Schliengen Kameradschaft und Adrenalin

Alexander Anlicker.
Die Schliengener Wehr ist für die vielfältigen Herausforderungen der Zukunft gut gewappnet, erklärt der neue Kommandant Marco Frey. Foto: dpa/Roberg Michael

Feuerwehr: Klimawandel, neue Technik und demographischer Wandel sind Herausforderungen

Der 41-jährige Marco Frey ist seit wenigen Wochen neuer Gesamtkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Schliengen. Was den Reiz der Feuerwehr ausmacht und wie das Löschwesen im Wein- und Erholungsort aufgestellt ist, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Von Alexander Anlicker.

Schliengen. Im Interview geht es aber auch um die Herausforderungen der Zukunft, wie beispielsweise Klimawandel, neue Technologien, biologische Gefahren und den demographischen Wandel.

Frage: Wie haben Sie zur Feuerwehr gefunden und warum sollte sich jemand in der Feuerwehr engagieren?

Ich war schon immer ein Vereinsmensch, bin mit sechs Jahren zuerst in den Fußball, aber das war dann nicht so wirklich was für mich. Danach habe ich angefangen, Musik zu machen, zuerst Trompete, dann Waldhorn. Parallel dazu bin ich nach einem kurzen Ausflug zum THW bei der Jugendfeuerwehr gelandet. Musik und Feuerwehr habe ich viele Jahre gemacht und mich auch ehrenamtlich engagiert. Irgendwann wurde die Doppelbelastung zu viel. Schweren Herzens habe ich mich von der Musik getrennt und bin in der Feuerwehr geblieben.

Die Feuerwehr ist ein einzigartiges Konstrukt. Diese Mischung aus Kameradschaft, Adrenalin beim Alarm und das Helfenkönnen bis hin zum Leben retten sorgt in meinen Augen dafür, dass einem ein Engagement in der Feuerwehr sehr viel bringt. Dazu kommt, dass man in den Aus- und Weiterbildungen nicht nur spezifisch für die Feuerwehr lernt, sondern man macht sich gleichzeitig auch interessant für den Arbeitgeber, weil beispielsweise Führungsqualitäten gefördert werden.

Frage: Wie gut ist die Feuerwehr Schliengen aufgestellt?

Ich kann mit einem gewissen Stolz sagen, dass die Feuerwehr Schliengen derzeit sowohl personell wie auch von der Ausrüstung her sehr gut aufgestellt ist. Die fünf Abteilungen sind in zwei Züge aufgeteilt. Mit den Feuerwehren Bad Bellingen und Kandern gibt es Abkommen, dass im Brandfall von dort direkt eine Drehleiter mit alarmiert wird, so dass wir auch bei Feuer sehr schnell anleitern können, falls nötig.

Frage: Welche Herausforderungen kommen auf die Feuerwehr mit Blick auf den Klimawandel zu?

Die Gemeinde Schliengen hat in den letzten Jahren sehr viel in den Hochwasserschutz investiert. Auch wir gehen davon aus, dass es zunehmend mehr Extrem-Wetterlagen geben wird, die natürlich dann auch die Feuerwehren beschäftigen. Daher wurde ein spezielles Set an so genannten D-Schläuchen mit einem Verteiler für den Zug 2 (das Eggenertal) schon angeschafft. Für den Zug 1 wird im kommenden Jahr Schliengen ein weiteres beschaffen.

Frage: Kann die Feuerwehr auch mit der technischen Entwicklung Schritt halten?

Als Feuerwehr hinkt man immer etwas der Entwicklung hinterher, vor allem was entsprechende Handlungsempfehlungen, Schulungen und die Ausrüstung angeht. Um einmal das Beispiel E-Auto aufzugreifen: Natürlich können auch wir ein solches Auto löschen, sollte es zu einem Brand kommen. Aber es gibt viele Möglichkeiten in puncto Löschtechnik und Taktik, die sich erst im Laufe der Jahre so richtig entwickeln. Alles in allem sehe ich dem aber recht entspannt entgegen, da ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Einsatzes ist, dass man an irgendeiner Stelle improvisieren muss, weil man sich nie auf alle Details vorbereiten kann.

Frage: Wie gut sind die Feuerwehren in Zukunft auf biologische Gefahren – Stichwort Corona – vorbereitet?

Das finde ich sehr spekulativ. Egal, was in puncto biologischer Gefahren auf uns zukommen wird, man wird es beleuchten müssen und dann an die Situation angepasst handeln. Mehr bleibt einem ja auch nicht übrig. Ich denke aber man konnte im Bevölkerungsschutz durch die Corona-Krise auch schon wirklich viel lernen, was solche Themen angeht.

Frage: Eine Herausforderung ist auch der demografischer Wandel. Stehen in Zukunft noch genügend Einsatzkräfte zur Verfügung?

Natürlich hoffe ich inständig, dass auch in Zukunft noch genug Einsatzkräfte zu den Proben und den Einsätzen kommen. Allerdings sehe ich hier die Entwicklung nicht nur in Schliengen, sondern ganz generell im Ehrenamt sehr kritisch. Die Feuerwehr trifft es da gleich an einigen Punkten: Die beruflichen Belastungen und auch die Wege zur Arbeitsstätte werden immer größer, so dass immer weniger Bürger bereit sind, sich zu engagieren und die, die etwas machen, sind zunehmend zu weit weg. Auch werden die bürokratischen Hürden immer höher, sei es bei der Tauglichkeitsuntersuchung zum Atemschutz oder bei den immer größer werdenden Auflagen zur Geräteprüfung.

Frage: Wie wollen Sie diesen Herausforderungen begegnen und wie ist die Einsatzbereitschaft langfristig sichergestellt?

Für viele Feuerwehren ist die Tagbereitschaft ein Problem, weil viele Wehrleute auswärts arbeiten. Gerade tagsüber haben fast alle ihre Probleme. Immer mehr Feuerwehrleute sind daher in zwei Feuerwehren involviert, einmal beim Wohnort und dann aber auch gleichzeitig an dem Ort an dem sie arbeiten. Hier möchte ich auch einmal meinem Vorgänger und allen anderen Kameraden Danke sagen, die viele im Ort anfragen und die so etwas zur Entspannung der Situation beitragen.

Allgemein kann die Einsatzbereitschaft nur langfristig sichergestellt werden, solange es Bürger gibt, die ihre Zeit und ihre Kraft in die Feuerwehr investieren. Ich kann hier nur an jeden appellieren, helfen Sie der Feuerwehr, ich kenne keinen Ort, der nicht unglaublich froh um eine weitere helfende Hand wäre. Sollte es nichts für Sie selbst sein, dann sprechen Sie andere an: Feuerwehr ist cool, lehrreich, spannend und vor allem aber immens wichtig für alle.

Der 41-jährige Marco Frey ist

Chemiker und Gruppenleiter am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) der Universität Freiburg. Seit kurzem ist er Gesamtkommandant der Schliengener Feuerwehr und Mitglied im Abteilungsausschuss Schliengen.

Er hat die Qualifikation zum Gruppenführer erworben und ist Mitglied in der Führungsgruppe Kandern-Bellingen-Schliengen sowie im Führungsstab des Landkreises. Ferner ist er Fachberater Chemie sowie Kreisausbilder für Grundausbildung und Truppführer.

Als Chemiker ist Frey zudem Dozent am ABC-Symposium in Siegen.

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