Schliengen Laufend dem 70. Geburtstag entgegen

Claudia Bötsch
Beim Swissalpine Bergmarathon in Davos ging Ernst Schneider mehrfach an den Start. Unser Foto zeigt ihn beim Lauf im Jahr 2012 im Alter von 63 Jahren. Foto: zVg

Ernst Schneider hat bereits an 50 Marathons teilgenommen – ans Aufhören denkt er noch lange nicht.

Schliengen-Liel - Das Lauffieber hat Ernst Schneider, der im Juni seinen 70. Geburtstag feiert, erst relativ spät gepackt. „Mit knapp 50 Jahren hatte ich ein paar Kilos zu viel auf den Hüften und Bluthochdruck. Damals sagte mein Arzt zu mir: ‚Entweder Sie tun jetzt etwas für Ihre Gesundheit oder Sie müssen Medikamente schlucken‘“. Das wirkte: Schneider fing mit dem Joggen an.

Aus dem ärztlichen Rat entwickelte sich eine große Leidenschaft: Inzwischen ist der pensionierte Auggener Rechnungsamtsleiter bei seinem 50. Marathon ins Ziel gelaufen. Und ans Aufhören denkt er noch lange nicht.

Für dieses Jahr hat Schneider bereits seinen zwölften Berlin-Marathon gebucht. „Solange es mir Spaß macht und die Beine mitmachen, mache ich weiter“, erzählt er mit einem Grinsen im Gesicht. Laufen macht offensichtlich gute Laune – und nicht nur das. Der 69-Jährige ist schon im Frühling tief gebräunt – „ich bin ja jeden Tag draußen unterwegs“.

„Wenn ich gut drauf bin, laufe ich drei Stunden, wenn nicht, ist es eben nur die Hälfte.“ Gerade bei diesem Frühlingswetter „jucken die Turnschuhe“. Wenn Schneider startet, nimmt er sich keine bestimmte Strecke vor. „So entdecke ich immer neue Ecken und erkunde die ganze Umgebung“, beschreibt er einen weiteren Reiz des Laufens.

Zeit zum Nachdenken

Eine seiner Lieblingsstrecken führt beispielsweise über Schloss Bürgeln zum Hochblauen und über Müllheim und Feldberg zurück zu seinem Zuhause in Liel. Das sind knapp 40 Kilometer.

Musik hat er dabei selten im Ohr – „ich nutze die Zeit lieber, um meine Gedanken schweifen zu lassen und in Ruhe nachzudenken“, berichtet der Rentner. „Ich genieße es – außer, wenn es regnet.“ Gelaufen wird dann trotzdem. „Denn Bewegung hält fit“, ist Schneider überzeugt. Seit rund 15 Jahren leide er an Hüftarthrose. „Ohne das Joggen hätte ich heftige Schmerzen.“ Zudem halte die tägliche Bewegung nicht nur den Körper, sondern auch das Gehirn auf Trab.

Auch im Urlaub

Durchschnittlich rund 100 Kilometer hat er in einer Woche „auf dem Tacho“. Gejoggt wird auch im Urlaub, sei es am Strand oder auf dem Kreuzfahrtschiff. Wenn es gar nicht anders geht, trainiert er im Winter auch ab und an auf dem Laufband: „Aber das ist für mich eher öde.“

Früher, als er noch berufstätig war, habe er das Laufen auch gerne genutzt, „um Probleme und Fragen im Geschäft zu lösen“, berichtet Schneider. „Beim Laufen kam die Lösung meist automatisch.“ Zuletzt, bis zur Pensionierung, war Schneider 25 Jahre Rechnungsamtsleiter der Gemeinde Auggen.

„Richtig mit dem Laufen angefangen habe ich 1998“, blickt Schneider zurück. Damals nahm er an einer Wahlkampfveranstaltung des Grünen-Politikers Joschka Fischer teil, der mit Interessierten zehn Kilometer durch Freiburg joggte: „Das war die Initialzündung.“

Insgesamt ein Jahr lang trainierte er für seinen ersten Marathon im Schwarzwald – wegen einer Schulterverletzung schrammte er dabei nur knapp an der Vier-Stunden-Marke vorbei.

