Orts-Check Lörrach Wie die Stadt bei Problemen gegensteuert – auch beim Wohnen

Marco Fraune
Bezahlbarer Wohnraum für 500 Menschen entsteht aktuell in der Nordstadt. Foto: Marco Fraune

Der Immobilienmarkt erhält schlechte Noten. Die Wohnraumoffensive soll für Verbesserungen sorgen. Der OB bezieht dazu ebenso Stellung wie zu weiteren Orts-Check-Themen.

Die Gesundheitsversorgung wird für Lörrach mit 4,71 Punkten relativ negativ bewertet. „Eine bessere Arztversorgung wäre sehr wünschenswert“, schreibt ein Umfrageteilnehmer konkret. „Das Fachärzteangebot ist für die vielen Menschen hier unzureichend“, was aber wohl fast überall so sei, ergänzt ein anderer Leser. Der Ärztemangel sei „eklatant“, heißt es. Vier Monate auf den Arzt zu warten und danach noch einmal so lange auf den Physiotherapeuten, das sei keine „Versorgung“ mehr, schildert eine Leserin.

Wie sauber ist es? Auch die Sauberkeit beschäftigt die Lörracher, wobei sie mit 6,71 Punkten eher positiv bewertet wird. In den Schilderungen der Leser wird jedoch auf konkrete Defizite verwiesen. „Die gelben Abfallsäcke, die einen Tag vor Abholung die Stadt verzieren und stinken, stören mich extrem“, so ein Leser. Auf sehr viel Hundekot wird ebenso verwiesen. Von anderer Seite heißt es: „Die Müllentsorgung, speziell an dem Naherholungsgebiet Wiese, muss dringend verbessert werden.“ Die Sauberkeit der Straßen und Gehwege sei vorbildlich, so eine andere Einschätzung.

Ein intakter und attraktiver öffentlicher Raum sei ein wichtiger Bestandteil für die Stadtgesellschaft, erklärt OB Jörg Lutz auf Nachfrage. „Leider hat in den vergangenen Jahren die Vermüllung zugenommen.“ Die Werkhof-Mitarbeiter seien ständig im Einsatz, um die Verschmutzungen zu beseitigen. Allein 2023 hat der Werkhof rund 250 Tonnen Müll und etwa 500 Tonnen Straßenkehricht beseitigt. Lutz: „Hier liegt die Verantwortung auch bei jedem Einzelnen, das heißt ein respektvoller Umgang mit dem öffentlichen Raum.“ Müllentsorgung über die geordneten Wege sei Privatsache eines jeden Einzelnen.

Wie sicher ist die Stadt? Die Sicherheit wird in der Stadt Lörrach mit 6,37 Punkten bewertet – befindet sich damit im positiveren Bereich. Gleichzeitig gibt es in Schilderungen unserer Umfrage-Teilnehmer auch negative Bewertungen. „Als Frau möchte man abends nicht mehr alleine in die Stadt“, es gebe zu viele unangenehme Männergruppen, die sich zusammenfinden. Dass die Ortspolizei am Abend und in der Nacht in etlichen Straßen fehle, findet auch ein anderer Bürger. Und auf der Basler Straße würden nachts Autorennen in der 30er-Zone stattfinden. „Mit dröhnenden Motoren wird gegen Mitternacht und danach die Basler Straße rauf und runter gerast.“

Beim Thema Sicherheit spielt das subjektive Empfinden laut OB Lutz eine zentrale Rolle. „Die Stadtverwaltung nimmt aber die Sorgen und Ängste der Bürger ernst.“ So habe beispielsweise die Stadt Lörrach im vergangenen Sommer einen „Runden Tisch“ initiiert, als es auf und rund um den Bahnhofsplatz zu verschiedenen Vorfällen kam. In diesem Gremium wurde die Situation vor Ort analysiert und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, um beide öffentlichen Plätze sowie die angrenzenden Geschäfte sicherer zu machen und die Aufenthaltsqualität für die Bürgerschaft zu erhöhen. Lutz: „Nach Einschätzung aller Beteiligten ist es zu einer spürbaren Verbesserung der Situation gekommen.“

Die Stadt Lörrach hat zudem Ende 2023 ein Gesamtkonzept für den öffentlichen Raum erarbeitet, das sowohl präventive als auch regulative Instrumente vorsieht und das Sicherheitsgefühl der Bürger verbessern soll. Zu den Neuerungen gehören unter anderem der Einsatz eines Streetworkers und die Einrichtung eines Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD), der im Frühjahr 2025 mit seiner Arbeit beginnen wird, so das Stadtoberhaupt.

