Rheinfelden Beschluss ist ein völlig neues Gefühl

Ulf Körbs

Rekordhaushalt nahezu einhellig verabschiedet.  Kurze Kontroverse um Bürgerheim-Etat.

Rheinfelden - Es ist ein Rekordhaushalt, den der Gemeinderat Rheinfelden am Donnerstag bewilligt hat. In den Haushaltsreden mischte sich aber auch eine gewisse Skepsis für die Zukunft.

Für das kommende Jahr wird im Ergebnishaushalt – die Erträge und die Aufwendungen der „laufenden“ Verwaltung – mit Einnahmen in Höhe von rund 87 Millionen und Ausgaben von knapp 83 Millionen gerechnet. Macht einen Überschuss von rund 3,5 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt, also den tatsächlichen Einzahlungen und Auszahlungen, rechnet die Kämmerei unter Amtsleiter Udo Düssel mit Einzahlungen von rund 85 Millionen und bei Auszahlungen von etwas mehr als 78 Millionen Euro. Was den Finanzierungsmittelbestand– liquide Mittel – um knapp eine dreiviertel Million erhöhen würde. Angesichts dieser Zahlen war es nicht verwunderlich, dass sich die Fraktionssprecher durchaus positiv äußerten in ihren Haushaltsreden und der Gemeinderat den Etat für das kommende Jahr einhellig billigte.

CDU-Stellungnahme

Fraktionsvorsitzender Paul Renz eröffnete mit der Feststellung: „Für den Gemeinderat ist es ein völlig neues Gefühl, einen Haushalt mit einem für unsere Verhältnisse relativ hohen Überschuss zu beschließen.“ Dies sei den drei Haupteinnahmequellen – Einkommenssteuer, Gewerbesteuer und Schlüsselzuweisungen – zu verdanken. Aber gerade in der Quelle Gewerbesteuer läge ein „ein Schuss Risiko“. Diese in seinen Augen noch nicht konkreten Befürchtungen stützte er auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die deutsche Exportabhängigkeit und damit auch von „Handelshemmnissen und anderen Markt-störenden Einflüssen“ abhänge.

Konkret zum Haushalt für das kommende Jahr strich er einerseits die für ihn wohl unabdingbare Steigerung bei den Personalkosten in der Verwaltung, beispielsweise durch die Schaffung eine hauptamtlichen Stadtbrandmeisters oder durch den fortschreitenden Digitalisierungsprozess heraus. Andererseits ging er auf die geplante Erhöhung des Kulturetats um 700 000 Euro wegen des Jubiläums „100 Jahre Rheinfelden“ ein: „Dies ist aus Sicht der CDU-Fraktion nicht vertretbar und auch nicht vermittelbar. Es sei denn, es werden damit nachhaltige Projekte realisiert. Nur für Feierlichkeiten und kulturelles Beiwerk ist dieses Budget deutlich zu hoch angesetzt.“ Damit folgte er seiner Kritik im Hauptausschuss bei der abschließenden Etatberatung. In jener Sitzung hatte aber die zuständige Bürgermeisterin Diana Stöcker betont, dass dieser Betrag nur „gesetzt“ sei. Und im Gespräch mit unserer Zeitung nach der Sitzung kündigte sie an, dass im kommenden Frühjahr die Planungen und damit der Finanzbedarf konkretisiert würden.

Bei aller Kritik, so hinterfragte Renz auch die 42 700 Euro für das Projekt „verpackungsfreier Markt“, ist für ihn und seine Fraktion klar: „Dass sich die vergleichsweise hohen Ausgaben des Finanzhaushaltes ohne einen Griff in die Rücklagen finanzieren.“

SPD-Stellungnahme

Auch Alfred Winkler, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, hielt in seiner Haushaltsrede fest: „Es geht uns so gut, wie lange nicht mehr. Aber das ist auch abhängig von der Prosperität.“ Als mahnende Schlagwörter hatte er parat: Brexit und US-Zölle. Das fordere auch bei einem guten Finanzstatus, „dass wir vorsichtig wirtschaften, damit wir auch morgen noch handeln können“. Es sei zwar recht problemlos gewesen, den Haushalt aufzustellen. Aber es stellten sich auch die Fragen: „Können wir alles verwirklichen. Haben wir die Ressourcen und auch die dabei geforderten Unternehmen.“ Zugleich legte er die Finger in eine erst jüngst aufgebrochene Wunde: „Der Steg taucht nicht auf. Hoffen wir, dass es im kommenden Jahr klarer wird.“ Gleichzeitig machte er keinen Hehl aus seiner Beobachtung bei Schulen und bei der Kultur: „Die Ausgaben steigen auf das Doppelte von den Einnahmen. So kann es nicht bleiben.“ Derzeit sei das noch zu verkraften, in den kommenden Jahren könne das so nicht bleiben. Jedoch erhob er für die SPD den Anspruch, die Quote für Kinder unter drei Jahren auf einen Krippenplatz auf 37 Prozent zu erhöhen.

