Schliengen Installationen und Streaming

Weiler Zeitung
Marvin Kerscher bei der „Night of Light“ im Schliengener SchlossparkFoto: Alexander Anlicker Foto: Weiler Zeitung

Corona: Veranstaltungstechniker Marvin Kerscher: 95 Prozent der Aufträge sind weggebrochen

Nicht nur Künstler sind von der Absage von Veranstaltungen im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie betroffen. Vielen Veranstaltern, Veranstaltungstechnikern aber auch Catering-Firmen sind Aufträge weggebrochen. Vor einer Woche machte die Veranstaltungswirtschaft mit der Aktion „Night of Light“ auf ihre Situation aufmerksam.

Von Alexander Anlicker

Schliengen. Auch Marvin Kerscher mit seiner Firma SimCo Veranstaltungstechnik in Schliengen hat sich daran beteiligt. In der Region sorgt er unter anderem beim Neuenburger Sommergarten sowie beim Metalfestival „Baden in Blut’“ in Weil am Rhein für Licht und guten Ton. Im Gespräch mit unserer Zeitung zieht er Bilanz über die Aktion und die Corona-Krise.

Frage: Wie war die Resonanz auf das rot beleuchtete Wasserschloss Entenstein?

Die Resonanz war durchweg positiv, wir haben viel positives Feedback bekommen. Obwohl es Montagabend war, haben sich doch einige Leute die Zeit genommen, um sich die Illumination Live anzusehen. Einige haben sich für die Beleuchtung bedankt, andere habe uns ermutigt durchzuhalten. Es tat, gut zu wissen, das unsere Lage nicht egal ist.

Frage: Hat die bundesweite Aktion etwas gebracht?

Ich denke auf jeden Fall. In der Woche nach der Beleuchtung war es fast unmöglich, durch die Sozialen Medien zu stöbern, ohne ein rot beleuchtetes Gebäude zu sehen. Zudem wurde in einigen Zeitungen als auch im Fernsehen darüber berichtet. Jetzt gilt es abzuwarten, wie die Politik darauf reagiert.

Frage: Wo werden Veranstaltungstechniker gebraucht und was macht ein Veranstaltungstechniker?

Die Einsatzgebiete und Aufgaben eines Veranstaltungstechnikers sind schier grenzenlos. Das klassische Konzert einer Band oder ein Tonstudio sind wohl die bekanntesten Einsatzorte. Aber auch bei Messen, Tagungen, Vorlesungen, Modenschauen, Stadtfesten, Jubiläen, Hochzeiten, Geburtstagen, Demos, Theatern, Film und Fernsehen, Radios, Opern, Installationen oder Meetings sind wir im Einsatz. Die Aufgaben sind mittlerweile sehr komplex geworden, als Veranstaltungstechniker reicht es schon lange nicht mehr, sich nur mit Ton oder Licht auszukennen. Auf großen Veranstaltungen werden komplexe Netzwerke gefordert bei denen einige IT-Kenntnisse vorhanden sein müssen. Zudem muss man alle Richtlinien und Verordnungen kennen. Bereits beim Aufhängen einer einfachen Discokugel müssen zahlreiche Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Zudem werden immer mehr visuelle Medien in Form von Bildschirmen, Beamern oder LED-Wänden eingesetzt. Bei der Beleuchtung des Wasserschlosses Entenstein hat sich ein Techniker ausschließlich mit dem Video-Mapping beschäftigt. Das waren die Animationen, die auf dem Rathaus zu sehen waren.

Frage: Wie wird man Veranstaltungstechniker?

Es gibt viele Quereinsteiger, die den Beruf nicht gelernt haben. aber trotz alledem einen sehr guten Job machen. Der Beruf ist aber auch ein ganz normaler Ausbildungsberuf. Der Unterschied ist, das einige Tätigkeiten nur von ausgebildetem Personal ausgeführt werden dürfen.

Frage: Normalerweise hätten Sie jetzt Hochsaison. Was ist Ihnen alles an Veranstaltungen weggebrochen?

Bei mir sind rund 95 Prozent der Veranstaltungen weggebrochen und sehr viele neue werden erst gar nicht geplant. Ich bin sehr traurig über jede Veranstaltung, die ich diese Jahr nicht begleiten kann. Bei Veranstaltungen, die ich schon seit dem ersten Tag mit meinem Team begleite, ist es natürlich besonders schade, wie beispielsweise Südbadens größtes Metalfestival „Baden in Blut“. Auch eine Veranstaltungsreihe bei der wir weltweit – unter anderem in den Niederlanden, der Schweiz, Marokko und Saudi-Arabien –unterwegs gewesen wären, ist wegen Corona nicht mehr möglich gewesen. Solche Aufträge sind natürlich immer besonders spannend.

Frage: Wie viele Mitarbeiter sind davon betroffen?

In meinem Unternehmen sind sieben Freie Mitarbeiter betroffen, für die ich jetzt keine Arbeit mehr habe. Das sind mit mir acht Menschen die von einem Tag auf den anderen kein Geld und auch keine Aussicht haben, wieder etwas zu verdienen.

Frage: Gibt es eine Nische, die Sie besetzen konnten, um wenigstens etwas Umsatz zu haben?

Ich habe mich schon sehr früh mit meinem Team zu einer Krisensitzung getroffen. Dort haben wir zusammen besprochen, wie wir alle gemeinsam durch diese Krise kommen. Das Hauptaugenmerk haben wir jetzt auf Installationen und Hybrid Events gesetzt. Hybrid Events sind Veranstaltungen, bei denen es hauptsächlich auf Video- und Streaming-Technik ankommt. Ein Beispiel dafür ist ein Vortrag, bei dem allerdings die Zuhörer nicht am Veranstaltungsort, sondern zuhause vor dem Computer sitzen. Ton und Bild werden von uns vor Ort aufgezeichnet und Live über das Internet übertragen. Sogar Interaktionen beider Seiten sind möglich. Das läuft momentan recht gut, allerdings reicht das nicht, um alle Kosten zu decken. Das muss natürlich auch erst mal richtig anlaufen.

Frage: Haben Sie Soforthilfen bekommen und wie weit reichen diese aus?

Ja, ich habe die erste Soforthilfe für drei Monate bekommen, darüber war ich auch sehr froh und dankbar, dass hat auf jeden Fall geholfen. Allerdings steht dieser Betrag in keinem Verhältnis zu den laufenden Kosten. Besonders stolz hat es mich gemacht, dass sehr viel Hilfe von meinen Kunden kam, die mich persönlich angerufen oder angeschrieben haben und fragten, wie sie mir in dieser Zeit helfen können. So kamen auch einige Installationen zustande.

Frage: Wie lange halten Sie ohne Veranstaltungen noch aus?

Ich habe noch ein paar Veranstaltungen und Installationen, mit denen Ich mich dieses Jahr über Wasser halten kann. Voraussetzung dafür ist aber, das keine weiteren Einschränkungen oder gar ein erneuter Shutdown kommt. Ohne Hilfe wäre dass dann ziemlich sicher das Aus.

Der 30-Jährige wurde in Rheinfelden geboren und hat von 2010 bis 2013 bei einer Firma in Bad Säckingen eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker absolviert. Anschließend hat er sich mit der Firma SimCo Veranstaltungstechnik selbstständig gemacht und beschäftigt sieben Mitarbeiter. Anfang April zog er mit seiner Firma von Efringen-Kirchen in die Brezelstraße in Schliengen.

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