittlichen Scherzo und dem gewaltigen Ende in strahlendem E-Dur auf der Orgel funktioniert, hört man in der Josefskirche sehr gut.

Muster hat die Herausforderung gereizt, 100 Orchestermusiker in einer Person zu ersetzen. Und man muss dem engagierten Organisten, der drei Tage lang die Orgel für die Aufführung programmiert hat, beipflichten, dass sich Bruckner gut auf der Orgel macht.

In Grenzach aufgewachsen

Muster saß hier am Spieltisch in der katholischen Kirche. Seine ersten Orgelschritte hat der in Grenzach aufgewachsene und zur Schule gegangene Musiker aber an der alten Elektronenorgel und später an der neu eingebauten Rensch-Orgel der Christuskirche unternommen. Seinen ersten Orgelunterricht hatte Thilo Muster, der sein Abitur mit Leistungskurs Musik in Rheinfelden machte, bei Kantor Rolf Haas, bevor er sein Studium an der Musikakademie Basel bei Guy Bovet fortsetzte und mit dem Solistendiplom und Auszeichnung abschloss.

Schon vor und während des Studiums hat er an verschiedenen Orgeln in der ganzen Region, in den evangelischen und katholischen Kirchen in Grenzach und Wyhlen und in Minseln gespielt. Er hatte „einen ganzen Schlüsselbund“, wie er sagt, um dort üben zu können. Zwei Jahre war er Organist in der Evangelischen Kirche in Wyhlen und blieb auch während seines Studiums immer in der Doppelgemeinde wohnen. Er erinnert sich noch gerne an das erste Konzert, das er selber veranstaltet hat, mit befreundeten Musikern wie dem Rheinfelder Trompeter Thomas Haas in der Wyhlener Himmelspforte, wo 400 Leute kamen „und bis auf die Treppen saßen“ – ein durchschlagender Erfolg. Seit 1990 lebt Muster in Basel, wo er auch als Orgelsachverständiger tätig ist und den Bau der neuen Orgel im dortigen Stadtcasino mit initiiert hat. Einige Jahre pendelte er zwischen Basel und Genf, wo er als Titularorganist wirkte.

Weit gereister Musiker

Der viel gereiste Konzertorganist freute sich sichtlich, dass er sein bewundernswertes Bruckner-Projekt nun an dem Ort, wo er seine Orgellaufbahn begonnen hat, aufführen konnte. Und das in einer imponierenden Leistung an den drei Manualen und dem Einsatz aller vorhandenen Orgelregister und Registerkombinationen an der schön klingenden Späth-Orgel. In seiner gut einstündigen Wiedergabe konnte er die Klangwelt Bruckners eindrucksvoll aufschlüsseln. In getragenem Tempo, aber nicht weihevoll, stellte er die Architektur in weiten Bögen dar, unpathetisch, in Teilen lyrisch, wie aus einem Guss: ein Erlebnis zwischen weichem Misterioso und grandioser Klangentfaltung. Das machte gewaltigen Eindruck. Mitgebracht hatte Muster seine CD mit der „Neunten“ – eine Möglichkeit, das Konzerterlebnis in den eigenen vier Wänden nachklingen zu lassen.

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