Stellungnahme Freie Wähler

Der Haushalt 2019 ist ein ambitionierter Haushalt und das Ergebnis für umsichtiges und weitsichtiges Handeln von Verwaltung und Gemeinderat“, hielt Karin Reichert-Moser für die Freien Wähler fest. Sie ging auch kurz auf die Personaldiskussion während den Haushaltsberatungen ein. „Eine Pflichtaufgabe ist, den Verwaltungsbetrieb für unsere Stadt und unsere Mitbürger den Anfordernissen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.“ Da gehört die Personalausstattung nicht nur dazu, nein sie ist das A und O. Die Verwaltung wird mehr gefordert, dann muss auch das entsprechende Personal vorhanden sein – so viel zur jährlichen Stellendiskussion, die sich in den Folgejahren infolge steigender Anforderungen fortsetzen wird.“

Zugleich strich sie auch die Anstrengungen der Stadt für die Kinderbetreuung hervor. Auch hier werde der Aufwand angesichts der erfreulicherweise steigenden Geburten und der Zuzugszuahlen den Gemeinderat auch in Zukunft begleiten. Ein Problem dabei werde sicherlich die Gewinnung von genügend qualifiziertem Personal darstellen. Zudem verwies sie auf die geplanten Aufwendungen in diesem Bereich: 30 000 Euro für den Kindergarten „Bienenkorb“, 90 000 Euro für den Minselner, 10 000 Euro für den Nollinger und der Investitionszuschuss von 771 000 Euro für den St. Anna-Kindergarten – mache insgesamt 901 000 Euro. Aus dieser Absicht folgerte die Freie Wählerin: Der Bedarf, die Notwendigkeit ist erkannt. Es wird nicht diskutiert, nein – hier in Rheinfelden wird gehandelt.“

Stellungnahme der Grünen

Heiner Lohmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen, verblüffte zur Einleitung seiner Haushaltsrede mit einem Geständnis, denn er schmückte sich gleichsam mit „fremden Federn“: „Bis ich soweit war, hatte meine Frau die Rede schon fertig“, schilderte er. Aber halten musste er sie doch, denn „Du bist der Fraktionsvorsitzende“, habe Anette Lohmann festgehalten.

Wie gewohnt hob er insbondere auf ökologische Aspekte des Etats ab und verlangte: „Neben der „digitalen Stadt“ und „Smart City“ brauchen wir vor allem die ökosozial funktionierende Stadt.“ Aber zugleich rückte er von den Sozialdemokraten ab: „In diesem Zusammenhang wenden wir uns gegen das von der SPD angestrebte Volksbegehren für gebührenfreie Kindertagesstätten in Baden-Württemberg. Die damit verbundenen Mehrausgaben von ungefähr 700 Millionen Euro sind vom Landes-Haushalt einfach nicht zu stemmen. In Rheinfelden haben wir eine gute Regelung in Form sozial gestaffelter Beiträge gefunden.“ SPD-Sprecher Winkler hatte in seiner Haushaltsregel übrigens die Steigerung der Betreuungsquote bei den Unterdreijährigen auf 37 Prozent gefordert.

Das „soziale Gewissen“ der Löwenstadt zeige sich nicht nur in der Quartiersarbeit in Oberrheinfelden, meinte Lohmann weiter, sondern auch in der Tatsache, dass „in der Flüchtlingsarbeit eine gewisse Stabilität eingekehrt ist. „Hier hat die Stadt mehr als die Quote erfüllt.“ Insgesamt habe sich ein gutes Gefüge gebildet, das die Kommune auch immateriell weiterbringe.

Zwei Enthaltungen

Dass der Haushalt nicht mit allen Stimmen der Gemeinderat verabschiedet wurde, lag an einer kleinen Kontroverse um den Wirtschaftsplan für das Bürgerheim, der wie die Finanzpläne für die Abwasserbeseitigung und die Stadtwerke ebenfalls verabschiedet werden sollte. SPD-Ratsherr Gustav Fischer störte, dass eigentlich das Bürgerheim-Zahlenwerk, es verbucht auf der Seite der Ein-nahmen einen großen Zugewinn durch eine Grundstücksveräußerung an die Wohnbau, noch nicht beschlussreif ist. Schließlich seien die Preisverhandlungen noch nicht abgeschlossen. Bei der Abstimmung enthielt er sich der Stimme. Und seine Fraktionskollegin Hannelore Nuss folgte seinem Beispiel.

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