Warum ausgerechnet mit einem wenig bequemen Gravelbike über unbefestigte Wege gefahren wird, erklärt Rainer Bühler aus Lörrach im Interview. Er hat über Gravelpacking in der Schweiz ein Buch herausgebracht.
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Die Schweiz und ihre vielseitigen Landschaften erkundet Rainer Bühler am liebsten mit dem Gravelbike. Zusammen mit Fotograf Roland Tännler hat er ein Buch herausgebracht. „Gravelpacking Schweiz“ führt in 20 Etappen durchs Land. Im Interview erklärt er, was die Faszination für ihn ausmacht.
Haben Sie es gern unbequem oder wie sind Sie für Touren in den Schweizer Bergen ausgerechnet aufs Gravelbike gekommen?
Ich nutze mehrere Arten von Fahrrädern, ob Rennrad oder Mountainbike. Aufs Gravelbike gebracht hat mich ein guter Freund von mir aus Lörrach. Er sitzt darauf aufrecht und hat auch nach acht Stunden keine Rückenschmerzen, wie er mir erzählt hat.
Und warum ist das Gravelbike für Sie das Rad ihrer Wahl?
Ich sitze lieber etwas sportlicher, aber die Vielfalt an Gravelbikes ist groß. Ich habe mich für meine Touren dafür entschieden, weil sich das Gravelbike bei verschiedenen Bodenverhältnissen gut fährt und dabei sehr leicht ist.
„Zugegeben, mir ist manchmal nicht ganz wohl dabei.“
Wieviel Mut kostet es, mit Rennradlenker im Gelände steil bergab zu fahren?
Zugegeben, mir ist manchmal auch nicht ganz wohl dabei, zumal ich schon gestürzt und dabei über den Lenker abgestiegen bin. Trotzdem empfiehlt es sich, in den Lenker reinzugreifen und in Rennrad-Haltung bergab zu fahren. Dann hat man besseren Zugriff auf die Bremsen.
Das Buch handelt vom Gravelpacking. Wie gut kann man ein Gravelbike denn bepacken?
Bestens. Für eine mehrtägige Tour bei jedem Wetter reicht das allemal. Das Credo von mir und meiner Frau ist aber, so wenig wie möglich mitzunehmen.
Wir übernachten also nicht im Zelt, sondern in Gasthäusern oder Hotels. Das ist bequemer und reduziert das Gewicht. Zudem gefällt es mir, in der Gastronomie Leute kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen.
„Ist zu viel Gepäck drin, wird die Rakete zur Banane.“
Und wie transportiert man Gepäck auf einem Fahrrad ohne Gepäckträger?
Für mehrtägige Fahrten habe ich eine Satteltasche, die unter Radfahrern auch Arschrakete genannt wird, weil sie hinten am Sattel absteht. Ist zu viel Gepäck drin, wird die Rakete zur Banane, weil sie dann abknickt, anstatt abzustehen. Zudem habe ich eine Lenkertasche. Dort kommt Regenkleidung rein, Wechselkleidung und ein zweites Trikot packe ich in die Satteltasche. Sachen, die am schwersten sind, wie Werkzeug und Toilettenbeutel kommen in die Rahmentasche.
Warum haben Sie gerade die Schweiz bereist?
Weil in der Schweiz so viele unterschiedliche Landschaften so nah beieinander liegen. Das Engadin ist da ein gutes Beispiel oder die Etappe 15 im Buch von Montespluga nach Locarno. Sie verbindet hochalpine Gegenden mit dem Flair des Lago Maggiore.
Im Buch geht es auch viel ums Genießen und um Essenstipps. Ist das in der Schweiz nicht sehr teuer?
Wir haben über Mittag nicht selten bei kleinen Dorfladenketten Sandwiches und Getränke eingekauft und sie immer wieder auch direkt vor Ort gegessen. Viele kleine Dorfläden verfügen über eine kleine Bank oder einen Tisch mit Bank vor dem Laden. Und sogar über eine Kaffeemaschine, so zum Beispiel auf den Etappen von Thun nach Sarnen oder von Chur nach Davos.
„Wer sich genug Zeit nimmt, kann mehr Pausen einbauen.“
Aber sind solche Touren nicht sehr anstrengend?
Das kommt darauf an. Wer sich genug Zeit nimmt, kann mehr Pausen einbauen. Einige Etappen eignen sich aber auch als Tagestouren, die Einstiege können mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Von Basel aus eignet sich alles, was in Richtung Jura geht als Tagestour. Eine andere Idee ist, mit dem Zug nach Thun zu fahren, von dort mit dem Rad nach Sarnen und dann wieder mit dem Zug nach Basel.
Woher weiß ich, ob ich fit genug bin?
Das ist nicht so leicht zu beantworten, aber wer mit dem Fahrrad nur wenige Kilometer zur Arbeit fährt könnte es schwer haben. Wir nennen im Buch aber die Etappenlänge, die Distanzen, die Höhenmeter und den Anteil von unbefestigten Strecken, deshalb sollte es gut abschätzbar sein. Und weil einige Tipps in die Natur, fernab von Hauptrouten führt, sollte man Wissen, wie man draußen bei Wetterwechseln Schutz sucht. Wer viel im Freien Sport treibt, wie Skitouren, -langlauf oder wandern geht, ist schonmal gut gerüstet.
Rainer Bühler
Der 53-Jährige ist in Lörrach geboren und aufgewachsen, hat am Hans-Thoma-Gymnasium sein Abitur gemacht. Inzwischen lebt er in Zürich und arbeitet dort als Kommunikationsstratege in einem Unternehmen. Seine Eltern, die in Lörrach leben, verbinden ihn noch heute mit der Stadt.