Schliengen Höreindrücke mit viel Hintergrund

Dorothee Phillipp
Symphonisch, konzertant, mitreißend: Der Musikverein Schliengen bei seinem Frühjahrskonzert. Foto: Dorothee Phillipp

Frühjahrskonzert: Jugendorchester und Hauptorchester überzeugen mit musikalischer Bandbreite.

Schliengen - Zum Frühjahrskonzert zeigten sich die beiden Orchester des Schliengener Musikvereins in allerbester Form. Das Publikum im voll besetzten Bürger- und Gästehaus konnte einen Abend genießen, bei dem symphonisch Konzertantes, Jazz und Swing, Latin und klassische Marschmusik geboten wurden.

Mit „Imperium“ stimmte das Jugendorchester auf das Konzert ein. Filigran ausgearbeitete Rhythmen und wohlproportionierte Klangteppiche schufen eine Sphäre des Erhabenen. Dirigent Frieder Reich hatte in der unglaublich kurzen Zeit von nur zwei Monaten mit dem Jugendorchester den kompletten Konzertbeitrag mit vier Stücken plus Zugabe neu erarbeitet.

Lupenrein in der Intonation, sicher in der Rhythmik und duktil in der Dynamik zeigten die jungen Musiker eine wahre Profileistung. Reich holte die feinsten Klangschattierungen aus dem mit respektablen 40 Pulten sehr gut besetzten Klangkörper. Klanglich schön designt war „With Eyes of Fire“ von Donald Josuweit ein echter Hörgenuss.

Ein echter Hörgenuss: das Jugendorchester

Das Jugendorchester hat auch eine eigene Nachwuchsdirigentin: Jennifer Krause übernahm bei „Havana“ von Camila Cabello in einem Arrangement von Johnnie Vinson den Taktstock und entführte in den wiegenden Tango-Takt Kubas. Marimbas und eine Vokaleinlage der Musikerinnen in der ersten Reihe vermittelten den Farbenreichtum Lateinamerikas.

Rassiges Latin-Feeling kam auch bei der spanischen Malagueña von Ernesto Lecuona auf. Als pfiffiges Moderatoren-Duo sorgten Lena und Josephine dafür, dass der Höreindruck durch interessante Hintergrundinfos vertieft wurde.

In der Zugabe stand mit „Transformers“ von Steve Jablonsky musikalisch das Schicksal der Welt auf der Kippe. Ein hochdramatisches Stück, souverän umgesetzt.

Mit der akademischen Festouvertüre von Johannes Brahms eröffnete das Hauptorchester seinen Part: Brahms hatte einmal gesagt, das Stück sei geeignet für die Blasmusik einer Militärkapelle, er habe aber mit der Instrumentierung zu wenig Erfahrung. Arrangeur Siegmund Goldhammer hat ihm diesen Wunsch erfüllt.

Leise Paukenwirbel kündigten strahlende Trompetenklänge an, in großen Bögen wurde mit üppigen romantischen Klangfarben Spannung aufgebaut, komplementäre Rhythmen griffen präzise ineinander wie ein Schweizer Uhrwerk.

Welche Akteure bei der musikalischen Erzählung „The Wind in the Willows“ mitmischen, zeigte das Orchester zunächst anhand von Klangbeispielen, die von Moderatorin Franziska Hetze in charmantem Alemannisch präsentiert wurden. Das flinke Wuseln der Ratte, das behäbige Wesen des Maulwurfs, die kleinen Wellen von Saxophon und Flöte, die auf dem Wasser des breiten Flusses tanzen – man kann in Tönen tatsächlich malen. Und erst Herr Kröterich: Die Posaune mit Dämpfer kann richtig quaken und das Publikum amüsierte sich.

Auch die Solisten überzeugten

Das Hauptorchester hat in seinen Reihen versierte Solisten, die an diesem Abend in verschiedenen Registern schöne Glanzlichter setzten. Die Posaunisten Alexander Lukas, Thomas Schneider und Felix Lang brillierten mit einem Gershwin-Medley von Gert Schrijvers.

Und wieder traf das Orchester einen neuen Tonfall: Eleganter, swingender Jazz, mal verträumt, mal fetzig, die Tempo- und Taktwechsel im geistreichen Dialog mit den Solisten genial meisternd.

Auch bei dem dramatischen Tonstück „The Realm of the Sun God“ erklärten die Moderatorin und das Orchester zunächst einzelne Szenen anhand von Klangbeispielen. Hier war der Opfertanz mit seinen elektrisierenden Staccati dramatischer Höhepunkt.

Klarinettistin Kristina Sprung setzte mit ihrem Solospiel virtuose Akzente in „Danzón No. 2“ von Arturo Márquez. Gute Laune machte das meisterhaft gespielte Xylophon-Solo mit Orchester „Latino Mallets“, bei dem Johannes Pfeiffer die Töne wie Popcorn in der Pfanne springen ließ.

Doch auch die klassische Marschmusik ist bei den Schliengenern gut aufgehoben. Hymnisch und strahlend erklang mit dem UNO-Marsch von Robert Stolz eine Hommage an die Völkerverständigung, federnd, beweglich, vorwärtstreibend, klanglich und dynamisch differenziert. Diesen Schwung nutzte die erste Zugabe, der Radetzkymarsch aus.

Räumliches Klangerlebnis zum Abschluss

Großartiger Surround-Sound krönte den Schluss des Konzerts, als sich beide Orchester auf der Bühne und um den Zuschauerraum herum aufstellten. Ein räumliches Klangerlebnis, dem ein Posaunen-Ostinato das statische Gerüst verlieh.

Das Publikum war aus dem Häuschen, auch weil Frieder Reich immer wieder mit neckischen Gesten zum Mitmachen animiert hatte.

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