Regio-Kultur Illusions- aber nicht hoffnungslos

mek
Scharfe Formulierungen als Markenzeichen: Andreas Rebers Foto: zVg/Guldener Foto: mek

Interview: Andreas Rebers  kommt am Sonntag in den Burghof – und rechnet ab.

Lörrach. Bei Andreas Rebers scheiden sich die Geister. Man mag ihn – oder nicht. Im Interview vor seinem Auftritt im Burghof mit dem beziehungsreichen Titel „Rebers muss man mögen. Eine Abrechnung.“ zeigt sich der musikalische 58-Jährige auskunftsfreudig und würzt seine Antworten mit programmtauglichen Zweideutigkeiten. Gabriele Hauger unterhielt sich mit ihm.

Herr Rebers, Ihr Programm trägt den Untertitel „Eine Abrechnung.“ Mit wem haben Sie ein Hühnchen zu rupfen?
Ein Hühnchen rupfen: Das klingt schön. Ich kann das übrigens in echt, ein Huhn rupfen. Ich komme vom Land, da musste man ran. Wobei das ja eigentlich Frauenarbeit ist...
Ich bin ein versierter „Cuccinero“, habe eine große Vorliebe für gutes Geschirr, gute Messer, gute Pfannen. Meine Frau muss mich immer bremsen. Küchentechnisch bin ich aber durchaus erfolgreich.

Zurück zum Kabarett. Wen knöpfen Sie sich vor?
Der Gegner meines Kabaretts ist die Unwissenheit und die Macht der Ahnungslosen gekoppelt mit der Tatsache, dass es kaum ein Land gibt, in dem Menschen mehr ihr von ihre Recht auf Nicht-Wissen Gebrauch machen als in Deutschland. Wir haben kaum noch eine bürgerliche Kultur im positiven Sinne. Unsere Gesellschaft besteht nur noch aus Verbrauchern, Beitragszahlern, Gebührenzahlern, Kassenpatienten und – das Abscheulichste – aus Usern.

Wieso ist das das Abscheulichste?
Ich bin Humanist und kein User. Das sind technische Anglizismen, die etwas Parasitäres haben. Außerdem sind unsere Netzwerke nur bedingt sozial, sondern eher asozial. Junge Menschen können nicht mehr anständig mit der Hand schreiben. Die Menschheit verliert ihr Gesicht, in dem sie ihr – freiwillig – ihr Schriftbild aufgibt.

Sie wollten ja ursprünglich Lehrer werden. Steckt in Ihren Programmen auch ein pädagogischer Zeigefinger?
Nein! Das überlasse ich anderen. Ich bin kein moralischer Erpresser, sondern eher erschreckend illusionslos. Nicht hoffnungslos, aber illusionslos. Hoffnung ist eine Haltung, die hab ich! Sätze wie „Wir schaffen das“ sind hingegen illusionär. Ebenso der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland.“ Den hat übrigens einer der unbegabtesten Politiker gesagt, den wir je hatten. Solche Sätze werden gerne mal losgelassen, und dann stehen die Raum und machen einem das Leben schwer, weil weder das eine noch das andere stimmt. Es besteht keine Notwendigkeit, die Bürger drauf zu reduzieren, dass sie solchen Aussagen hinterherrennen.

Sie greifen solche Sätze aber dankbar auf?
Ja, weil sie mich ärgern. Der Islam beispielsweise gehört überhaupt nicht zu Deutschland! Muslime, betende Menschen, die gehören dazu. Das ist was anderes, als eine organisierte Religionsform. Ich halte auch nichts davon, dass der deutsche Steuerzahler 2016 eine halbe Milliarde Euro an die Kirchen überweist, weil es sich um Regressansprüche aus dem 18. und 19. Jahrhundert handelt. Dieses Geld sollte man doch für die Integration der Flüchtlinge ausgeben und nicht der Kirche, die auf einem zusammengeraubten Vermögen vor sich hin furzt, mit Männern in Frauenkleidern wie der Tebartz-van Elst, diese Schranzen. Das hat nichts mit Christentum zu tun. Dagegen muss man sich erheben.

Sie neigen zu klaren Worten. Gibt das manchmal Ärger?
Oft und viel. Das trudelt meist in meiner Agentur ein. Feindseligkeiten bekomme ich reichlich. Ich wurde schon von Rechts- wie von Linksradikalen bedroht und von radikalen Muslimen. Das sind all diejenigen, die angetreten sind, die Demokratie abzuschaffen.

Wie stehen Sie zum Fall Böhmermann?  
Böhmermann hat uns allen einen großen Dienst erwiesen. Jetzt sollte auch der letzte Trottel begriffen haben, mit wem wir es in der Türkei zu tun haben und – mit wem es die Türken zu tun haben. Erdogan und seine AKP sind die gefährlichsten Zeitgenossen. Erdogan hat den IS immer unterstützt und ist für die Flüchtlingskrise direkt mit verantwortlich. Er ist der Oberbefehlshaber der größten Armee Europas und des Nahen Ostens und ist bereit, sie rücksichtslos einzusetzen. Erdogan zündelt in Anatolien, im Nahen Osten, in Berg Karabach, und jetzt zündelt er sogar bei uns. Und durch Böhmermann wissen wir auch, wie weit Merkel geht. Sie macht aus unserem Land einen Puff, in dem jeder seinen Lüsten nachgeht. Ob das Obama und TTIP ist, oder der Apple-Konzern, die Energieriesen und diese erbärmlichen Coffee-Ketten. Von den Großbanken ganz zu schweigen. Und wer zahlt???? Wir!!!!
 Um das Gedicht gehts doch gar nicht mehr. Man muss sich doch nur mal den Anwalt Erdogans anschauen. Wen der schon alles vertreten hat. Holocaustleugner und Islamisten. Da ist der türkische Staatspräsident in süüüüper Gesellschaft.

