Rümmingen Das Kandertal in knapp 20 Jahren

Weiler Zeitung
Die Reaktivierung der Kandertalbahn als S-Bahn-Strecke ist den Beteiligten am Raumkonzept Kandertal wichtig.Fotomontage: zVg Foto: Weiler Zeitung

Raumkonzept: Weichen für die weitere Entwicklung gestellt / Verdichtung und mehr Nahverkehr

Mithilfe des Raumkonzepts Kandertal 2040 sollen die Weichen gestellt werden für die weitere Entwicklung der Region in den Bereichen Siedlung, Verkehr und Landschaft. Bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung, die corona-bedingt als Videokonferenz stattfand, wurde das Konzept jetzt vorgestellt.

Von Adrian Steineck

Kandertal. Als „Teilabschluss eines beispielgebenden interkommunalen Konzepts“ bezeichnete Landrätin Marion Dammann die präsentierten Ergebnisse. Das Raumkonzept Kandertal 2040 ist in zweijähriger Zusammenarbeit von den Gemeinden des Kandertals – Binzen, Kandern, Malsburg-Marzell, Rümmingen, Schallbach und Wittlingen – unter Beteiligung der Gemeinderäte und Bürger gemeinsam mit dem Regionalverband Hochrhein-Bodensee, dem Landkreis Lörrach und der Agglo Basel erstellt worden. Es beinhaltet Leitvorstellungen für die Zukunft des Kandertals.

Ziel war es, die Bereiche Siedlung, Landschaft und Verkehr in gleichem Maße einzubeziehen und aufeinander abzustimmen, wie Roman Frick von der Unternehmensberatung Infras in Zürich sagte. Er präsentierte die Ergebnisse gemeinsam mit Lena Riedl vom Büro HHP Raumentwicklung in Rottenburg am Neckar.

Vorhergehende Analyse

Frick ging auf die dem Konzept vorhergehende Analyse ein. Mithilfe von Geländebegehungen, der Auswertung verfügbarer Planungsgrundlagen, Interviews mit den Bürgermeistern der sechs Kommunen und anderer Hilfsmittel habe man den Ist-Zustand im Kandertal erfasst. Auf der Ist-Seite stünde demzufolge eine attraktive Wohnlage in landschaftlich reizvoller Umgebung mit Nähe zu Arbeitsplatzzentren in Weil am Rhein, Lörrach und Basel. Auf der Malus-Seite aber wurden die ungenügende Versorgungssituation in vielen Ortsteilen, ein hoher Siedlungsdruck insbesondere in Bereichen des Vorderen Kandertals sowie die geringe Anzahl von Arbeitsplätzen verbucht. Auch ein unattraktiver öffentlicher Nahverkehr und damit einhergehend eine starke Belastung durch den motorisierten Individualverkehr (MIV) wurden als Kritikpunkte genannt.

Auf der Basis dieser Analyse wurden anschließend drei Teilkonzepte erstellt.

Teilkonzept Siedlung

Beim Teilkonzept Siedlung soll Innen- vor Außenentwicklung gehen, wie Riedl den zugeschalteten knapp 50 Zuhörern erläuterte. Bei der Außenentwicklung solle auf eine höhere Dichte, also eine höhere Einwohnerzahl pro Hektar Fläche, gesetzt werden. Diese könne etwa durch Reihenhäuser wie auf dem Kanderner Tonwerkeareal erreicht werden.

In Binzen liegt die derzeitige Dichte bei 59 Einwohnern pro Hektar, zukünftig werde aber eine Dichte von 120 bis 150 Einwohnern angestrebt. „Die bestehenden Wohnbauflächen und Innenentwicklungspotenziale reichen bei Nutzung der angestrebten Dichtewerte prinzipiell aus, um die prognostizierten Bevölkerungszahlen bis 2035 zu decken“, sagte sie. Derzeit leben in den sechs Kandertalgemeinden gut 16 000 Menschen, bis zum Jahr 2035 wird eine Steigerung auf 17 700 Einwohner erwartet.

Handlungsempfehlung

Vorrangig bei der weiteren Entwicklung ist laut Riedl auch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, um die Ansiedlung junger Familien zu begünstigen. Auch der Schaffung identitätsstiftender Ortskerne komme eine hohe Bedeutung zu.

Als Maßnahmenschwerpunkte und Handlungsprogramm wurden die konsequente und qualitätsvolle Nachverdichtung, die schrittweise Entwicklung neuer Baugebiete mit hohen Wohndichten, die Weiterentwicklung und Aufwertung der Ortskerne, die Umstrukturierung von Gewerbegebieten sowie die Verdichtung und Belebung der Bahnhofsgebiete genannt.

Teilkonzept Landschaft

Beim Teilkonzept Landschaft geht es in erster Linie um die Erhaltung bestehender Grünraumqualitäten sowie den Ausbau und die bessere Vernetzung der Wander- und Radrouten, wie Frick erläuterte. Grünraumqualitäten erhalten ließen sich unter anderem durch multifunktionale Erholungsräume und eine fachgerechte Pflege.

Frick ging auch auf das Entwicklungskonzept „Grüne Pausen Vorderes Kandertal“ ein, das von den Gemeinden Binzen, Rümmingen und Wittlingen betrieben wird. Dessen Ziel ist es unter anderem, die jeweilige Identität zu wahren und ein „Zusammenwachsen“ der Kommunen zu verhindern.

Für den Erhalt von Kulturlandschaft sei es unter anderem wichtig, etwa Direktvermarkter zu fördern und Akteursnetzwerke zu initiieren.

Teilkonzept Verkehr

Zentral beim Raumkonzept Kandertal ist der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Dieser kann laut Frick etwa durch starke Busachsen und einen konsequenten Ausbau des Fahrradnetzes erreicht werden. Beim Busnetz müsse auf eine Taktverdichtung und Systematisierung der bestehenden Linien und einen Ausbau der Abendangebote gesetzt werden. Auch ein Ausbau der sogenannten tangentialen Linien – also jener nach Lörrach, Brombach und Schliengen – sei notwendig, ebenso der Ausbau des Busangebots in der Berggemeinde Malsburg-Marzell.

Kandertalbahn ein Thema

Auch die Reaktivierung der Kandertalbahn könne zukünftig eine große Rolle spielen. Der Landkreis Lörrach beteiligt sich an einer Machbarkeitsstudie und stellt dafür Haushaltsmittel in Höhe von 60 000 Euro bereit.

Fragen und Anmerkungen

Bezüglich der Kandertalbahn machte Peter Völker (IG Pro Kandertalbahn) deutlich, dass die Strecke beim Landesverkehrsministerium als potenzielle S-Bahn-Strecke hohe Priorität genieße. Ein Teilnehmer bekannte, er sei „enttäuscht von der Politik“. Bereits im Juli 2015 habe es in Wollbach eine Veranstaltung zur Reaktivierung der Kandertalbahn gegeben, seither aber sei in dieser Richtung nichts passiert.

Binzens Bürgermeister Andreas Schneucker ging auf die Themen Klimaschutz und Photovoltaik ein. In diesem Zusammenhang erinnerte Sebastian Kaltenbach aus Wittlingen daran, dass beim Ausbau der Photovoltaik mitunter auch der Denkmalschutz entgegenstehe.

Moderiert wurde die Videokonferenz von Rümmingens Bürgermeisterin Daniela Meier.

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