Ich finde es wichtig, schon auf kommunaler Ebene ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen und zu fördern. Es gibt dort so viele Begegnungsmöglichkeiten.
Ich habe vor kurzem im Duden die Definition für Gesellschaft nachgelesen. Ich finde sie unvollständig, da der Gemeinschaftsaspekt fehlt. Eine Gemeinschaft ist auch ein emotionales Gefühl. Es ist das, wo man Zuhause ist, womit man vor allem Traditionen und Werte verbindet; kommunale Identität neben einer nationalen und europäischen.
Frage: Am 26. Mai sind ja auch Europawahlen. Was halten Sie von der europäischen Gemeinschaft?
Ich habe im Rahmen meines Abiturs eine Seminararbeit zum Thema „Die Europäische Union – eine Utopie?“ geschrieben. Ich denke, dass sich viele mit einer zusätzlichen, europäischen Identität überfordert fühlen: Die eigene Kommune, Baden-Württemberg, Deutschland und Europa. Und schlussendlich ist die Kommune der Ort, wo wir jeden Tag wieder hin zurückkommen.
Ich sehe die europäische Wertegemeinschaft aber eindeutig positiv und gerade die SPD hat auf europäischer Ebene viele Themen aufgegriffen, die für junge Leute wichtig sind, etwa Digitalisierung oder ökologischer Wandel. Für viele junge Menschen ist Europa Realität und Gefühl, und das müssen wir doch so unbedingt bewahren.
Frage: Sie haben nach dem Abitur eine zweimonatige Sprachreise in Südkorea absolviert. Was hat Sie dorthin geführt?
Wegen der Spannungen zwischen Nordkorea und den USA habe ich angefangen, mich für die Politik, Kultur und Gesellschaft dort zu interessieren.
Auf so einer Reise lernt man aber auch viel über die eigene Kultur und darüber, was einen ausmacht.
Frage: Wie meinen Sie das?
Unsere europäischen Wurzeln liegen in der Antike, im Christentum, in der Aufklärung. In Südkorea wurden die Menschen eher durch den Konfuzianismus geprägt. Um die Unterschiede der Menschen verstehen zu lernen, muss man „das Andere“ eigentlich erleben.
Frage: Wie macht sich das im Alltag bemerkbar?
Zum Beispiel beim Frauenbild. Vor kurzem habe ich bei den Jusos einen Vortrag über Feminismus und Frauen in Südkorea gehalten.
Man sollte aber objektiv und vor allem tolerant an kulturelle Vergleiche und Perspektivenwechsel herangehen. Gesellschaftliche Entwicklungen als rückschrittlich zu bezeichnen, zeugt von einem Überlegenheitsgedanken, der schlicht falsch ist.
Frage: Sie wollen die Unterschiede also nicht bewerten?
Genau. In der Oberstufe am Gymnasium hat mich der Politik-, Ethik- und Philosophieunterricht in der Hinsicht stark geprägt. Platons Höhlengleichnis zum Beispiel hat bei mir da viel ausgelöst. Ich bin sehr angetan von einem Verständnis von Bildung als Befreiungswerkzeug.
Frage: Was haben Sie aus Ihren Auslandsaufenthalt mitgenommen?
Ich habe unglaublich viele Freundschaften geschlossen und weiter begriffen, dass voneinander Lernen einen unglaublich großen Wert hat.
Frage: Kommen wir zurück zum Ortsverband. Hat der Wahlkampf dort schon Einzug gehalten?
Wir sind alle unheimlich motiviert und sammeln Ideen. Dafür stehen wir auch im Austausch mit anderen Ortsvereinen.
Frage: Die meisten anderen Mitglieder dürften sehr viel älter sein als Sie.
Ja, deshalb hatte ich am Anfang auch ein wenig Bedenken. Aber ich werde ganz und gar nicht als das kleine Mädchen behandelt.
Wir sind ein richtig gutes Team. Jeder bringt seine Ideen ein und man inspiriert sich gegenseitig.
Frage: Denken Sie, ihr jetziges Engagement ist der Anfang einer politischen Karriere?
Ich finde es wichtig, mich auf kommunaler Ebene einzubringen. Engagement auf höherer Ebene kann ich mir jedoch nicht wirklich vorstellen.
Momentan ist mein Traum vielmehr, wissenschaftliche Forschungsarbeit zu einer potenziellen koreanischen im Vergleich zur deutschen Wiedervereinigung zu machen.