Gericht verwahrt sich gegen Skandalisierung
Drittens schließlich seien als „Auslöser dieses tragischen Geschehens“ die „Provokationen“ zu nennen, die vom späteren Opfer in Richtung des Angeklagten und dessen Familie ausgingen. „Dafür“, so der Richter, „gibt es mindestens sechs Zeugen“. Das allerdings rechtfertige noch lange nicht die „tödlichen Schüsse“, die dann in der Folge fielen. Mit Blick auf all diese Tatsachen gebe es an der Verständigung überhaupt nichts zu „skandalisieren“.
„Wir sind keine Gesinnungsjustiz“, ergänzte der Staatsanwalt die Ausführungen des Gerichts und verwies auf die „Unvollkommenheit eines jeden Strafprozesses.“ Es gehe dabei nicht um Emotionen, sondern um „belastbare Tatsachen“.
Angeklagter revidiert Notwehr-Version
Mit Blick auf die Kritik an der „Verständigung“ zwischen den Prozessparteien sprach der Vorsitzende indes auch die Kammer nicht ganz von Fehlern frei. Da sei am dritten Sitzungstag zu später Stunde wohl nicht alles gut gelaufen und habe „Missverständnisse“ begünstigt, räumte er ein. Das von der Kammer geforderte „ergänzende Geständnis“ des Angeklagten sei „nicht ganz gelungen“, auch weil dieser am Schluss „intellektuell vielleicht etwas überfordert“ gewesen sei. Insofern gelte es jetzt etwas „nachzuschärfen“. Das betreffe nicht die vermeintliche „Notwehr“; der Angeklagte habe diese Version mit seinem nachgeschobenen Geständnis am dritten Sitzungstag „klar genug“ revidiert.
„Wir halten das Geständnis für unvollständig“
In Bezug auf seinen Alkoholisierungsgrad indes verlange die Kammer eine Nachbesserung. Der 58-Jährige solle einräumen, dass er zum Tatzeitpunkt nicht sturzbetrunken war, sondern beispielsweise „klar erkennen konnte“, dass sein Opfer kein Messer oder eine Pistole der Hand hatte. Der Angeklagte ließ durch seinen Anwalt erklären, dass er damit einverstanden sei.
Der Vorsitzende war zum Schluss dennoch nicht ganz überzeugt: „Wir halten das Geständnis des Angeklagten für den Tatzeitraum für unvollständig“, erklärte er. Die Frage sei nun, wie das für das abschließende Urteil zu bewerten sei.
Das Verfahren wird am Dienstag mit den Plädoyers fortgesetzt.