Rheinfelden Sie zapfen seit 1000 Tagen die Sonne an

Die Oberbadische
30 Fotovoltaik-Anlagen habt die Bürgersolar-Genossenschaft seit ihrer Gründung vor drei Jahren installiert. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Drei Jahre Genossenschaft Bürgersolar Hochrhein

Rheinfelden. Sie praktizieren bürgerschaftliches Engagement und Umweltschutz in Reinkultur, mittlerweile seit rund 1000 Tagen – die Genossen von Bürgersolar Hochrhein. Anlässlich des 3. Geburtstags veröffentlichen wir ein Gespräch mit dem für die Finanzen zuständigen Vorstandsmitglied Martin Völkle, das uns zur Verfügung gestellt wurde.

Herr Völkle, die Bürgersolar Hochrhein G wurde am 17. Februar 2012 gegründet. Wie ist denn der aktuelle Stand zum dreijährigen Geburtstag?

Völkle: Wir haben nun knapp 250 Mitglieder und rund 925 000 Euro Eigenkapital. Es ist sehr erfreulich, dass wir weiterhin wachsen und die Mitglieder die Ziele der Genossenschaft unterstützen: Umsetzung der Energiewende und Begrenzung des Klimawandels.

Wie haben Sie die anvertrauten Gelder investiert?

Wir haben nun 30 Fotovoltaik-Anlagen realisiert mit einer Leistung von rund 775 Kilowatt Peak (kWp). Damit können rechnerisch rund 220 Haushalte mit regionalem Sonnenstrom versorgt werden. Gleichzeitig werden dadurch jährlich 540 Tonnen Kohlendioxid (CO2) eingespart. Investiert wurden dafür rund 1,25 Millionen Euro, da wir noch günstige KFW-Kredite in Anspruch genommen haben. Insgesamt wurden bis jetzt knapp 1,5 Millionen Kilowattstunden mit unseren Fotovoltaik--Anlagen produziert.

Und rechnet sich das auch für die Mitglieder?

Ja, natürlich. Wir haben es sogar geschafft, seit Anfang an Gewinne zu erwirtschaften und auszuschütten. Letztes Jahr haben wir 3,3 % an die Mitglieder ausgezahlt. Dieses Jahr wird es aller Voraussicht nach noch etwas mehr sein. Wir warten allerdings noch auf einige Stromabrechnungen von Energiedienst, so dass wir den Jahresabschluss noch nicht fertigstellen können. Erst dann steht das Ergebnis fest. Und da wir auch Gewerbe- und Körperschaftssteuer zahlen, profitiert auch die Stadt finanziell.

Wer sind denn die Mitglieder bei der Bürgersolar, wie ist Ihre Mitgliederstruktur?

Rund 95 Prozent sind Privatpersonen, davon der Großteil aus dem Landkreis Lörrach. Es gibt aber auch ein paar Mitglieder aus der Schweiz. Und die am weitesten entfernten Mitglieder kommen aus Berlin. Außerdem sind derzeit 5 Kommunen Mitglied bei uns: Rheinfelden, Lörrach, Binzen, Grenzach-Wyhlen und Inzlingen. Es freut uns sehr, dass wir auch von den Gemeinden unterstützt werden. Die restlichen Mitglieder sind Firmen wie die Wohnbau Rheinfelden, Sparkasse Lörrach-Rheinfelden und Volksbank Rhein-Wehra, um nur die wichtigsten zu nennen. Last but not least möchte ich noch die BUND-Ortsgruppe Rheinfelden erwähnen, quasi als Vertreter der Vereine.

Das ist ja recht beeindruckend, was in den letzten 3 Jahren aufgebaut wurde. Was waren die Herausforderungen in dieser Zeit?

Zunächst wurde bereits eine Woche nach unserer Gründung die EEG-Reform angekündigt, die die Spielregeln grundsätzlich verändert hat. Damals haben einzelne Genossenschaften die Gründungsabsicht wieder aufgegeben. Dass im August 2014 bereits die nächste EEG-Reform umgesetzt wurde, zeigt deutlich, wie wir uns während der Gründungs- und Aufbauphase fortlaufend an neue Gegebenheiten anpassen mussten. Diese Doppelbelastung, Gründung und Änderung der Rahmenbedingungen, war nicht einfach durchzustehen. Man darf nicht vergessen, dass keiner von uns berufsmäßig im Energiesektor tätig war und das nötige Wissen somit auf ehrenamtlicher Basis erarbeitet werden musste. Das Gute an der EEG-Reform 2014 ist, dass der größte Nachteil aus 2012 wieder korrigiert wurde.

Was war denn der größte Nachteil der EEG-Reform 2012?

