Rheinfelden Suche nach dem wahren Menschen

Die Oberbadische
Leonhard Eder: Der Kuss (Detail), Bronze, 2008. Aus der Ausstellung im Schauraum des Rheinfelder Kulturamtes Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Ausstellung: „Homo sapiens heute“ von Leonhard Eder im Schauraum in Rheinfelden

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden. Am Anfang ist die Frau. Sie steht bei Leonhard Eder im Zentrum seines langen Arbeitslebens als Künstler, das er der Kultur, den Mythen, der Transzendenz und der Evolution gewidmet hat. Die vier Begriffe tauchen auch als Unterkapitel in der Werkschau „Homo sapiens heute“ im Schauraum in der Rheinfelder Karl-Fürstenberg-Straße auf, die das Spätwerk zusammenfasst.

Der bekannte 86-jährige Bildhauer plant diese Ausstellung als seine letzte. Inspiriert vom lichterfüllten Ausstellungsraum, der bald dem Stadtmuseum weichen muss, sind lebensgroße Figuren, meist in reinem Weiß, der Summe aller Farben des Lichts, versammelt. Der Betrachter erfährt, was Eder beschäftigt und was sein Lebensinhalt als Bildhauer ist.

Unverkennbar Eder sind die neuesten Figurentypen, Mutter-Kind-Motive, der Reigen von Leben und Tod, Werden und Vergehen. Und auch das Thema „Paare“ wie in der bemerkenswerten Bronzeskulptur „Der „Kuss“, die schon Rodin’sche Anmutung hat.

Dass Eders individuelle Schöpfungsgeschichte bei Eva anfängt und nicht bei Adam, dem Herrn der Schöpfung, ist augenscheinlich. „Der wahre Mensch, das ist die Frau! Sie ist sein Alpha und sein Omega“, betonte Reinhard Valenta in seiner Laudatio.

Die Frau! Sie ist bei Eder tatsächlich Anfang und Ende. Die Frauen im Spätwerk des Altmeisters sind grazil, schlank, mit anmutig erhobenem Arm, bald mütterlich gerundet, bald prall wie das Leben, „aus dem Frauenschoße der Natur“ (Valenta). Man sieht sie mit der Hand auf der Brust, als Mutter mit Zwillingen, als liegenden weiblichen Akt, schlicht erotisch als „Hingabe“ oder als Vierergruppe Kopf an Kopf, eng im Kreis stehend.

Sehr realistisch und mit einem Hang ins Überzeichnende stellt Eder den „wahren Menschen“ Mann dar, robust, bauchig, mit beiden Beinen fest auf dem Boden, geradeaus blickend, kraftstrotzend, mit geballten Fäusten: lauter feiste Männer.

Eine Sonderstellung nimmt die weibliche Figur „Evolution“ ein, die bewusst keine harmonische Proportion hat. Sie ist nicht so geformt, wie heute das ästhetische Ideal ist, hat einen kleinen Kopf, breite Hüften, dünne Arme, kurze Beine. Es ist Eders Vision, wie der Mensch einmal aussehen könnte. Die Evolution ist ein weites Feld, man weiß ja nicht, wie sich der Mensch in Jahrtausenden entwickelt.

Das Thema „Mensch und Evolution“ interessiert Eder schon immer. Wie der Mensch aus der Urmaterie entsteht, Gestalt annimmt und zu einem figürlichen Geschöpf wird, machte er schon in seiner gleichnamigen Stelengruppe am Adelberg in Rheinfelden (Grün 07) in Entwicklungsschritten sichtbar.

Losgelöst vom Irdischen sind Eders schwebende Figuren auf den Bildern. Sie lösen die Untertitel „Mythen“ und „Transzendenz“ ein. Die schwerelosen Figurationen kennzeichnen tanzende und schlafende Nymphen, gefallene und stürzende Wesen, die im Jenseits über den Wolken und über die Symbole der Weltreligionen (Petersdom, Moschee, Pyramide, Tempel) fliegen. Zwei Bilder sind besonders vielsagend: Eine Frau sitzt auf einem (gotischen) Hocker und schaut aus dem Fenster in die Weite; eine andere steht vor einer Mauer und blickt ins gelobte Land, das ihr versagt ist.

So kann man Eders „letzte“ Ausstellung als Antwort auf die Frage, was der wahre Mensch ist, auch in einem größeren spirituellen Zusammenhang des Weltgeschehens sehen.

Eders Spätwerk hat viele Besucher verdient. Als Ergänzung zur Ausstellung versteht sich eine Besichtigungstour ins Wiesental, wo in Schopfheim, Fahrnau, Schönau und Todtnau eindrucksvolle Schöpfungen Eders im öffentlichen Raum zu entdecken sind.   Bis 14. September, Mo-Fr 10-18, Sa 10-13 Uhr. VHS-Exkursion am Samstag, 28. September, 13 Uhr Abfahrt (nach Anmeldung)

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