Ried Traditionsgasthaus „Adler“ schließt

Sonja Eiche
Das Gasthaus „Adler“ hat seine Türen geschlossen. Foto: Sonja Eiche

Traditionsgasthaus, Dorfwirtschaft, Vereinslokal – den „Adler“ in Ried gibt es seit mehr als 100 Jahren. Nun haben sich die Wirtsleute Hansjörg und Ute Kropf mit einer kleinen Feier verabschiedet und die Türen für immer geschlossen.

Wehmut klang mit, als die Gäste bei der „Ustrinkete“ zum letzten Mal in „ihrem“ Adler Platz nahmen, auf Einladung des Wirtepaars den feinen Fleischsalat und die Bratwurst „à la Hansjörg“ genossen – und das Zusammensein hier zum allerletzten Mal auskosteten.

Von Beginn an war das Gasthaus bekannt für seine gute Küche, seine Getränke und seine behaglichen Räume. „Jeder, der einmal dort zu Gast war, kehrt gerne wieder ein“, so konnte man bereits im Jahr 1960 zum 50-jährige Jubiläum des Adlers in der Zeitung lesen. So war es über all die Jahre geblieben – bis heute.

Mit Dankbarkeit schauen die Adlerwirte Hansjörg und Ute Kropf zurück auf die vielen Anlässe, meist ausgelassene Feste und Feiern. Seit über 100 Jahren wurde das Wirtshaus-Leben bereichert durch den Männergesangverein Ried, der hier seine Proben abhielt und legendäre Jahresfeiern ausrichtete, stets proppenvoll und urgemütlich, mit Gesang, Theater, Singen und Lachen – und mit manchem Viertele, oft bis in die frühen Morgenstunden.

Das Wirtepaar Hansjörg und Ute Kropf nimmt Abschied von seinem Gasthaus. Foto: Sonja Eiche

Fernsehdokumentationen

Der Adler war aber nicht nur für Gemütlichkeit und gutes Essen bekannt. Hier sind Fernsehdokumentationen entstanden – etwa „Landschaftsschutz mit Messer und Gabel“, denn im Adler wurde von jeher Regionalität groß geschrieben. So fand der Gastro-Kritiker Wolfgang Abel stets lobende Worte für das „unaufgeregte Gasthaus“ mit dem „gemischten Braten aus dem Holzofen, vom Stück geschnitten“ oder der „Nudelsuppe aus der Löwenkopf-Terrine“. Fragt man Gäste nach dem Besonderen des Adler, so hört man ebensolches.

Sogar Schauplatz eines Spielfilms war der Adler. Im Jahr 2011 liefen die Dreharbeiten hierfür fast einen ganzen Monat lang: „Finn und der Weg zum Himmel“ – ein einzigartiges Erlebnis, auch für die zahlreichen Komparsen aus dem Dorf.

Schon seit 1817 befindet sich das altehrwürdige Gebäude im Besitz der Familie Kropf. Nach der Eröffnung des Gasthauses 1910 führten ab 1965 Jakob und Annemarie Kropf – die vielen noch in Erinnerung sind – den Adler. Hansjörg und Ute Kropf bewirteten seit 1994.

Danke sagen

Dem Wirtepaar war es nun ein Anliegen „Danke“ zu sagen: der Familie, allen Helfern, den treuen Gästen, dem Männergesangverein Ried, dem Brauchtumsverein, der Feuerwehr und allen, die Geburtstage, Hochzeiten, Taufen, Jubiläen, Beerdigungen sowie weitere Feiern hier ausgerichtet haben.

Nachdem der Männergesangverein Ried den Abschiedsabend mit einigen Liedern eröffnet hatte, ergriff Hansjörg Kropf, Wirt und Koch, das Wort. Er gab einen Abriss über die Geschichte und sprach auch über die Belastungen, die es einem heute immer schwerer machen, selbstständig einen Betrieb zu führen. „Sit 1994 maches d Ute un ii bis zuem hüttige Dag“, so Kropf – und weiter: „D Zitt isch do, dass mer eifach eweng chürzer trätte un au emol an üs dängge.“ Garten, Blumen, Wald – darin finden die ehemaligen Wirtsleute nun Zerstreuung und tanken neue Energie. Mit einem selbst gedichteten Lied, vorgetragen am Klavier, drückte Cornelia Hossfeld, die Dirigentin des Männergesangvereins Ried, aus, was jetzt den beiden zu gönnen sei: „Was ich euch wünsche, ist ein kleines bisschen Leben, ...’ne kleine Pause ...und nicht die Hetze ...dass ihr sagen dürft: Ich bin so wie ich bin.“

Unzählige Singstunden

Manfred Georg vom Männergesangverein dankte den Wirtsleuten für unzählige Singstunden und frohe Feste in den heimeligen Räumen des Wirtshauses. Seit 114 Jahren – seit Bestehen der Wirtschaft – proben die Männer hier, singen und trinken, feiern die traditionelle Jahresfeier mit Gesang, Theater und gutem Essen. Vom Brauchtumsverein und der AG Kulturhuus sagten Sonja Eiche und Mundartdichter Markus Manfred Jung Dank für Tradition, Brauchtum und Gastlichkeit – für „e Plätzli zum Zämmechoo“.

Da Hansjörg und Ute Kropf immer für ihre Gäste da sein mussten und nie zum Brauchtumsfest oder zum Brauchtumsmarkt kommen konnten, wurden sie mit „VIP-Namensschildern“ zu beiden Festen eingeladen – freier Eintritt, sowie Essen und Trinken, Kaffee und Kuchen eingeschlossen. Noch einmal erschallten zu späterer Stunde die Lieder des Gesangvereins. Hansjörg Kropf gesellte sich zu den Sängern und sang mit, Ute Kropf wagte gar ein Tänzchen mit Markus Manfred Jung.

Fragt man weiter, was den Adler ausgemacht hat, so hört man dies: Es sei immer so persönlich gewesen, so herzlich, hier konnte man sein wie man ist, hier konnte man reden wie einem der Schnabel gewachsen ist. Hier hat man die Feste gern gefeiert– oft bis weit nach Mitternacht. Eine Ära geht zu Ende – die schönen Erinnerungen bleiben. Die Wirtsleute betonten aber: „Auch weiterhin ist jeder willkommen bei uns reinzuschauen.“ Und ein weiterer kleiner Trost bleibt: die guten, selbstgebrannten Schnäpse – auch die besonders feinen „Alten“, die gelagerten „Goldpflümli“, „Blaupflümli“, „Jaköbli“ und Quittengeister soll es weiterhin geben.

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