Von Gerd Lustig
Kabarett: Barbara Ruscher im Bürgersaal Rheinfelden
Von Gerd Lustig
Rheinfelden. Kaum ist das musikalische Intro verklungen, stürmt sie auf die Bühne, plappert munter drauf los, als gäbe es kein Morgen. So kennt man sie, die Rheinländer Barbara Ruscher: frei nach Schnauze, das Herz auf der Zunge und scheinbar ohne Konzept im Smalltalk-Modus. Seit vielen Jahren ist die Kabarettistin auf den Bühnen des Landes unterwegs und im TV zu sehen. Jetzt gastierte sie mit ihrem neuen Programm „Ekstase ist nur eine Phase“ im Rheinfelder Bürgersaal.
Ziemlich tough und selbstbewusst, dabei erfrischend direkt und mit einer ordentlichen Prise rheinländischer Schnoddrigkeit: Auf sympathische und charmante Art und Weise serviert sie dabei teils komische Einblicke in ganz normale Alltagssituationen. „Ekstase ist nicht immer das, was Sie jetzt denken, man muss sie suchen“, so die 48-Jährige. Ekstase findet man laut Barbara Ruscher in allen Bereichen: im modernen Verhältnis der Geschlechter, aber auch bei Massentierhaltung, beim Datenklau im Punktesammeln, bei der Billigproduktion und der Wahl von Ernährungskonzepten sowie bei den Problemen mit frühgeförderten Babys. All das wird von ihr souverän als Stand-up und am Klavier getextet und gedichtet, lakonisch und bissig präsentiert. Dass sie sich dabei doch tatsächlich – für Kabarettisten ungewohnt – manchmal ein wenig verheddert, stört aber nicht sonderlich. Schnell hat sie den eigentlich gar nicht vorhandenen roten Faden wieder aufgenommen, redet und redet, denn: „Gut, dass wir mal drüber gesprochen haben, es muss ja mal gesagt werden, wenn nicht jetzt – wann dann.“
Mit ihrem neuen Programm erobert die scharfsinnige Kabarett-Lady charmant und intelligent nun auch die letzten Tabus unserer Zeit: Da wird die FIFA mit dem Großprojekt WM 2022 in Katar satirisch aufs Korn genommen. „Der Beckenbauer hat keine Sklaven gesehen“, berichtete sie, stellte letztlich fest: „Die Inklusion ist hier gelungen – sehbehinderte Funktionäre sind voll integriert!“. Nahtloser Übergang vom Erotischen zum Politischen und dann wieder ins Alltägliche gelingt ihr ebenso charmant wie die Kunst, die Welt nicht moralinsauer, aber wunderbar ätzend zu spiegeln. Den neuen Trend zum Stricken verbindet sie kurzerhand mit dem um sich greifenden Sex-Frust: „Wenn im Bett nichts mehr läuft, muss die Wolle her.“ Und natürlich kriegen auch die Veganer ihr Fett weg. In ihrem Rap, rhythmisch begleitet mit Möhrchen und Gurken, heißt es zwar, dass vegan die neue Religion sei, letztlich ist sie sich aber sicher: „Veganer sterben nicht – sie verwelken“.
Mehr als nur Seitenhiebe gönnt sie sich auf Kinder von Öko-Akademiker-Eltern mit Bioladen-Flatrate, die bereits kurz nach der Geburt oder mitunter auch schon davor („Der erste Blog kommt aus dem Mutterleib“) so vieles können. „Und wenn sie mit der FAZ gewickelt werden, wird sogar der Po schlau, Klugscheißer also.“ Ebenso sorgt sie sich um das Überleben der Biene, schließlich sei sie ja das dritte Nutztier des Menschen – nach Rind und Ehemann. Ferner rechnet sie mit dem Jugendwahn ab: „Wenn dich die Falten stören, dann mach’ doch das Licht aus.“
Was natürlich nicht fehlen darf an diesem Abend, sind Lesungen aus ihrem Bestseller „Fuck the Möhrchen – Ein Baby packt aus“, in dem ein manisch frühgefördertes Baby namens Mia die Absurdität der Erwachsenenwelt furztrocken auf die Schippe nimmt. Und so nebenbei lässt Barbara Ruscher durchblicken, dass das nächste Werk so gut wie fertig ist.