Schallbacher, Rümminger und Eimeldinger protestieren Bus-Demo als ein Akt der Verzweiflung

Daniel Hengst
Nicht ganz 200 Bürger versammelten sich vor dem Lörracher Landratsamt. Viele davon hatten sich mit Plakaten ausgestattet und wandten sich gegen eine falsche Mobilitätswende, gegen Eltern-Taxis und forderten Bürgernähe sowie einen besseren ÖPNV. Foto: Daniel Hengst

Der Landkreis Lörrach hat mit der Planung für ein neues Liniennetz begonnen. Die ersten Pläne bringen fast 200 Einwohner aus Schallbach, Rümmingen und Eimeldingen auf die Straße, die für ihre Gemeinden deutliche Verschlechterungen sehen.

Knapp 200 Personen kamen am Mittwochnachmittag vor das Landratsamt, um vor der Kreistagssitzung gegen die geplanten Verschlechterungen im ÖPNV zu demonstrieren. Vor allem aus Schallbach, Rümmingen und Eimeldingen kamen die Einwohner, die um ihre Direktverbindungen nach Lörrach, Weil am Rhein und Efringen-Kirchen bangen. Im Kreistag gehen am Mittwoch die Beratungen über den künftigen Zuschnitt im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) weiter.

Die rege Beteiligung auf dem Platz vor dem Lörracher Landratsamt findet die frühere Rümminger Bürgermeisterin Daniela Meier, welche für die Freien Wähler (FW) im Kreistag sitzt, „richtig gut“. Es sei richtig, bereits jetzt, zu einem frühen Zeitpunkt, seinen Unmut zu äußern. „Die Resonanz ist für einen Wochentag, noch dazu an einem Nachmittag, sehr gut“, sagt Meier. Als frühere Bürgermeisterin einer betroffenen Gemeinde kennt sie die Problematik und sagt in Richtung Landkreis: „So nicht!“ Sie selbst habe sich sehr intensiv eingelesen und müsse sagen, dass dies „keine Verbesserung ist, sondern eine Verschlechterung“.

Vor allem aus Schallbach kommen die Demonstranten, denn die Gemeinde soll von der direkten Verbindung mit Kandern, Rümmingen und Weil am Rhein abgehängt werden. Entsprechend hatte Christian Iselin die Demonstration angemeldet und mit seinen Amtskollegen Joana Carreira (Rümmingen) und Oliver Friebolin (Eimeldingen) organisiert.

Foto: Daniel Hengst

Den Bürgern auf dem Platz stellt sich Ulrich Hoehler. Das Bestreben des Landkreises sei es, den ÖPNV zu verbessern. „Wir gehen den Weg einer Schnellbuslinie“, erklärt der Erste Landesbeamte aus dem Lörracher Landratsamt. Eine Linie einen Umweg fahren zu lassen koste Geld und Zeit. Sollte es durch die Kreisfinanzen nicht möglich sein, die Querverbindungen besser auszustatten, müsse eine politische Entscheidung getroffen werden. „Ich glaube nicht, dass die Kreispolitik Sie ignoriert“, sagte er als zuständiger Dezernent für Mobilität, Umwelt und Strukturpolitik.

Eine unzufriedene Bürgerin ergreift das Wort am Mikrofon. Der Aufmarsch zeuge nicht, wie Hoehler meine, von großem Interesse: „Das ist ein Akt der Verzweiflung!“ Auf diese Art und Weise könne nicht auf die Zukunft gebaut werden.

Die Kleinen sollten nicht vergessen werden, befindet Diana Duhalt-Nestle. Es könne nicht sein, dass Bürger möglichst auf das Auto verzichten sollten, dann aber der ÖPNV keine ausreichende Versorgung biete. „Es muss auch an uns gedacht werden, die kein Auto besitzen“, sagt die Gemeinderätin der Freien Wähler aus Binzen. Derzeit gebe es einen Stundentakt, jede halbe Stunde wäre aber besser.

Busfahren macht Kinder eigenständiger

Ebenfalls aus Rümmingen kommt Raphael Beil, welcher die Busanbindung für die Selbstständigkeit der Kinder als wichtig erachtet. Es sei nicht sinnvoll, die Kinder überall mit den Auto hinzufahren, meint der 35-Jährige, der als Jugendreferent beim CVJM arbeitet.

Jetzt könne er noch Auto fahren, aber er werde wie alle andern nicht jünger, befindet Horst Rösch. „Wir alle brauchen einen guten ÖPNV und wollen nicht sitzengelassen werden“, sagt der 73-jährige frühere Schallbacher Gemeinderat.

Das Schnellbus-Konzept kommt nicht nur in Schallbach schlecht an. Für vier Minuten Zeitersparnis werde Schallbach abgehängt. Foto: Daniel Hengst

Zwar habe sie selbst ein Auto, aber sie wolle ihr „Dorf unterstützen“. Es könne nicht sein, dass sie drei Stunden früher los müsse, wenn ihr Auto kaputt sei und sie den Bus brauche, nur damit sie rechtzeitig an ihrer Stelle ankomme, wo sie ein Praktikum absolviere klagt Lara-Sophie Maier. Ihr Bruder müsse von Schallbach nach Schopfheim auf die Schule, das bedeute künftig einen höheren Zeitaufwand, erklärt die 19-jährige Schallbacherin.

Foto: Daniel Hengst

Gerade das Umsteigen habe seine Tücken. „Mein Sohn geht in Lörrach zur Schule. Gerade wenn Nachmittagsunterricht ist und er umsteigen muss, verpasst er häufiger den Anschluss“, beschreibt Anja Sutterer aus Eimeldingen die Situation – dann müsse sie ihn mit dem Auto holen. „Es sind auch schon Züge gestrichen worden und andere Buslinien“, sagt sie und verwies auf die immer schlechter werdenden Verbindungen.

ÖPNV-Angebot wird seit Jahren schlechter

Früher sei er aus Schallbach tagtäglich mit dem Fahrrad zur Schule, weil es keinen Bus gab, sagte Hugo Kornmeier aus Schallbach. „Das möchte ich meinen Enkelkindern ersparen“, erklärt der 68-Jährige, der zusammen mit anderen die Demonstranten mit Punsch und Glühwein wärmende Getränke anbot.

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