Rheinfelden Ein Abschied voller Emotionen

Die Oberbadische
Zum Ausklang des Jahres gestalteten die Organistin Irmtraud Tarr und Sprecherin Adelheid Schellhorn eine Andacht in der St. Josefskirche. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Jahreswechsel: Musikalisch-literarische Orgelandacht mit Irmtraud Tarr und Adelheid Schellhorn

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden. Ein herausforderndes Jahr ist zu Ende gegangen. Ein solches Jahr wie dieses haben wir Menschen nie erlebt. Wie hätte man es schöner abschließen können als mit einer Orgelandacht zum Jahreswechsel? Für die letzten Stunden des Jahres haben die Organistin Irmtraud Tarr und die Sprecherin Adelheid Schellhorn meditative Musik und besinnliche Texte ausgewählt und damit in der St. Josefskirche Zuversicht vermittelt.

Pfarrer Andreas Brüstle zeigte sich in seiner Begrüßung froh, dass trotz der Corona-Zeiten eine solche Andacht möglich war. „Es ist uns eine Ehre“, so Brüstle, dass die Künstlerinnen mit Hilfe von geistlicher Musik und Texten die Menschen „in diesen inneren Prozess mit hineinnehmen“. Sein Dank ging „an alle, die hergekommen sind“.

Zum Ausklang dieses schwierigen Jahres wollte die Rheinfelder Organistin nicht ganz auf die Tradition verzichten, Silvester mit Musik ausklingen zu lassen. Seit 37 Jahren sind die eigentlichen Silvesterkonzerte eine feste Größe im Rheinfelder Kulturleben zum Jahresende. Hat Irmtraud Tarr doch zusammen mit ihrem im März verstorbenen Ehemann, dem Trompeter Edward H. Tarr, die beliebten Silvesterkonzerte in Eichsel 1983 gegründet und ab 2011 in der Rheinfelder St. Josefskirche fortgesetzt.

„Silvester und Musik gehören für mich untrennbar zusammen“, sagt die Organistin, die mit ihrer Orgelandacht bei der katholischen Kirchengemeinde auf offene Ohren stieß. Schließlich sollte diese Andacht zu inneren Einkehr anregen, zum Innehalten und Reflektieren des Vergangenen. Und tatsächlich konnte der Zuhörer in dieser knappen Stunde vom ersten Stück an, Johann Sebastian Bachs schlichtem Satz „Das alte Jahr vergangen ist“, das zu Ende gehende Jahr 2020 gedanklich noch einmal Revue passieren lassen.

Die Musik des Thomaskantors ist dazu wie keine andere geeignet. Sie spricht eine andere, eigene Sprache, die ausdrückt, „was im Menschen selber noch stumm ist“, wie Ernst Bloch das einmal nannte. Eine Choralbearbeitung wie „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ – von der Organistin mit dem vollen Werk und sicherer Pedalpräsenz ausdrucksvoll vorgetragen -– vermittelt doch ganz andere Einsichten als nur Worte. Ähnlich ergreifend der Schlusschor aus der Matthäuspassion („Wir setzen uns mit Tränen nieder“).

Auch das Choralvorspiel „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ – mit schöner Nachzeichnung des Cantus firmus von Tarr gespielt – hat Bewegendes mitzuteilen. Und schließlich ist Bachs weihnachtlicher Orgelchoral „Nun komm der Heiden Heiland“ mit seiner ruhigen melodischen Schönheit reich an Hoffnung.

Einen Hoffnungsschimmer von Licht sollte sicher auch Henk Badings „Morning has broken“ in diesem Programm darstellen. In Introduktion, Choral und Finale über die gälische Melodie arbeitet die Organistin die Kontraste stark heraus. Um dann das Programm kontemplativ mit dem gern gehörten Adagio aus Bachs Orchestersuite in D-Dur zu runden, bevor sie zu vorgerücktem Silvesterabend statt eines Feuerwerks draußen ein „Orgelfeuerwerk“ zündete – mit einer eigenen Bearbeitung von Händels Feuerwerksmusik-Ouvertüre und Scott Joplins Ragtime. Gekonnt.

Von großen und kleinen, stillen und schmerzlichen Momenten des Lebens, von Verlust, Enttäuschung und Opfern sprachen die von der Grenzacher Schauspielerin Adelheid Schellhorn gelesenen Texte bekannter Verfasser. Hilde Domin („Die schwersten Wege werden allein gegangen“), Rainer Maria Rilke („Was mich bewegt“) und die anderen teilen Gefühle, Erfahrungen und Gedanken in den Texten mit.

Vor allem der in der Haft geschriebene Brief des Theologen Dietrich Bonhoeffer („Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag“) ging zu Herzen. Die Jahresendstimmung traf bestens Erich Kästners Monatsgedicht über den Januar („Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege“).

Als in diesen außergewöhnlichen Zeiten besonders angebracht erwies sich Rose Ausländers Mut-Zuspruch und ihre Neujahrsgrüße an ferne Freunde, alle Einsamen und die Künstler, „die mit Worten, Bildern, Tönen beglücken“. Also insgesamt eine schöne Text-Musik-Synthese, diese musikalisch-literarische Andacht, die unter den vorgegebenen Bedingungen sogar zwei Mal stattfinden konnte.

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