Rheinfelden „Viele sind am Anschlag“

Die Oberbadische
Auf den Laternen auf der Rheinbrücke in Rheinfelden halten sich sogar die Möwen ganz vorbildlich an die Abstandsregeln – und halten dabei ganz gespannt Ausschau nach dem, was da noch kommen wird. Foto: zVg/Eva Skrypnik

Interview mit Gustav Fischer, Vorsitzender des Gewerbevereins Rheinfelden

Rheinfelden - Ob Ausfälle, Verzicht und Absagen oder ob Beschränkungen, Verbote und Verordnungen: Die Corona-Pandemie ist Dienstleistern, Händlern und Gewerbetreibenden in Rheinfelden gehörig in die Parade gefahren.

Weil die sonst zu Jahresbeginn übliche Standortbestimmung beim Neujahrsempfang des Gewerbevereins diesmal ausfällt, hat unser Mitarbeiter Gerd Lustig beim Vorsitzenden Gustav Fischer nachgehakt.

Herr Fischer, wie ist Ihre Einschätzung zur aktuellen Lage?

Auch in Rheinfelden gibt es durch Corona, die Lockdowns und die Beschränkungen überall Probleme. Viele Geschäftsleute sind am Anschlag und an den Grenzen des Machbaren. Die größte Sorge ist derzeit die Ungewissheit, wie lange der Lockdown noch anhält.

Gibt es denn bereits Geschäftsaufgaben oder Schließungen?

Nein, derzeit ist mir nichts bekannt. Lange aber werden Kapital und Rücklagen im Handel und in der Gastronomie nicht mehr reichen. Auch die Banken verhalten sich bei Krediten zunehmend zurückhaltender. Der Handelsverband rechnet daher mit einer großen Zahl von Insolvenzen in den Kommunen.

Gab es vergangenes Jahr auch Positives?

Ja, dazu zähle ich die Eröffnung des Hochrhein-Centers II. Der Gewerbeverein begrüßt das ausdrücklich. Mit diesem zweiten Magneten wird die Position der Innenstadt gestärkt und trägt insgesamt zum Erhalt des Handels bei.

Es gibt dennoch ein Aber?

Ja, es wird sich nämlich trotzdem das Verhalten der Konsumenten – das hat im Mittelpunkt zu stehen – nicht grundlegend ändern, wenn es uns nicht gelingt, die Bedürfnisbefriedigung der Menschen vor Ort zu erfüllen.

Was meinen Sie damit konkret?

Es ist keine Binsenweisheit, wenn die Bevölkerung sagt: „Was soll die schönste Hülle, wenn ich nicht das finde, was ich benötige?”. Nach wie vor steht auf der Liste ganz oben der Wunsch nach einem Herrenausstatter oder einem Haushaltswarenanbieter. Logisch ist dann das Kundenverhalten: Findet er oder sie das Gewünschte nicht, dann orientiert man sich nach auswärts. Und warum soll der Kunde dann nicht auch noch dort den übrigen Einkauf erledigen?

Gab es sonst noch Positives?

Grundsätzlich gibt es da ein Ja, gemeint ist die Causa Friedrichstraße. Hier ist endlich Bewegung reingekommen. Seit etlichen Jahren stellt der Gewerbeverein eine kontinuierliche Abnahme des Leistungsspektrums und des Niveaus dieser einst als erster Einkaufsadresse genannten Straße fest und in den Mittelpunkt seiner Bemühungen. Jetzt müssen wir bei der Friedrichstraße aber richtig ran.

Und das bedeutet?

Der Mut des dort ansässigen Gewerbes und des Handels verdient Respekt. Diese weiter hinzuhalten, verbietet sich. Es ist daher nur zu begrüßen, dass sich der Gemeinderat und der Beirat Kernstadt erneut der Sache annehmen. Hierbei sind wir und unsere Mitglieder gern bereit, Wissen und Kenntnise einzubringen. Es muss nur gewollt werden.

Und es braucht Grundlagen?

Keine Frage, Grundlage ist hierfür in erster Linie, das Gespräch mit den dortigen Eigentumsbesitzern zu suchen. Diese müssen von Anfang an in alle Prozesse eingebunden werden. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass über deren Köpfe hinweg Entscheidungen getroffen werden. Grundlage jeder Anstrengung ist dabei das gegenseitige Vertrauen. Ein Neuanfang ist notwendig. Empfindlichkeiten oder ein Alleinstellungsanspruch verbietet sich.

Und was wäre für die Innenstadt generell wichtig?

Generell werden Maßnahmen zur Ertüchtigung unserer Innenstadt von zwei Gesichtspunkten aus betrachtet und politisch begleitet Da ist zum einen die Notwendigkeit, dass die Stadt über zu wenig Gewerbeflächen im Zentrum verfügt.

Diese Situation zu ändern, geht leider nur, wenn vorhandene Bausubstanz aufgegeben wird, um daraus neue Bestandteile auch mit den angesprochenen Flächen zu entwickeln. Grundlage derjenigen, die hier an Änderungen „basteln“ – und bisher war es nicht mehr als das – sind die Eigentümer. Aber dazu ist ein neuer Anfang notwendig.

Welches Anliegen haben Sie noch?

Eindeutig zu wenig geht für uns beim Gebiet „Einhäge“. Mit viel Geld wurde dort ein Gewerbegebiet ausgewiesen, das allein vom Standort her attraktiv genug ist, sowohl einheimischem Gewerbe eine Erweiterung anzubieten als auch von auswärts kommendem interessiertem Gewerbe eine Ansiedlung zu ermöglichen. Zwischenzeitlich entwickelt sich diese Möglichkeit aber zum teuersten Parkplatz Südbadens. Ein Neuanfang ist dringend angesagt.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading