Rheinfelden „Bambi“ vor einem Mähwerk retten

Petra Wunderle
Ulrike Podschadly hebt das Kitz vorsichtig auf. Foto: Petra Wunderle

Reportage: Unterwegs mit der „Rehkitzrettung Südbaden“ / Tierleid wird verhindert

Rheinfelden-Minseln - Rehkitze im hohen Gras. Die Muttertiere gebären im Mai und Juni ein bis zwei Kitze. Diese werden zum Schutz bevorzugt auf ungemähten Wiesen in Waldnähe abgelegt. Jäger, Landwirte und Tierschützer haben sich zusammengetan und den Verein „Rehkitzrettung Südbaden“ gegründet. Wir waren dabei.

Ziel der Initiative ist es, Kitze vor dem Tod durch das Mähwerk zu retten. Petra Wunderle begleitete an einem Sonntagmorgen zwei Jäger und drei Gehilfinnen und sprach mit dem Landwirt.

Es ist kurz nach vier Uhr, es wird langsam hell. Jetzt heißt es aufstehen. Punkt fünf Uhr treffe ich den Jäger Jan-Oliver Podschadly – er steht an der Spitze des Vereins –, Jagdpächter Rainer Späne sowie die Helferinnen Ulrike Podschadly, Heide Porstner und Bernadette Oertig.

Aufgeteilt in zwei geländesicheren Autos fahren wir zum Affenberg in Ober-Minseln. Vor der großen Wiese von Landwirt Christoph Herm wird gestoppt. Jan-Oliver Podschadly ist der Pilot, er packt Drohne, Wärmebildkamera und den separaten Bildschirm, der auf einem Stativ festgemacht wird, aus.

Der Pilot startet die Drohne, es ist ein automatischer Flug, den Podschadly am Vorabend einprogrammiert hat. Wir alle schauen gespannt auf den Bildschirm: Da, etwa 300 Meter von unserem Standort entfernt, ist ein weißer, leicht beweglicher Fleck. Rainer Späne und das Damen-Team marschieren hintereinander durch das hohe Gras, während der Pilot die Drohne zu unserer Orientierung über dem Rehkitz hält. Ich schließe mich der kleinen Exkursion an.

Durch den tagelangen Regen ist das Gras sehr feucht und der Boden durchnässt. Es ist gut, dass wir alle mit Gummistiefeln ausgestattet sind. Das Team um Rainer Späne trägt weiße Gummihandschuhe. Denn, so erklärt er mir: „Die frisch gesetzten Rehkitze haben zum Schutz vor Feinden noch keinen Eigengeruch. Dieser Schutz darf nicht zerstört werden.“

Rehkitz-Rettung auf dem Affenberg

Ich sehe ein kleines, hilfloses Bambi, in sich geknäult, auf dem Fleckchen Erde liegen. Liebevoll hebt Ulrike Podschadly das Kitz fest. Es zittert, hat Angst. Schnell reagiert Rainer Späne, sofort markiert er das Kitz mit einer Ohrmarke. Durch diese Markierung nehmen die geretteten Tiere am Projekt Rehwildmarkierung teil, dessen Ziel es ist, Langzeitdaten zur Ökologie von Rehwild zu erfassen.

Heide Porster reicht dem Jagdpächter dann einen Jute-Sack, in den Späne das ängstliche Tier dann vorsichtig hineinlegt. Während wir wieder Richtung Ausgangspunkt Pilot laufen, trägt Rainer Späne den Jute-Sack aus dem hohen Gras und legt ihn am Rande ab.

Dann greift er zum Handy und ruft Landwirt Christoph Herm an. Dieser hat einen Anruf erwartet und startet mit seinen Maschinen, um die Wiese zu mähen. Angekommen beim Affenberg dauert die Mahd dann etwas über eine Stunde.

„Dass die Rehkitze vor der Mahd gefunden und kein Tier durch die Mähmaschine getötet wird, liegt im Interesse der Landwirte. Zum einen ist es traurig für die Rehkitze, zum anderen ist es unschön, wenn ein totes Tier im Gras liegt. Durch das tote Reh entsteht Leichenfäulnis im Gras, das zu Silage verarbeitet wird. Das schadet unseren Tieren“, erklärt Christoph Herm.

Nach erfolgter Mahd holt Rainer Späne dann wieder den Jute-Sack , er befreit das Kitz und legt es an einen deckungsreichen Ort nahe der gemähten Wiese. Das gerettete Rehkitz gibt Laute von sich, die Geiß findet ihr Junges so wieder.

Jan-Oliver Podschadly findet es gut, dass zur Rettung von Rehkitzen Landwirte, Jagdpächter und Vereine in der Mähsaison zusammenarbeiten, denn nur so wird Leiden verhindert. Sein Appell: „Es können alle Landwirte mitmachen. Sie müssen den zuständigen Jagdpächter informieren, und der informiert uns. Wir kommen dann mit den Drohnen und können so die Rehkitze vor den Mähmaschinen retten“.

 Kontakt: www.rehkitzrettung-suedbaden.de

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading