Rheinfelden Das Miteinander schätzen lernen

Ulf Körbs
Das staatlich angeordnete Kontaktverbot ab drei Personen macht vielen Bürgern zu schaffen. Foto: Archiv

Corona-Pandemie: Dietmar Fulde berichtet über psychologische Folgen des aktuellen Kontaktverbots.

Die Corona-Pandemie fordert eingeschränkte Kontakte und lässt das kulturelle Leben erliegen. Unser Redakteur Ulf Körbs hat bei Dietmar Fulde nachgefragt. Dieser war nicht nur der Leiter der psychologischen Beratungsstelle des Landkreises, sondern ist auch Vorsitzender der „Volkskunstbühne Rheinfelden“.

Frage: Herr Fulde, Corona und Kontaktverbot: Was bedeutet das für die „Volkskunstbühne Rheinfelden“?

Ein Projekt, das für den Herbst dieses Jahres geplant war, scheiterte schon vor der Coronakrise, weil sich die Begeisterung der Schauspieler in Grenzen hielt. So planen wir für das kommende Jahr. Es ist jedoch noch nichts entschieden, und Proben finden noch nicht statt. Wahrscheinlich wird unsere Generalversammlung am 3. Mai wegen der Pandemie ausfallen müssen.

Frage: Sie und die Mitglieder sind gleichsam zur „künstlerischen Heimarbeit“ verdonnert worden. Gibt es da Solo-Stücke, die ins Internet gestellt werden?

„Heimarbeit“ gibt es nur insofern, weil beispielsweise Pia Durandi und ich weiter an unserem Soloprogramm arbeiten. Und es gibt Zeit, im Internet unsere Homepage zu aktualisieren.

Frage: Was bedeutet die Situation eigentlich finanziell für das Ensemble?

Finanziell leidet die Volkskunstbühne nicht unter dem Auftrittsverbot, weil ja alle Mitglieder noch einen „Brotberuf“ haben. Allerdings sind Pia Durandi und ich nach der Absage von fünf Aufführungen von „Flügelfrei“ in der Schweiz und in Deutschland auf den Werbungskosten sitzen geblieben. Nun hoffen wir, die Auftrittsserie im Herbst neu organisieren zu können.

Frage: Lassen Sie uns zu den psychologischen Aspekten der Krise kommen: Es besteht gleichsam ein „Kontaktverbot“. Welche Folgen befürchten Sie?

Die Verminderung des Austausches mit anderen führt zunächst einmal zur stärkeren Selbstbesinnung. So mancher macht sich Gedanken darüber, was ihm im Leben wertvoll ist. So lernen wir das Miteinander auch wieder mehr schätzen.

Natürlich gibt es auch dunkle Momente. Durch die mangelnde Ablenkung tauchen bohrende Fragen auf wie „Bin ich ein liebender Mensch?“, „Tue ich genug für andere Menschen?“.

Durch die häusliche Nähe mit den Angehörigen entstehen Stressmomente. Da empfiehlt es sich, dass jeder Rückzugsorte für sich in der Wohnung definiert oder sich auch mal allein auf einen Spaziergang begibt. Das Wetter ist ja zum Glück dafür ideal.

Frage: Aus medizinischer Sicht sind die Auflagen – nur noch zwei Personen dürfen sich in der Öffentlichkeit gemeinsam bewegen – sicherlich richtig. Aber was bedeuten sie psychologisch?

Zwiegespräche können etwas sehr Intimes sein und können die Beziehung bereichern. Aber im Unterschied zum Austausch in sozialen Gruppen mangelt es oft an Anregung. Man lernt sich besser kennen, aber es kommt wenig Neues hinzu. Die „Oberflächlichkeit“ im Kneipengespräch bietet doch auch Raum fürs Ausprobieren und für soziale Innovation. Auf Dauer brauchen wir das genauso wie die Intimität einer Zweierbeziehung.

Frage: Auch Besuche in Krankenhäusern und Altenheimen sind untersagt. Wie sehen Sie das als Psychologe?

Das ist wirklich eine tragische Situation für die Menschen in Pflegeheimen und Krankenhäusern und ihre Angehörigen. Eine gewisse Entlastung gibt es durch elektronische Kommunikation über Skype oder mit WhatsApp. Aber das geht natürlich nicht immer.

Und besonders, wenn man den geliebten Menschen nicht anfassen darf, dann ist das manchmal herzzerreißend. Da bleibt nichts Anderes, als sich so gut wie möglich der augenblicklichen Situation anzupassen und darauf zu hoffen, dass sie bald vorbei ist.

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