Für das Eisenbahn-Ingenieurbüro SMA referierte Projektleiter Gösta Niedderer im Umweltausschuss des Landkreises darüber, wie es zu dem Wandel gekommen ist.
Die Reaktivierung der stillgelegten Kandertalbahn wurde vor zwei Jahren noch als völlig unwirtschaftlich eingestuft. In der jüngsten Studie wird eine Wiederinbetriebnahme der Linie plötzlich als rentabel bewertet.
Für das Eisenbahn-Ingenieurbüro SMA referierte Projektleiter Gösta Niedderer im Umweltausschuss des Landkreises darüber, wie es zu dem Wandel gekommen ist.
„Damals“, hob Niedderer an, also 2022, sei bei seinen Berechnungen von Kosten und volkswirtschaftlichem Nutzen bei der Kandertalbahn ein Wert von mageren 0,28 Prozent herausgekommen. Bei einem positiven Nutzen-Kosten-Indikator – 1 oder höher – wird bescheinigt, dass sich das Projekt nach derzeitigem Kenntnisstand voraussichtlich wirtschaftlich umsetzen lässt.
Das vorläufige Ergebnis der Machbarkeitsstudie wurde 2022 vorgestellt. Die Berechnungen des Nutzen-Kosten-Indikators kam zu einem Wert von 0,28. Heißt: Eine Reaktivierung wäre absolut unwirtschaftlich.
Parallel hierzu wurden 2022 die neuen Regeln der Bewertung vom Bundesverkehrsministerium veröffentlicht. Nach diesen wurde eine deutliche Verbesserung des Ergebnisses in Aussicht gestellt. Vor diesem Hintergrund wurde die Ingenieurfirma SMA Ende 2023 mit der Erstellung einer zweiten Untersuchung beauftragt. „Wir haben also jetzt eine andere Ausgangslage“, erläuterte Niedderer dem Ausschuss.
Vor allem macht sich eine höhere CO²-Bepreisung bemerkbar. Wenn das Treibhausgas nicht nur mit 150 Euro sondern 670 Euro je Tonne bepreist wird, könnte die Strecke eventuell wirtschaftlich betrieben werden. Eine komplett neue Bahnlinie kostet nach derzeitigem Stand gut 45 Millionen Euro.
Der Experte legte drei verschiedene Szenarien zugrunde.
Im ersten Fall werden Lörrach und Basel im 30 Minuten-Takt von künftigen Zügen angesteuert. Hier kommt SMA auf einen positiven Wert von 1,22, also wirtschaftlich machbar. Im zweiten angenommenen Fall wird die Strecke nicht elektrifiziert und mit teuren Batteriezüge betrieben. Wert: 0,93, also knapp unrebtabel. Im dritten Fall, ein 60-Minuten-Takt nach Lörrach, ergebe sich der Wert 1,10 bei sinkender Attraktivität und Daseinsvorsorge für die Talbewohner.
Erster Landesbeamter Ulrich Höhler beschrieb die geplante Marschrichtung: Jetzt sollen alle beteiligten Gemeinden von Weil bis Kandern – rund 10 000 Einwohner – mit ins Boot geholt und in Info-Veranstaltungen in Kenntnis gesetzt sowie ein Meinungsbild zur Reaktivierung der Strecke abgefragt werden.
Gudrun Heute-Bluhm, CDU, kommentierte, man könne dem Bürger die Neuberechnung der projektierten Bahnlinie von negativ zu positiv „nicht einfach klar machen“. Auch seien nicht alle anliegenden Gemeinden begeistert von den Plänen.
Klaus Eberhardt, SPD, skizzierte süffisant die Entwicklung: „Das ist das dritte Mal in 15 Jahren, dass wir einen neuen Wert zur Wirtschaftlichkeit erhalten.“ Eine Steigerung des Wirtschaftlichkeitsfaktors um das Vierfache – bei gleichbleibender Streckenlänge von 13 Kilometern, gleicher Einwohnerzahl und Technik – das sei bemerkenswert.
Daran schloss er aber seinen Wunsch eines 30-Minuten-Taktes als Gewinn für die Bürger an. Für die Grünen verwies Gerhard Zickenheiner auf die Erfolgsgeschichte der Wiesentalbahn: „Wir wollen das gleiche für das Kandertal.“ Die AfD hatte Bedenken bezüglich der Studie und möchte keine „Schönrechnerei“.
Ein höheres Tempo bei der Reaktivierung der Kandertalbahn forderten Peter Schalajda (Grüne) und Daniela Meier (Freie Wähler), aber Landrätin Marion Dammann und Ulrich Höhler traten auf die Bremse.
Sie wollen zunächst ein genaues Stimmungsbild im Tal einholen. Er habe Skepsis zu dem Projekt vernommen, meinte Höhler. Die Bürger sollen aber mitgenommen werden. Dammann ergänzte: „Wir wollen angesichts unserer Haushaltslage kein Geld versenken.“
So beschloss der Kreis-Ausschuss letztlich bei einer Enthaltung mit klarer Mehrheit das weitere Vorgehen, nämlich zunächst Informationsveranstaltungen zur möglichen Reaktivierung der Kandertalbahn.