Regio Die gemeinsamen Werte nicht als gegeben hinnehmen

Alexandra Günzschel
Landrätin Marion Dammann Foto: zVg

Interview mit Landrätin Marion Damann zum Tag der Europäischen Union

Im Interview spricht sie auch darüber, wie der Gedanke im Dreiländereck gelebt wird.

Welche Werte verbindet die EU heute und inwieweit können diese im Dreiländereck gelebt werden?

Eine friedliche Phase des Wohlstands, eine gemeinsame Währung und offene Grenzen sind gesellschaftliche und ökonomische Errungenschaften der EU, die wir alle als selbstverständlich hinnehmen. Gerade hier im Dreiländereck füllen wir diese europäischen Werte täglich mit Leben: Das gemeinsame Leben und Arbeiten über die Grenzen hinweg ist auch für uns hier selbstverständlich und identitätsstiftend für die Region.

Die EU ist konstanter, gefestigter und freier als die meisten anderen Regionen auf dieser Welt. Dass wir unsere Werte von Freiheit, Gleichheit, Menschenwürde, Bürgerrechten und Solidarität, die uns in Europa verbinden, aber als gegeben hinnehmen und kaum noch als eine großartige Errungenschaft wahrnehmen, gibt uns oftmals das Gefühl, uns nicht mehr für diese Werte einsetzen zu müssen. Dabei sind sie Basis unseres Miteinanders.

Was bedeuten Europa und die EU für unsere Grenzregion und inwieweit bereitet die Nichtmitgliedschaft der Schweiz dabei Probleme?

Ich würde mir wünschen, dass über die Personenfreizügigkeit hinaus in Richtung Schweiz noch weitere Verbesserungen im Hinblick auf gemeinsamen Wirtschaftsraum und Marktharmonisierung vereinbart werden könnten, wie sie das geplante Rahmenabkommen vorgesehen hätte. Ich bin überzeugt davon, dass das für unsere Wirtschaftsregion ein wertvoller Impuls gewesen wäre.

Offene Grenzen und ein gemeinsamer Wirtschaftsraum sind unbestreitbar die Stärken der EU. Davon profitieren alle Menschen in unserem Grenzraum. Als Nicht-Mitglied der EU geht die Schweiz bei einigen Themen hier eigene Wege. Auch das spüren wir im Dreiländereck. Hier weiter die Standards zu vereinheitlichen wäre für das wirtschaftliche und transnationale Zusammenleben ein Schritt in die richtige Richtung.

Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie für die EU und unsere Region?

Nach dem 2021 gescheiterten Rahmenabkommen mit der Schweiz wurde offenbar, dass beispielsweise beim Thema der Zulassung von Pharmaprodukten der Schweiz für den EU-Markt Probleme auftraten. Hier Lösungen zu finden, die für beide Partner gangbar sind, wäre wichtig für unsere Region und den Wirtschaftsstandort Schweiz.

Die EU steht aktuell vor großen Herausforderungen angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen, des Angriffskriegs gegen die Ukraine, einer beginnenden Energie- und Wirtschaftskrise und nicht zuletzt den klimatischen Veränderungen. Dies sind für jedes Land große Herausforderungen und sie werden im solidarischen Verbund der europäischen Länder besser überwunden und gemeinsam bewältigt werden. Sich gegenseitig auszuhelfen, gemeinsame Beschaffungen auf dem Weltmarkt zu organisieren oder die Produktionen für relevante Produkte wieder in die EU zu holen, sind Chancen, die es nun zu nutzen gilt.

Und wie kann verhindert werden, dass die Staatengemeinschaft weiter bröckelt?

Die sichtbaren Folgen des Brexits für Großbritannien werden mit Sicherheit alle EU-Länder genau beobachten und ihre Entscheidungen im Lichte dieser Entwicklung treffen. Wichtig fände ich aber zwei Dinge: Das Vertrauen in die EU und ihre Einrichtungen durch sinnvolle und nachvollziehbare politische Entscheidungsprozesse muss gestärkt werden und gemeinsame Vorhaben sollten vor allem da angestrebt werden, wo es für alle von Vorteil ist. Gerade die Redundanzen von Versorgungseinrichtungen, die gemeinsame Beschaffung von systemrelevanten Produkten und die künftige Energieversorgung der gesamten EU bietet ein Potenzial, das wir zur Versorgung unserer Bevölkerung nutzen sollten und müssen.

Auch die Bewältigung der Flüchtlingskrise durch eine europaweite Strategie kann nach meiner Überzeugung die Staatengemeinschaft weiter zusammenwachsen lassen.

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