Immobilienmarkt negativ Wenig überraschend fällt für Kenner des Wohnungsmarkts der letzte Platz im Ranking für den Immobilienmarkt aus, die Punktzahl: 3,56. „Es wird ganz dringend bezahlbarer Wohnraum für Familien benötigt“, lautet eine Rückmeldung beim Orts-Check. „Besonders ins Gewicht fallen die hohen Immobilienpreise aufgrund der Nähe zur Schweiz, sodass sich Familien im Stadtgebiet keine Häuser mehr leisten können“, ergänzt ein weiterer. Miet- und Hauspreise seien „utopisch“, so ein anderer Leser. „Als Familie gibt es nur sehr teure Wohnungen, extrem teure Krippenplätze und keine Kinderärzte mehr, die neue Kinder annehmen.“ Ein anderer Leser geht sogar so weit, dass er einen Mit-Schuldigen ausmacht: „Die Stadt Lörrach blockiert den Haus- und Wohnungsbau viel zu viel.“ Die Bevölkerungsschicht verändere sich nicht zum Besseren durch die extrem hohen Mieten und Verkaufspreise der Häuser, so eine weitere Äußerung. „Die Mittelschicht wird extrem verdrängt.“

Die Rathaus-Spitze weiß, dass viele Menschen in Lörrach händeringend Wohnraum suchen. „Mit unseren Mitteln steuern wir gegen“, verweist der OB unter anderem auf die Wohnraumoffensive 2025. Diese sei auf einem guten Weg der Zielerreichung von neuen 2500 Wohneinheiten innerhalb von zehn Jahren. „Neue Projekte der Innenentwicklung, wie die Wiedernutzbarmachung brachgefallener Flächen oder Konversionsflächen werden priorisiert“, betont Lutz weiter. Zusätzliche Wohneinheiten würden durch Anbau und Aufstockung oder Rückbau und Neubau mit zusätzlichen Wohneinheiten im Bestand generiert, bei gleichzeitiger Ausnutzung vorhandener und neu integrierter Infrastruktur im Bauprojekt. Das aktuell größte Wohnungsbauprojekt mit preisgedämpften Wohnraum für zukünftig rund 500 Menschen erstellt die städtische Wohnbau in der Nordstadt. Die Stadt rechnet für die nächsten Jahre trotz solcher Maßnahmen mit einem weiterhin angespannten Wohnungsmarkt. „Um Abhilfe zu schaffen, muss es eine viel stärkere Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch Bund und Land geben.“

Für die Jugend Lörrach sollte mehr für Jugendliche anbieten, heißt es von Seiten der Leser – mehr Betreuung und Spielmöglichkeiten für Kinder. „Ich würde mich freuen über einen schönen Ort, wo sich Jugendliche treffen können, ohne weggeschickt zu werden zum Beispiel wegen Lärmbelästigung“, so ein Leser. Ein anderer betont: „Die Stadt sollte unbedingt familienfreundlicher werden“, auch sollten Bürger mehr in die Entscheidungen eingebunden werden.

Lörrach verfügt bereits über vielfältige Angebote für Jugendliche, betont Fachbereichsleiterin Ilona Oswald hingegen. „Die Dieter-Kaltenbach-Stiftung sowie der SAK Lörrach betreiben mehrere Jugendtreffs in verschiedenen Stadtteilen Lörrachs.“ Diese seien offene Treffpunkte, in denen Jugendliche willkommen sind, sich auszutauschen und ihre Freizeit zu gestalten. „Neben Freizeitangeboten bieten die beiden Träger auch Beratung zu Themen wie Schule, Beruf oder persönlichen Herausforderungen an.“ Zugleich verweist Oswald auf Angebote der Städtischen Musikschule sowie in den lokalen Musikvereinen. Darüber hinaus gebe es eine Vielzahl von Sportvereinen. „Auch in den Ferien wird Jugendlichen ein breites Programm geboten.“

Neben den institutionalisierten Angeboten nutzen viele Jugendliche auch die öffentlichen Plätze wie den Rosenfelspark, das Grütt oder das DFB-Spielfeld im Innocel-Quartier, um sich zwanglos zu treffen und gemeinsam ihre Freizeit zu verbringen, weiß die Fachbereichsleiterin. Seit 2022 fördere die Stadt auch wieder die Beteiligung von Jugendlichen an politischen Prozessen. „Über den Jugendrat können junge Menschen ihre Anliegen und Wünsche direkt in die Stadtpolitik einbringen.“ Aktuell werde seit diesem Jahr die städtische Jugendhilfeplanung zusammen mit dem Landkreis Lörrach aktualisiert. „Derzeit läuft dazu eine Jugendbefragung an allen weiterführenden Schulen.“

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