Rheinfelden „Atemlos“ auf der Panflöte

Die Oberbadische
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Kabarett: „Futschikato“: Tina Häussermann mit einem entspannt-amüsanten Abend

Von Gerd Lustig

Rheinfelden. Sie serviert Banales und Humoreskes sowie auch Tiefgründiges und Nachdenkliches. Dabei präsentiert sich Tina Häussermann als klavier-musikalische, stimm- und wortgewandte Kabarettistin, bindet immer mal wieder geschickt und fordernd das Publikum mit ein.

Ein entspannter und amüsanter Abend ist damit garantiert. Und weil sie auch selbst einen netten Abend verleben möchte, gibt sie eine kleine Konfetti-Rakete an eine Dame in den Zuschauerreihen ab, die immer dann zum Einsatz kommen soll, wenn ein Gag gezündet hat. Bereits zur Pause musste die Kanone nachgeladen werden.

Dass Tina Häussermann diesmal allein und nicht wie angekündigt zu Zweit gekommen war, störte im Grunde niemanden. Partner Fabian Schläper vom Kabarett-Duo „Zu Zweit“ musste kurzerhand mit Fiebergrippe das Bett hüten. Und so spielte die 45-Jährige ihr neues Soloprogramm „Futschikato“ statt der geplanten „Fake news – Balken biegen für Fortgeschrittene“. Zu guter Letzt hatte sie sogar nach einem Kalenderabgleich mit Kulturamtschef Claudius Beck noch eine gute Nachricht parat: „Zu Zweit“ will das Programm „Fake news“ am 25. April im Bürgersaal nachholen. „Aber erst 2019“, erklärte Tina Häusermann schelmisch.

Das jetzt präsentierte Soloprogramm „Futschikato“ machte schon mal Vorfreude aufs nächste Jahr. Leise oder gar zurückhaltend, nein, das ist nicht ihr Ding, viel eher schon das Extrovertierte, Schrille und Laute, mitunter leicht an der Hyperventiliergrenze. Denn nicht umsonst hat die Kabarettistin und exzellente Musikerin den Untertitel „Kabarett – Musik – Selbstverteidigung“ gewählt.

Den Ehemann mal mit DHL verschicken?

Als zweifache Mutter und einfache Ehefrau hat Tina Häussermann den schwarzen Gürtel in Futschikato. Sie weiß, wann kaputt kaputt ist, und wann die Heißklebepistole noch was retten kann. Und wenn gerettet ist, was zu retten ist, klebt sie am Zeitgeist, den sie sich selbst zurecht gelegt hat und plaudert beispielsweise darüber, wie es wäre, den eigenen Mann doch mal mit DHL zu verschicken oder auch, wie geschickt es wäre, die piepsende Einparkhilfe „Park Distance System (PDS)“auch mal im Konfliktdschungel einer Beziehung einzusetzen.

Später verteidigt sie sich bestens gegen Wandtattoos, Strafzettel und eigentlich nicht funktionierende Funktionskleidung. Den Straßenmusikanten aus den Anden, die ihrer Meinung lediglich das Lied des „einsamen Hirten“ draufhaben, zeigt sie nachhaltig, wie man auf einer Panflöte auch moderne Lieder spielen kann: beispielsweise „Atemlos“ von Helene Fischer. Und Futschikato-mäßig gibt sie preis, warum es gut sein kann, sich täglich mehr oder weniger stark in einem von ihr ausgetüftelten vierstufigen Steigerungsprogramm aufzuregen. Wie das in der Realität aussieht, demonstriert sie befreiend und voller Inbrunst und schafft es in der Folge im Handumdrehen, das Bürgersaalpublikum in eine Wut-Chor à la Häussermann zu verwandeln. Und am Ende selbst ein lautes und herzhaftes „Futschikato“ in die Welt hinaus zu pfeffern.

Bei ihrer Suche nach den Sandkörnern im Getriebe des Alltags tauscht sie die rosarote Brille gegen die schwarze ihrer Realität ein und öffnet somit den einen oder anderen neuen Blick auf die Dinge. Dann wieder wettert sie gegen Sinnsprüche wie „Carpe diem“ (Nutze den Tag) oder auch das Zitat „Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum“. Die Wutantwort ist klar: „Dann gäbe es keine Müllmänner, keine Klofrau und auch keine Politiker.“ Auch die Schwarzwälder Kirschtorte bleibt nicht außen vor, zumal wenn sie „light“ mit fettfreier Sahne und alkoholfreiem Kirschwasser gebacken ist. Und die Märchen – nun denn, die müssten im digitalen Zeitalter umgeschrieben werden, schließlich könne der Wolf die Großmutter nicht fressen, da die ja längst im Pflegeheim sei, wenn Meister Isegrim nicht ohnehin zum Veganer mutiert ist.

In der Zugabe zeigt die begnadete Musikerin und Sängerin ihre Fähigkeiten. „Und man mag es kaum glauben, wie eine der beliebtesten Carmen-Arien sich auch wunderbar als Paprika-Chips-Werbung eignet. Dass sie zuvor Musik-Größen verballhornt wie André Rieu mit „seiner sondermüllpflichtigen Frisur“ oder auch Helene Fischer, deren Weihnachtsprogramm sie wie eine neuro-viralen Infekt findet, „nämlich zum Kotzen“, sei mal dahingestellt. Solches hat Tina Häussermann eigentlich nicht nötig.

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