Das Ziel: unter vier Stunden

„Zwei Wochen später schaffte ich es dann aber in Basel, die 42 Kilometer unter vier Stunden zu laufen.“ Zahlreiche Läufe, auch Ultramarathons über 74 Kilometer, sowie Triathlons sollten folgen. Die Starts bei Halbmarathons hat er gar nicht erst mitgezählt.

Neben intensivem Training habe er damals auch sehr auf die Ernährung geachtet und über Jahre keinen Alkohol getrunken, um möglichst gute Zeiten zu schaffen. Mit Anfang 50 gelangen ihm die besten Wettkampfergebnisse – „dann ging es langsam bergab, man wird ja nicht jünger“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Beim Berlin-Marathon 2015 brauchte er knapp fünf Stunden bis ins Ziel, im vergangenen Jahr waren es 6:40 Stunden.

Spaß im Vordergrund

„Aber schließlich steht der Spaß, nicht die Zeit im Vordergrund“, macht er deutlich. Über die Jahre seien auch wieder einige Kilos hinzugekommen, „denn gutes Essen und ein Glas Wein gehören für mich zum genussvollen Leben einfach dazu“.

Sich zu quälen allerdings manchmal auch: Im vergangenen Jahr absolvierte der Pensionär einen Hochgebirgsmarathon mit rund 2500 Höhenmetern in Davos. Zwölf Stunden war er auf der Strecke. „Das mache ich aber nicht mehr. Auch weil ich plötzlich im Nebel lief und kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Das kann ganz schön gefährlich werden.“

2009 in New York dabei

Ein „herausragendes Erlebnis“ war für ihn die Teilnahme am New-York-Marathon. Mit einem Freund lief er 2009 bei dem Großereignis mit – ihre Erlebnisse schilderten die beiden Markgräfler damals in einer sechsteiligen Serie in unserer Zeitung.

Unvergesslich bleibe für ihn auch der erste Berlin-Marathon 2001. „Im Alter von 17, als seit wenigen Jahren die Mauer stand, war ich das erste Mal in der Hauptstadt. Als ich dann rund vier Jahrzehnte später durch das Brandenburger Tor lief, war das Gänsehaut pur“, blickt Schneider auf diesen ganz besonderen Moment zurück.

Die beste Motivation

An Wettkämpfen nimmt der Rentner bis heute teil, „weil ich sonst zu wenig trainieren würde“. Denn: „Auch wenn ich jeden Tag laufen gehe – Überwindung braucht es trotzdem, um am Ball zu bleiben.“ Der nächste Marathon im Terminkalender sei da die beste Motivation. Allerdings setzt das Alter mittlerweile auch Schranken. „Vor einigen Jahren wollte ich beim Baikal-Marathon in Sibirien mitmachen, wurde aber abgelehnt – denn dort ist bei 60 Jahren Schluss.“

In einer Excel-Tabelle hat Schneider sämtliche Läufe und Zeiten registriert. Auch jede Trainingsstrecke ist dokumentiert – „da kommt eben der Kämmerer durch“, schmunzelt er. Durchschnittlich 100 Kilometer sind es, die Schneider in einer Woche zurücklegt. Mit knapp 70 Jahren ist er inzwischen in gemächlichem Tempo unterwegs – Ausdauer und Strecke sind für ihn entscheidend, nicht die Zeit.

Singen, reisen, studieren

Das Laufen nimmt für den Rentner einen großen Raum im Leben ein, ist aber längst nicht das einzige Hobby des 69-Jährigen. Seit Jahren ist er Mitglied im Gesangverein Feldberg, und „ich bin ewiger Student“. Bereits im elften Semester bildet er sich über das Seniorenstudium der Uni Freiburg weiter, taucht ein in Kunstgeschichte, Philosophie und Geschichte. Viel Freude bereiten ihm zudem auch seine Enkel, mit denen er gerne Zeit verbringt. Und nicht zuletzt genießt er es, mit seiner Lebensgefährtin auf Reisen zu sein und neue Länder und Kulturen zu entdecken.

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