Frage: Dafür liegt nun die eine oder andere Medaille mehr bei Ihnen in der Vitrine.
Das ist wohl wahr. Dieses Jahr war das erfolgreichste meiner bisherigen Karriere. Bronze bei der U23-WM, Silber bei der U23-EM, dazu Gold bei der Studenten-WM. Es hat irgendwie alles gepasst. Nicht vergessen darf man auch, dass ich zum ersten Mal für die Europameisterschaft der Frauen nominiert wurde. Dort konnte ich dann immerhin eine Runde überstehen.
Frage: Was ist denn die größte Herausforderung, die eine solche lange Wettkampfsaison mit sich bringt?
Es geht darum, die Motivation in all den Wochen und Monaten nicht zu verlieren. Es gilt, die Spannung hochzuhalten, sich immer wieder aufs Neue zu pushen. Nehmen wir die Studenten-WM in Brasilien. Auch da hatte ich nach dem Wettkampf ja erst einmal frei, hängte noch eine Woche Urlaub in Südamerika dran. Aber weil ja noch eine internationale Meisterschaft anstand, gelang es in dieser Zeit nicht, ganz loszulassen. Das funktioniert einfach nicht, wenn man weiß, dass da noch etwas kommt. Jetzt, nachdem die U23-WM Geschichte ist, ist bei mir eine große Last abgefallen.
Frage: Wenn Sie jetzt nach einer gewissen Zeit auf die Titelkämpfe, ja vielleicht auf einzelne Kämpfe zurückblicken, gibt es da etwas, was Sie anders machen würden?
Klar, es gibt immer etwas, was man besser oder anders machen könnte. Da fällt mir grad auch das Halbfinale von Bukarest ein. Ich finde, ich habe zu deutlich verloren, dabei war die Japanerin nicht unbesiegbar. Ich lag zur Pause mit 0:1 zurück, dann bin ich volles Risiko gegangen. Die Gegnerin hat da jeden Fehler ausgenutzt. Am Ende stand es 1:8. Im Nachhinein würde ich den Kampf etwas anders angehen. Aber im Großen und Ganzen bin ich natürlich zufrieden. Ich ziehe auch aus Niederlagen immer das Positive heraus, um wieder neue Motivation zu holen. Das zählt auch für die Frauen-EM. Da konnte ich ja immerhin einen Kampf gewinnen.
Frage: Es war Ihr erster Auftritt bei den Aktiven. Was haben die Frauen den Junioren voraus? Was ist der große Unterschied?
Da wäre zum einen die internationale Erfahrung. Die Ringerinnen haben schon einige Wettkämpfe und Turniere mehr auf dem Buckel. Und zum anderen ist es das Physische. Die Frauen sind kräftiger, körperlich überlegen. Das versuche ich nun, über Trainingsfleiß aufzuholen.
Frage: Neben den unzähligen Stunden auf der Matte des Olympiastützpunktes, bei Lehrgängen oder auf Reisen gilt es noch, das Studium mit dem Sport unter einen Hut zu bringen.
Das stimmt. Ich studiere in Freiburg Psychologie. Morgens ist Kraft- oder Lauftraining angesagt, dann die Vorlesung an der Uni und abends das Mattentraining im Olympiastützpunkt. Damit ich das alles hinbekomme, werde ich das Studium auch etwas strecken. Den Bachelor mache ich nach acht statt nach sechs Semestern. Stressig wird es ab und an, wenn Klausuren anstehen. Da geht es dann schon einmal direkt vom Konditionslehrgang zur Prüfung. Aber ich muss schon sagen, dass die Uni in Freiburg da sehr kooperativ ist. Da gibt es dann die eine oder andere Sonderregelung für mich.
Frage: Blicken wir trotz der kleinen Erholungspause momentan auf das kommende Jahr. Was steht da auf Ihrer Agenda?
Ich bin total motiviert. Ich werde zwar noch in der U23 mitringen, möchte mich aber immer mehr bei den Frauen etablieren. Mein Ziel ist es, bei der Weltmeisterschaft der Frauen teilzunehmen, die ja auch das erste Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele ist. Die ersten Sechs in jeder Gewichtsklasse lösen das Ticket für Tokio.
Frage: Ist Olympia Ihr Ziel?
Natürlich. Dafür trainiere ich hart. Ob es jedoch schon für 2020 reicht, das steht noch in den Sternen. Das wäre ja auch wirklich sehr früh. Ich mache mir da keinen Druck. Realistischer wären da schon die Spiele 2024 in Paris.
Frage: Von Paris nach Eichsel. Wie oft Sie sind noch in der Heimat anzutreffen?
Ich versuche schon regelmäßig nach Hause zu kommen. Vielleicht jeden Monat einmal? Es kommt auch immer darauf an, ob ich gerade für die Uni lernen oder Gewicht machen muss. Beides fällt mir in Freiburg leichter. Daheim in Eichsel ist der Kühlschrank immer voll, da muss man sich schon sehr am Riemen reißen, auch wenn meine Familie doch viel Rücksicht auf mich nimmt.