Personalbereich Software statt Excel-Liste

Jens Gieseler

Die IT dringt in die Personalabteilungen ein – etwa bei Audits wie Überprüfungen von Qualifikationen. Der Personalbereich bringt die digitale Transformation aber auch ins Unternehmen.

Melanie Geldhauser hat einen schnellen Überblick. Kommen Lebensmittelprüfer ins Haus, kann die Personalentwicklerin des Käseherstellers Jermi bei Ulm sofort die Qualifizierungen und Pflichtfortbildungen der 400 Mitarbeiter nachweisen. Das Interesse an Tools zur Personalentwicklung steigt, stellte Friedhelm Seiler bei der Messe Zukunft Personal fest. Einerseits werden für Qualitätssiegel und Kunden-Audits eine wachsende Anzahl von Qualifikationen und damit steigende Anzahl von Nachweisen gefordert. Das gilt neben der Lebensmittelindustrie etwa auch in der Automotivbranche mit der ISO TS, bei Banken mit „gut beraten“ oder bei Baufirmen, wenn etwa ein Mitarbeiter einen Führerschein für Motorsägen nachweisen muss.

Unternehmen wollen ihr Personal gezielt fortbilden, weiß Easysoft-Vertriebschef Seiler. Allerdings haben viele mangels Software kaum einen Überblick über den gegenwärtigen Stand. Führungskräfte und aktive Mitarbeiter stünden eventuell im Fokus, aber es fehle die Transparenz für das gesamte Unternehmen. Gerade die unauffälligen Mitarbeiter fallen durchs Raster. „Die Unternehmen verpassen Chancen, Mitarbeiter zielorientiert weiterzuentwickeln, ans Unternehmen zu binden und mehr Umsatz und Profit zu erwirtschaften“, so Seiler. Walter Jochmann sieht den Zusammenhang von Personalmanagement und IT noch grundsätzlicher: „Wenn Unternehmen das Thema Digitale Transformation angehen, spielt HR eine entscheidende Rolle.“ Weil jeder Mitarbeiter von der Gehaltszahlung bis zur Karriereplanung mit dieser HR-Abteilung (Human Resource Management) zu tun hat, sollte sie Vorreiter für die Unternehmensentwicklung werden, so der Geschäftsführer der Unternehmensberatung Kienbaum. Selbst auf einfachster Ebene müssten sich die Mitarbeiter dann mit digitalen Prozessen auseinandersetzen. Es gehe darum, Menschen Lust auf neue Entwicklungen zu machen.

Qualifizierung längerfristig planen

Doch das Marketing hat längst einen Vorsprung erzielt: Durch Big Data kennen die meisten Unternehmen ihre Kunden inzwischen besser als ihre eigenen Mitarbeiter. Dabei wird die digitale Transformation die Arbeitswelt stark verändern – vor allem sich wiederholende Tätigkeiten werden künftig von Maschinen übernommen, dagegen werden im Gegenzug kreative und kommunikative Fähigkeiten für den Unternehmenserfolg wichtiger werden. Das bedeutet: Jobs fallen weg, neue entwickeln sich und fast alle werden sich verändern. „Wir stehen vor einer Qualifikationswelle, die geplant werden muss“, so Jochmann.

Auch das Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen steuert seine Personalentwicklung über Easysoft. Jenseits von vorgeschriebenen Qualifizierungsstandards kann das auch eine ganz individuelle Form annehmen. Beispielsweise wenn sich bei den jährlichen Personalgesprächen bestimmte Defizite herauskristallisieren, weil eine Pflegekraft zwar fachlich auf einem Top-Level ist, aber immer wieder Schwierigkeiten mit Patienten oder Kollegen auftreten. So können Führungskraft und Mitarbeiter gemeinsam den Besuch von Persönlichkeitsseminaren vereinbaren, in denen Kommunikation und Verhalten trainiert werden. Aber natürlich wird die Personalentwicklung auch langfristig und strategisch geplant. Wenn klar ist, dass in zwei, drei Jahren einige Führungskräfte aus der Pflege in den Ruhestand gehen, werden entsprechend jüngere Kräfte durch Fortbildungen schrittweise an diese Positionen herangeführt.

Mit jedem Audit, jedem Mitarbeiter und jedem Seminar steigt die Komplexität. Mitte vergangenen Jahres stellte Melanie Geldhauser fest, dass sie mit einfachen Excel-Listen die Übersicht verlor, und fand eine professionelle Lösung: „Das Programm ist viel genauer und transparenter.“ Beispielsweise bekommt die 29-jährige Betriebswirtschaftlerin mit Studienschwerpunkt Personal eine Vorwarnung, wenn die Pflichtschulung eines Mitarbeiters abläuft. Der Datensatz ist nach dem Ampelsystem dann orange gefärbt, und zwar 90 Tage bevor die Qualifizierung erlischt – so hat sie den Ablauf ihren Bedürfnissen angepasst, denn mit Schichtbetrieb, Urlaub und arbeitsintensiveren Aktionen benötigen die Angestellten einen größeren zeitlichen Vorlauf. Die Personalerin informiert die Betreffenden dann über mehrere Termine für die notwendigen Seminare.

Insgesamt bietet die Personalabteilung von Jermi jährlich 120 Seminare an. Rund 85 Prozent der Maßnahmen decken die 16 hausinternen Dozenten ab. Für spezielle Themen wie den Ausbilderschein, Kesselwartung oder Sprinkleranlagen sind externe Dozenten gefragt. Momentan geht es Melanie Geldhauser darum, die Arbeitsabläufe für die Pflichtschulungen neu zu strukturieren. Künftig sollen nämlich die Abteilungen die erfolgreichen Qualifizierungen selbst eintragen. Dazu muss sie den Kollegen die wichtigsten Funktionen der Software beibringen. Davon erhofft sie sich eine zusätzliche zeitliche Entlastung. Und genau damit leistet die HR-Abteilung ihren unternehmensinternen Beitrag, wie Mitarbeiter sich schrittweise mit digitalen Prozessen auseinandersetzen müssen.

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