Die Verminderung des Austausches mit anderen führt zunächst einmal zur stärkeren Selbstbesinnung. So mancher macht sich Gedanken darüber, was ihm im Leben wertvoll ist. So lernen wir das Miteinander auch wieder mehr schätzen.
Natürlich gibt es auch dunkle Momente. Durch die mangelnde Ablenkung tauchen bohrende Fragen auf wie „Bin ich ein liebender Mensch?“, „Tue ich genug für andere Menschen?“.
Durch die häusliche Nähe mit den Angehörigen entstehen Stressmomente. Da empfiehlt es sich, dass jeder Rückzugsorte für sich in der Wohnung definiert oder sich auch mal allein auf einen Spaziergang begibt. Das Wetter ist ja zum Glück dafür ideal.
Frage: Aus medizinischer Sicht sind die Auflagen – nur noch zwei Personen dürfen sich in der Öffentlichkeit gemeinsam bewegen – sicherlich richtig. Aber was bedeuten sie psychologisch?
Zwiegespräche können etwas sehr Intimes sein und können die Beziehung bereichern. Aber im Unterschied zum Austausch in sozialen Gruppen mangelt es oft an Anregung. Man lernt sich besser kennen, aber es kommt wenig Neues hinzu. Die „Oberflächlichkeit“ im Kneipengespräch bietet doch auch Raum fürs Ausprobieren und für soziale Innovation. Auf Dauer brauchen wir das genauso wie die Intimität einer Zweierbeziehung.
Frage: Auch Besuche in Krankenhäusern und Altenheimen sind untersagt. Wie sehen Sie das als Psychologe?
Das ist wirklich eine tragische Situation für die Menschen in Pflegeheimen und Krankenhäusern und ihre Angehörigen. Eine gewisse Entlastung gibt es durch elektronische Kommunikation über Skype oder mit WhatsApp. Aber das geht natürlich nicht immer.
Und besonders, wenn man den geliebten Menschen nicht anfassen darf, dann ist das manchmal herzzerreißend. Da bleibt nichts Anderes, als sich so gut wie möglich der augenblicklichen Situation anzupassen und darauf zu hoffen, dass sie bald vorbei ist.