Dass nur noch 90 Prozent des Stroms aus Fotovoltaik-Anlagen zum EEG-Tarif vergütet werden und für zehn Prozent des Stroms alternative Vermarktungsmodelle gesucht werden müssen. Ich habe schon damals den regionalen Bundestags- und Landtagsabgeordneten gesagt, dass alternative Vermarktungsmodelle und die Direktvermarktung schon Sinn machen, aber erst bei größeren Fotovoltaik-Anlagen. Und nicht bei Anlagen mit einer Leistung von nur 20, 30 oder 40 kWp. Da ist der Aufwand relativ hoch im Verhältnis zum gewünschten Ergebnis, nämlich der Begrenzung des Anstiegs der EEG-Umlage. Nun wurde diese Regelung im August 2014 wieder abgeschafft respektive erst ab 100 kWp-Anlagen ist die verpflichtende Direktvermarktung zukünftig maßgebend.

Wie groß sind denn die Anlagen der Bürgersolar?

Die größte Anlage hat 71 kWp und ist auf dem Kant-Gymnasium in Weil am Rhein installiert. Dort wird sogar der ganze Strom von der Schule verbraucht, so dass wir keine EEG-Vergütung erhalten und den Strom komplett von der Stadt Weil am Rhein bezahlt bekommen.Die kleinste Anlage hat nur rund 4,5 kWp und ist auf einem Einfamilienhaus montiert.

Sie behalten sich ja vor, auch in andere erneuerbare Energien zu investieren. Gibt es dazu konkrete Planungen?

Nein, derzeit nicht. Windenergie wird in Rheinfelden und Lörrach sowieso keinen Sinn machen (mangels Wind). Kleinstwasserkraftwerke wären eine Option, wobei wir uns da eher als Juniorpartner beteiligen würden, da wir nicht das Fachwissen haben. Wir würden auch in Blockheizkraftwerke investieren, weil diese für eine erfolgreiche Energiewende wichtig sind. Derzeit sind aber keine Projekte in Aussicht. Somit bleiben wir vorläufig bei dem, was wir am besten können: der Installation von Photovoltaikanlagen.

Wie steht es denn mit dem Projekt einer Fotovoltaik--Anlage auf der Mülldeponie Herten?

Nun, grundsätzlich wäre das Projekt im Sinne unserer Satzungsziele. Außerdem, was viele nicht wissen, ist die Idee zur Genossenschaftsgründung im Herbst 2011 im Zusammenhang mit der damaligen Diskussion im Landkreis zur möglichen Fotovoltaik-Anlage auf der Mülldeponie aufgekommen. Das Projekt ist also seit damals im Hinterkopf präsent. Leider zeigen die vergangenen 3,5 Jahre auch, dass sich so etwas unglaublich lange hinziehen kann. Zu lange für meinen Geschmack. Der aktuelle Stand ist der, dass noch nicht alle Voraussetzungen erfüllt sind. Außerdem ist nun die verpflichtende Direktvermarktung maßgebend, was die Komplexität erhöht. Jedenfalls würden wir das Projekt nur realisieren, wenn es wirtschaftlich Sinn macht, das heißt im Interesse der Genossenschaft und der Mitglieder ist. Daran arbeiten wir, können derzeit aber noch nicht sagen, ob und wann das Projekt realisierbar ist. Jedenfalls ist so ein Projekt nur mit einem professionellen Partner möglich. Und natürlich werden wir auch unsere Mitglieder transparent informieren und deren Meinung einholen.

Und bis dahin werden Sie weiterhin fleißig kleinere Anlagen installieren?

Wir haben in drei Jahren 30 Anlagen realisiert, also pro Jahr zehn Sonnenkraftwerke. Langsam stößt unser Fleiß an Grenzen (Völkle lächelt), jedenfalls wenn wir weiterhin überwiegend ehrenamtlich mit nur wenigen Personen agieren. Es ist schwierig zu sagen, wo die Grenze ist, aber noch einmal 30 Anlagen scheinen unrealistisch zu sein. Insofern wäre eine einzige große Fotovoltaik-Anlage auf der Mülldeponie Herten schon eine Arbeitserleichterung. Übrigens ist die Ehrenamtlichkeit dahingehend schon an ihre Grenzen gestoßen, dass meine Tätigkeit seit letztem Jahr im Rahmen eines 450 Euro-Jobs vergütet wird.

Abschließend, was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?

Zum einen mehr Unterstützung durch die Kommunen, so durch die Übernahme von Statik-Prüfkosten. Schließlich sollte die Gemeinde doch selbst wissen, ob die eigenen Dächer statisch geeignet sind. Zum anderen wünsche ich mir, dass sich mehr Bürger mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen ehrenamtlich in die Bürgersolar Hochrhein einbringen. Von Rentner, Hausfrau über Bürokraft bis Ingenieur. Nur gemeinsam sind wir stark und können unsere Genossenschaft voranbringen, im Sinne der Generationenaufgaben Energiewende und Klimaschutz.

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