Schliengen Fürsten und Präsidenten zu Gast

Weiler Zeitung
Ansichtskarte von Bürgeln um das Jahr 1900Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Serie 100 Jahre Bürgeln-Bund: Teil 1: Die Gründung des „Bürgeln-Bundes“ / Obereggenen kauft Schloss

„Z’Bürglen uf der Höh, nai, was cha me seh! Oh, wie wechsle Berg un Tal, Land un Wasser überal, z’Bürglen uf der Höh!“, heißt es in Johann Peter Hebels Gedicht „Der Schwarzwälder im Breisgau“. Vor 100 Jahren gründete sich der Bürgeln-Bund und kümmert sich seither um die „gute Stube“ des Markgräflerlands.

Schliengen-Obereggenen. Die Planungen für die Jubiläumsfeierlichkeiten liegen derzeit coronabedingt auf Eis. Bürgeln-Kenner Anton-Josef Martin blickt in einer sechsteiligen Serie für unsere Zeitung auf die Geschichte des Vereins von der Gründung bis zur Gegenwart zurück. Der erste Teil befasst sich mit der Gründung des Bürgeln-Bunds.

Kauf für die Allgemeinheit

Im März 1920 erschien im „Kandertäler Tagblatt“ ein Leserbrief. Sein Verfasser war der junge Obereggener Bürgermeister Hermann Bermeitinger. Er stellt in seiner Zuschrift die Frage, ob man Schloss Bürgeln nicht für die Allgemeinheit erwerben solle, es sei gerade wieder einmal verkauft worden. Ein kühner Gedanke so kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs, zumal sich der Kaufpreis auf 435 000 Mark belief. Doch unerwartet stieß Bermeitingers Leserbrief auf große Resonanz im Markgräflerland. Wenn man das verstehen will, muss man sich kurz mit der Geschichte und Bedeutung Bürgelns für das Markgräflerland befassen.

Die Bedeutung Bürgelns

Jeder Markgräfler Bürger kannte Bürgeln und war schon oben auf dem Schloss, denn bereits die Schüler kamen mit dessen Geschichte in Berührung. 700 Jahre residierte hier das Benediktinerkloster St. Blasien als größter Grundbesitzer im Markgräflerland. Generationen von Bauern waren dem Kloster gegenüber steuerpflichtig. Auch nach dessen Auflösung 1807 blieb das Gefühl der engen Verbundenheit, wie ein Markgräfler einmal treffend bemerkte: „Schließlich haben unsere Vorfahren das Schloss durch ihre Abgaben bezahlt!“ Da ist schon was Wahres dran.

Nach 1807 fiel das Gebäude an den Badischen Staat, der es an einen Landwirt weiterverkaufte. Doch dessen Schwiegersöhne fanden die Landwirtschaft hier oben zu beschwerlich und erkannten die Zeichen der Zeit: in Badenweiler wurde ein Grandhotel errichtet, das „Römerbad“, des weiteren waren Adelige und reiche Bürger der Gründerzeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterwegs auf Schwarzwaldhöhen.

Bürgeln wurde zur Anlaufstelle und Pension für diese Gäste und Wanderer, und zwischen all diesen tummelten sich neugierig die Markgräfler und staunten. In den Übernachtungsbüchern kann man heute noch diese illustren Reisenden aus ganz Europa finden, Fürsten aus Russland, Engländer auch aus Schloss Windsor, aber auch Generäle, die 1870 den deutsch-französischen Krieg geplant haben. Dazwischen der junge Franklin D. Roosevelt, der es später bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten brachte.

Bürgeln wird zugesperrt

Als der Besitzer und Wirt Karl Friedrich Brenner 1912 starb, hat seine Familie das Schloss veräußert. Der neue Besitzer schloss die Wirtschaft und erlaubte keinen Besuch des Anwesens mehr. Der Schock saß tief im Markgräflerland: Bürgeln zugesperrt! Doch bereits 1920, kurz nach dem Krieg, gab die neue Besitzerfamilie das ziemlich verfallene Anwesen wieder auf und verkaufte es weiter. Bürgermeister Bermeitinger vollzog im Rathaus Obereggenen den Kaufvertrag. Doch wohl war es ihm nicht dabei. Kurz danach schrieb er den bereites erwähnten Leserbrief.

Anteilsscheine für Kauf

Dann ging alles sehr schnell. Der Lörracher Oberbürgermeister Dr. Erwin Gugelmeier nimmt sich der Sache an. Er aktiviert Politiker, Bürger und Künstler und gewinnt in kurzer Zeit eine breite Zustimmung für das Vorhaben, Bürgeln zu erwerben. Seine Idee: Obereggenen solle Bürgeln als Treuhänderin über das Vorkaufsrecht erwerben und er werde einen Verein gründen, der den Kaufpreis über die Zeichnung von Anteilscheinen aufbringen werde. Ohne eine Mark vorzuweisen, überzeugt Gugelmeier die Beamten im Arbeitsministerium in Karlsruhe und erhält für Obereggenen das Vorkaufsrecht. Und noch vor der Vereinsgründung hat er einen gezeichneten Betrag von 465000 Mark an Anteilscheinen zusammen. Ein kleines Wunder.

Die Tore Bürgelns standen wieder offen, Bürgeln gehörte jetzt den Markgräfler Bürgern, Bürgeln war gerettet. Doch der Schreck kam bei der Besichtigung: Das Gebäude war baufällig, die Böden vom Hausschwamm zersetzt und die Dächer undicht – und kein Geld mehr in der Vereinskasse. Was nun? Gibt es nochmals ein kleines Wunder?

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