Politikprofessor Aunesluoma attestiert ihr gute Arbeit. "Das ist im Grunde drei Jahre lang Krisenmanagement gewesen, und ich denke, die meisten Menschen in Finnland finden, dass die Regierung einen wirklich guten Job gemacht hat - besonders Sanna Marin persönlich", sagt er. "Ihre Führung wird sehr geschätzt."
Der Nato-Beitritt spielte im Wahlkampf keine Rolle. Der Konsens darüber sei in der Bevölkerung sowie unter Medien, Experten und den Parteien extrem groß, sagt Aunesluoma - so groß, dass man damit kaum Punkte gegenüber den politischen Kontrahenten sammeln konnte.
Wichtiger sind vielmehr innenpolitische Themen gewesen, die Staatsfinanzen zum Beispiel, Grund- und Sozialleistungen, die älter werdende Bevölkerung, Gesundheit und Bildung. "Es ist im Grunde eine Wahl über den finnischen Wohlfahrtsstaat", sagt Aunesluoma. Es gebe das Gefühl, dass dieses System strukturelle Probleme habe.
Der Sanna-Marin-Effekt
Für die Sozialdemokraten steht und fällt dabei letztlich alles mit der jungen, populären Ministerpräsidentin: Marin sei eine besondere Politikerin mit Charisma, die alle möglichen Zielgruppen ansprechen und die Dinge klar auf den Punkt bringen könne, sagt Aunesluoma. Ihre Popularität sei deutlich höher als die der Sozialdemokraten an sich.
Diese Beliebtheit zeigt sich unter anderem in den sozialen Medien. Auf Instagram etwa kombiniert Marin Eindrücke aus dem Leben einer Politikerin mit Schnappschüssen aus dem Privaten, rund eine Million Menschen aus aller Welt sehen ihr dabei zu. "Ihr Instagram-Konto ist für Finnland wirklich einzigartig", sagt die Social-Media-Expertin Essi Pöyry. Marin nutze die Plattform, um ihren Lifestyle zu zeigen und täglich positive Dinge zu kommunizieren.
Anfangs als harte Verhandlungsführerin und klare Kommunikatorin bekannt, habe das internationale Interesse an Marin nach ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin eingesetzt, sagt Pöyry. Viele Menschen hätten angefangen, sie als Symbol für eine neue Generation zu betrachten. "Die Zeit war perfekt für eine junge, weibliche Anführerin."
Dennoch ist vor dem Wahlsonntag völlig offen, wie die künftige Regierung aussehen und wer sie anführen wird. Marin habe die Tür für eine Zusammenarbeit mit der Finnen-Partei zugestoßen, sagt der Ökonom und Wahlexperte Juha Tervala. Die Konservativen befänden sich dadurch in der angenehmen Lage, dass bei der Regierungsbildung an ihnen quasi kein Weg vorbeiführen dürfte. Letztlich könnte es auf eine große Koalition zwischen Orpos Konservativen und Marins Sozialdemokraten hinauslaufen, die sich für eine Mehrheit mit mehreren kleineren Parteien zusammenschließt, glaubt Tervala.