Rheinfelden - Am Westrand des Rheinfelder Ortsteils Warmbach heißt noch heute ein Gewann „Im Siechenhaus“. Dieses liegt in dem von der B 34, der „Hertener Straße“ und der Bahnlinie begrenzten Bereich.
Geschichte: Bei Warmbach stand in früheren Zeiten ein Siechenhaus. Gewannname.
Rheinfelden - Am Westrand des Rheinfelder Ortsteils Warmbach heißt noch heute ein Gewann „Im Siechenhaus“. Dieses liegt in dem von der B 34, der „Hertener Straße“ und der Bahnlinie begrenzten Bereich.
Ein dortiges Siechenhaus wird anno 1413 in einer Urkunde des Rheinfelder Chorherrenstifts St. Martin erstmals erwähnt, wobei es heißt: „Güter, die liegent bi dem siechhus ze Warmbach.“ Im Jahre 1520 besitzt dann dasselbe Stift „matten by dem syech hus“. Dieses Haus für Aussätzige (Leprakranke) muss bei einem Wäldchen gestanden haben, denn 1657 und 1681 wird dort ein „Siechenhölzlein“/ „Siechenhöltzlin“ genannt.
Die Siechenhäuser wurden oft an Quellen, Bächen, Flüssen oder Seen erbaut, weil man das Trinken von Wasser und das Baden als heilsam ansah. Außerdem konnten an solchen Stellen die Aussätzigen auch ihre Kleider waschen, ohne das Wasser der Gesunden zu verunreinigen. Aus diesem Grunde hat man ja auch das Warmbacher Siechenhaus ganz in der Nähe des Rheins errichtet.
Da man die Isolierung als einzige Möglichkeit zur Eindämmung der Seuche ansah, durften die Kranken nur abgesondert draußen auf dem Felde wohnen, weshalb man sie auch Sonder- oder Feldsiechen nannte. Außerdem mussten sie durch eine besondere Tracht, den sogenannten Siechenmantel, der oft weiß war, sowie durch Klapperhölzchen oder Schellen die Gesunden auf sich aufmerksam machen.
Kreuzfahrer bringen den Aussatz in die Heimat
Die Behörden und Kirchen, aber auch die Angehörigen, waren verpflichtet, die Kranken aus einer sicheren Entfernung mit dem Nötigsten zu versorgen.
Der Aussatz ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die im Durchschnitt etwa zehn bis 20 Jahre dauerte und früher stets tödlich verlief.
Durch die Kreuzzüge des 11. bis 13. Jahrhunderts breitete sich diese Seuche in Europa immer mehr aus, denn mancher Kreuzfahrer kehrte als Leprakranker in die Heimat zurück. In dieser Zeit entstanden dann auch die Orden, die sich der Aussätzigen annahmen, wie der nach Lazarus benannte Lazariterorden – von dem die Bezeichnung „Lazarett“ herrührt – sowie der Franziskanerorden.
Zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert erreichte die Verbreitung dieser schrecklichen Krankheit ihren Höhepunkt, und damals gab es in Europa etwa 3000 Siechenhäuser, davon allein mehr als 200 in der heutigen Schweiz.
Auch in unserer Gegend kam der Aussatz häufig vor. So schreibt der spanische Schriftsteller Pero Tafur aus Sevilla, der 1438/39 das Gebiet diesseits der Alpen bereiste, über die Gegend unterhalb von Basel: „Der Fluss ist zu beiden Seiten stark besiedelt mit vielen Städten…, und Siechenhäuser für Aussätzige gibt es in ganz unglaublicher Zahl.“
Auch in Grenzach stand einst ein Siechenhaus
Auch oberhalb von Basel standen neben dem Warmbacher Siechenhaus noch weitere dieser Häuser. Zwischen 1392 und 1592 wird ein solches am Grenzacher Horn in der Nähe des heutigen Bahnübergangs erwähnt, und von 1313 bis 1540 ist ein weiteres Siechenhaus am Altrhein von Wyhlen belegt. Das größte war sicher das Leprosorium von Rheinfelden (jetzt Rheinfelden/Schweiz), das westlich der Stadt stand und schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts nachgewiesen ist. Infolge der strengen Absonderung der Kranken und auch auf Grund der verbesserten hygienischen Bedingungen nahm im 16. und 17. Jahrhundert der Aussatz ständig ab. Anno 1756 starb in Rheinfelden der letzte Sieche, und heute kommt diese Seuche in Europa praktisch nicht mehr vor.
Zwiespältiges Verhältnis zu den Kranken
Der mittelalterliche Mensch besaß ein zwiespältiges Verhältnis zu diesen Kranken. Einerseits sah man sie wegen ihres Elends als Gott besonders Nahestehende an. So werden etwa die Siechen am Grenzacher Horn 1392 als „Gottes liebe Arme“ oder „gute Leute“ bezeichnet. Andererseits glaubte man aber auch, dass diese Aussätzigen für ihre Sünden büßen müssten, weshalb Barmherzigkeit und Härte ihnen gegenüber abwechselten.
Es scheint uns heute sehr hart, dass diese bejammernswerten Menschen aus der Gemeinschaft ausgestoßen wurden. Doch nach dem Kenntnisstand der mittelalterlichen Medizin war eine solche Isolation die einzige Möglichkeit zur Eindämmung dieser Seuche.