Wie spontan sind Sie bei Ihren Auftritten?
20 bis 30 Prozent. Ich war ja mit meinem Programm „Rebers muss man mögen –  eine Abrechnung“ schon vor zwei Jahren in Lörrach. Das ist jetzt zu über 50 Prozent neu.

Wie werden Sie zu Ihren Themen inspiriert? Zeitung, Fernsehen,...?
Sowieso. Ich bin informiert, nehme an gesellschaftlichen Prozessen teil. Und die Themen werden einem ja geradezu aufgezwungen. Beispiel: Ich habe nichts gegen Flüchtlinge. Da soll von mir aus der gesamte Nahe Osten nach Europa kommen. Für mich ist das ja zum Glück keine Konkurrenz. Schließlich kommen keine Kabarettisten, sondern überwiegend gut ausgebildete Ingenieure und Ärzte...

Sie packen Teile Ihres Programms in Lieder. Was reizt Sie an der musikalischen Umsetzung, lässt sich da manches pointierter rüberbringen?
Ich bin in erster Linie Musiker, bin über die Musik überhaupt erst zum Kabarett gekommen. Und merkte früh, dass ich mich in Liedern gut ausdrücken kann.

Bleibt dieses Mittel beim Zuhörer auch besser hängen?
Klar. Lieder kann man sich besser merken, auch öfter anhören. Außerdem fehlt mir als Hochdeutsch sprechendem Kabarettisten das folkloristische Element, das Kollegen wie Gerhard Polt mit seinem weichen Bayrisch haben. Deshalb gelte ich auch immer als Intellektueller. Mit Dialekten – auch Schwäbisch oder Badisch – kann man die größtmögliche Härte des Inhalts mit der Weichheit der Sprache schon mal etwas auffangen. Die Musik ist quasi mein Dialekt, mit der man auch eine gewisse Melancholie mit hineinbringen kann.

Über welchen Kollegen können Sie so richtig lachen?
Im Moment über die wenigsten. Im Kabarett gibt es derzeit eine Re-Ideologisierung. Ich vermisse ein wenig den tiefsinnigen Humor. Es ist doch sehr viel Moral und Anklage unterwegs – vielleicht ist das ja auch berechtigt. Da lobe ich mir doch Frank-Markus Barwasser, der sich pointiert und mit satirischer Überzeichnung einem Problem nähert.

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie das Zeug zum Kabarettisten haben? Waren Sie in der Schule schon der Pausenclown?
Ich wär schon gern Lehrer geworden, aber ich bekam keine Anstellung, da gab es den widerlichen Begriff der Lehrerschwemme. Ich hatte die Möglichkeit, am Theater zu arbeiten. Und da merkte ich, dass mir die Bühne doch sehr gut gefällt. Darüber bin ich zum Kabarett gekommen, wo ich auch mein eigener Chef bin.

Ist es anstrengend, immer kritisch sein zu müssen? Wäre Lehrer nicht der bessere Job?
Nein. Ein guter Lehrer ist sehr gefährdet. Um Gymnasiallehrer muss man sich keine Sorgen machen. Aber um Hauptschullehrer, Gesamtschullehrer, die jetzt Schüler mit Vollbart in ihrer Klasse haben, die kein Wort Deutsch sprechen und Analphabeten sind!

Sie sind viel unterwegs. Wie funktioniert da ein Familienleben? Sie haben ja zwei Kinder.
Meine Frau stand immer hinter mir – so einfach ist das. Im übrigen bin ich aber auch ausgesprochen gerne Zuhause. Als Schauspielerin ist sie auch meine beste Kritikerin. Wenn sie sagt, das wird nix, dann ist das auch so.

Stimmt das Klischee, dass Kabarettisten und Comedians privat gar nicht so lustig sind?
Bei mir stimmt das nicht. Ich halte mich für einen relativ fröhlichen Menschen. Die Misanthropie wird mich nicht niederwerfen. Als ich in der Kabarettszene ankam, viel im „Scheibenwischer“ mit Dieter Hildebrand, Bruno Jonas und Georg Schramm gespielt habe, habe ich die alle als sehr lustige Menschen kennengelernt. Kabarettisten meiner Generation sind einem Glas trocknen Weißwein und einem guten Essen nach einer schönen Produktion durchaus nicht abgeneigt.

Ändert sich mit den Jahren der Blick auf die Welt? Und wenn ja, wird er schärfer oder milder?
Ich habe mir ja im Kabarett ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Viele sagen: „Der Rebers ist bekloppt“, weil ich Sachen auf der Bühne gemacht habe, die sich sonst keiner getraut hat. Ich mache Kabarett der radikalen Mitte. In der Politik mag ich Menschen mit einer Haltung, nicht diejenigen mit einer Gesinnung – völlig parteienunabhängig. Ich kann mit einem Satz einen Politiker extrem in Frage stellen. Eine Formulierung kann da schon sehr scharf sein.

Andreas Rebers: „Rebers muss man mögen – Eine Abrechnung“, Sonntag, 1. Mai, 20  Uhr, Burghof Lörrach

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