Rheinfelden Nutznießer und aktiver Mitgestalter

Rolf Reißmann
Frauen des Turnvereins Nordschwaben begeisterten die Gäste mit einem Tanz. Foto: Rolf Reißmann

Seit 50 Jahren gehört das einst eigenständige Nordschwaben zur Stadt Rheinfelden. Das wurde gefeiert.

Der 21. Oktober war in Nordschwaben jahrzehntelang Feiertag. Mit dieser Aussage verblüffte Ortsvorsteher Sven Kuhlmann am Samstagabend zumindest die Gäste der Feier zum 50. Jubiläum der Eingemeindung des früheren Dorfes nach Rheinfelden. Damals hatten die vom gescheiterten Rheinfeldzug abziehenden französischen Truppen Nordschwaben als einziges Dorf auf dem Dinkelberg nicht geplündert.

Doch für dieses Fest gab es einen sehr freudigen Anlass. Zu Beginn der 1970er-Jahre hatte die baden-württembergische Landesregierung ihre Kommunalreform auf den Weg gebracht. Grund dafür waren die übermäßig vielen sehr kleinen Dörfer, deren eigenständige Verwaltung nicht nur sehr teuer war, sondern wegen der Zersplitterung auch kaum noch langfristige Entscheidungen zur Ortsentwicklung zuließ. Auch die kleinen Dinkelbergorte mussten solche Überlegungen anstellen. Während im und dicht am Hochrheintal die Entscheidung, sich der Stadt Rheinfelden anzuschließen, nicht sehr schwer fiel, kamen oben auf dem Berg doch auch andere Überlegungen auf. Adelhausen liebäugelte zeitweise mit Steinen, Nordschwaben sah sich zu Schopfheim hingezogen.

Finanzielle Stabilität

Doch, wie Kuhlmann sagte, kam damals auch Pragmatismus auf. Man müsse in die Richtung gehen, in die das Abwasser fließe, sei damals ein wichtiger Grund gewesen, sich für die Eingemeindung nach Rheinfelden zu entscheiden. Auch gab es den Vorschlag für eine gemeinsame große Dinkelberggemeinde, aber dieser wurde schließlich verworfen, weil jeder Anschluss an die größeren Orte doch mehr finanzwirtschaftliche Stabilität erwarten ließ. Bereits 1974 jedenfalls, würdigte Sven Kuhlmann, haben die Nordschwabener ihren Weg nach Rheinfelden kreativ gestaltet. Gleichzeitig habe sich bis heute die stabile Dorfgemeinschaft erhalten, dennoch wisse man sich für die großen Aufgaben bei der Stadt in guten Händen.

Thema Ortsverwaltungen

Auf die gegenwärtige Diskussion zu Bestand oder Auflösung der Ortsverwaltungen eingehend, empfahl der Ortsvorsteher Gelassenheit, denn auf nicht absehbare Zeit könne die Stadtverwaltung mit Struktur und Personal die vielen Aufgaben, die direkt in den Ortsteilen erledigt werden, gar nicht übernehmen.

Oberbürgermeister Klaus Eberhardt erinnerte in seinem Grußwort an die Auseinandersetzung mit und um Karsau, das seine Selbstständigkeit keinesfalls aufgeben wollte und dafür sogar vor Gericht zog. Denn zunächst hatten die Nordschwabener eine Gemeinschaft mit Karsau angedacht, dann wäre diese Gemeinde stabiler geworden. Die Nordschwabener Entscheidung für Rheinfelden wollten die Karsauer nicht akzeptieren und klagten.

Eberhardt brachte auch die Festhalle zur Sprache, für Nordschwaben war sie ein großer Trumpf bei der Eingemeindung. Sie wurde nämlich vor 50 Jahren fast durchweg in Eigenleistung fertig gestellt und war den Vereinen für die freie Nutzung zugesichert. Diese zahlreichen Vereine seien bis heute prägend für die Dorfgemeinschaft. Obwohl Nordschwaben mit nunmehr 334 Einwohnern, also rund 100 mehr als vor 50 Jahren, der kleinste Ortsteil sei, schmücke sich die Stadt damit. Die im damaligen Beitrittsvertrag festgesetzten Leistungen hat die Stadt allesamt erbracht, so den Bau der Kanalisation, den Einbau einer Heizung ins Rathaus und die Rekonstruktion der Mauritiuskapelle.

Die Teilnehmer der Festveranstaltung gestalteten den Abend sehr ansprechend, so traten der Gesangverein und der Turnverein auf. Der OB würdigte die aktive Beteiligung der Nordschwabener an der Gestaltung der Stadt bei gleichzeitiger Bewahrung des eigenständigen Dorflebens. So sei der Ortsteil seit nunmehr 50 Jahren sowohl Nutznießer als auch Mitgestalter der progressiven Stadtentwicklung. Für beide Seiten erweise sich die Eingemeindung bis heute als nützliche Entscheidung.

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