Rümmingen Helferkreise brauchen Vermittler

Alexandra Günzschel
Sie diskutierten über die Möglichkeiten in der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit: (v. l.) Bürgermeisterin Daniela Meier, Dirk Oesselmann, Moustafa El Kady, Jürgen Rausch und Gudrun Schubert. Foto: Alexandra Günzschel

Flüchtlinge: Rege Diskussion über Grenzen und Möglichkeiten ehrenamtlicher Betreuer.

Rümmingen - Die Hilfsbereitschaft war groß, als vor drei Jahren Hunderttausende innerhalb kurzer Zeit nach Deutschland kamen. Mittlerweile jedoch hat bei einigen Helfern eine gewisse Ernüchterung eingesetzt. In den Gemeinden des Vorderen Kandertals ging jetzt eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Richtig helfen“ in Zusammenarbeit mit dem SAK Lörrach zu Ende.

„Wir könnten das alleine nicht stemmen und sind dankbar für die Helferkreise“, erklärte zur Begrüßung Bürgermeisterin Daniela Meier stellvertretend für viele Kommunen. Zusammengekommen war man diesmal im evangelischen Gemeindehaus in Rümmingen. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Jürgen Rausch vom SAK.

Speziell für Ehrenamtliche, die an ihre Grenzen gekommen sind, war die Veranstaltungsreihe gedacht. „Wir erheben nicht den Anspruch zu sagen, wie man richtig helfen kann“, stellte Rausch klar. Vielmehr ging es darum, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Auf dem Podium hatten diesmal drei Experten Platz genommen: die promovierte Islamwissenschaftlerin Gudrun Schubert von der Schubert-Durand-Stiftung, der gebürtige Ägypter Moustafa El Kady aus Freiburg, der auch für das BAMF arbeitet sowie der Theologe Dirk Oesselmann von der evangelischen Hochschule Freiburg.

Ziel des Helfens sollte es sein, den anderen zur Selbstbestimmtheit zu befähigen: Mit dieser These eröffnete Rausch die Diskussion.

„Das ist schon ein sehr hohes Ziel“, meinte dazu Gudrun Schubert. Das gehe erst dann, wenn sich jemand in die neue Gesellschaft ein Stück weit eingefunden habe. Schubert wies auch auf die Erlebnisse, Erfahrungen und enttäuschten Hoffnungen hin, die Geflüchtete oftmals mitbringen würden.

El Kady betonte die Bedeutung des Spracherwerbs für die Integration, sah es aber auch als politisch verursachtes Versäumnis für die Selbstbestimmtheit an, dass Flüchtlingen in Deutschland der Zugang zum Arbeitsmarkt oft schwer gemacht werde.

Diskutiert wurde zudem über die oftmals patriarchalischen Strukturen in Flüchtlingsfamilien, die nach ihrer Ankunft in Deutschland auf den Kopf gestellt würden, wenn etwa die Kinder, weil sie zur Schule gehen, sich bald schon besser im neuen Land zurechtfinden als ihre Eltern. Insbesondere Familienväter würden oft in Passivität verfallen, nicht selten wollten sie dann zurück in ihr Heimatland.

„Helfen ist ein Beziehungsaufbauakt, Vertrauen muss hergestellt werden“, sagte Dirk Oesselmann. Das Menschliche im Anderen zu erkennen sah er dafür als eine wichtige Grundlage an.

Schubert und einige der anwesenden Ehrenamtlichen bemerkten dazu, dass sie oft ganze Familien betreuen würden, und dies deshalb nicht immer so einfach sei. Ohnehin hielt Schubert eine Mittelsperson, die mit beiden Kulturkreisen vertraut ist, für elementar, um eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen zu können. El Kady und Oesselmann stimmten ihr darin zu. Oesselmann hielt es auch für wichtig, die eigenen Erwartungen auf den Prüfstand zu stellen. Seien sie zu hoch, führe dies zwangsläufig zu Frustrationen.

„Wir sollten auch klar machen, dass Helfen keine Einbahnstraße ist“, betonte El Kady. Man dürfe Abhängigkeiten nicht fördern.

Rausch sprach sogar von einer Entmündigung, die vermieden werden müsse. „Diese Menschen haben viel auf sich genommen und können sich organisieren“, stellte er fest.

„Wenn Sie helfen wollen, tun sie es von Herzen und geben Sie nicht auf“, wandte sich El Kady mit einem Ratschlag an die interessierten Ehrenamtlichen.

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