Schliengen Manch einer wird "abgeschnitten"

Claudia Bötsch
Der Bahnsteig in Schliengen ist nur über eine lange, steile Treppe zu erreichen: Eine große, teils nicht zu überwindende Barriere für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer, Fahrradtouristen, Eltern mit Kinderwagen oder Leute mit schwerem Gepäck. Foto: Claudia Bötsch

Bahn: Schliengen pocht weiter auf einen barrierefreien Zugang zum Bahnsteig.

Schliengen - Ein Bahnhof am Ort ist schön – nur blöd, wenn den nicht alle nutzen können. So ist die steile Treppe zu den Gleisen am Schliengener Bahnhof ein Hindernis, das für manchen Fahrgast nur schwer oder gar nicht zu überwinden ist. „Die Situation ist ziemlich unerträglich“, brachte Michaela Fohmann (Grüne) das Thema in der jüngsten Gemeinderatssitzung aufs Tapet.

Der fehlende barrierefreie Zugang zum Bahnsteig sorgt seit Jahren für Unmut bei den Bürgern – und beim Rathauschef für Wut im Bauch. „Das Ganze ist eine einzige Katastrophe“, sagt Bürgermeister Werner Bundschuh, der kein gutes Haar an der Bahn lässt.

In den vergangenen Jahren habe er in der Sache mehrere Briefe an die Deutsche Bahn geschrieben. „Da kann man sich glücklich schätzen, wenn man überhaupt eine Reaktion bekommt.“

Die Bahn fühle sich erst für ihre Kunden zuständig, wenn sie im Zug sitzen – „alles andere, wo die Menschen parken und wie sie zum Gleis kommen, interessiert sie nicht.“ Dieses Verhalten sei einfach   unmöglich. Angebot der Gemeinde, Aufzug   mitzufinanzieren „Unser Angebot steht nach wie vor, dass wir für den Bau einer Aufzugsanlage 100 000 Euro bereitstellen würden“, so Bundschuh. Die Gemeinde hatte bekanntlich über Jahre hinweg auch entsprechende Finanzmittel im Haushaltsplan eingestellt. Ein Schacht für einen Aufzug wurde damals, als der Bahnhof umgebaut wurde, angelegt. Eine Nachrüstung wäre daher theoretisch möglich.

Faustregel für die Bahn ist allerdings, dass es für einen barrierefreien Zugang zum Gleis mindestens 1000 Fahrgäste pro Tag braucht. „Wenn jemand im Rollstuhl sitzt, wird er von der Bahn nach Bad Krozingen oder Eimeldingen geschickt“, schüttelt Bundschuh verständnislos den Kopf. „Wir müssen überall behindertengerechte Gebäude und Toiletten bauen – und hier, wo 500 bis 800 Menschen täglich unterwegs sind, ist eine steile Treppe in Ordnung?! Da stimmt die Verhältnismäßigkeit einfach nicht mehr“, echauffiert er sich.

„Für Showtermine bin ich nicht   mehr   zu   haben“ Neben einem Aufzug war auch schon eine Rampe für eine barrierefreie Erschließung im Gespräch. „Die wurde uns im Planfeststellungsbeschluss eigentlich zugesagt“, so Bundschuh.

Die Gemeinde habe auch schon mal überlegt, so genannte Laufschienen zu schaffen – damit wäre zumindest den Radfahrern geholfen. Generell sei es indes so, „dass wir im Prinzip gar nichts machen können, denn das Grundstück gehört der Bahn“, konstatiert der Bürgermeister.

Enttäuscht ist Bundschuh auch von der Politik. Politiker aller Couleur hätten dem Bahnhof Schliengen in den vergangenen Jahren bereits einen Besuch abgestattet – „für solche ’Showtermine’ werde ich künftig nicht mehr zur Verfügung stehen“, macht der Rathauschef seinem Ärger Luft. „Ich nehme nur teil, wenn hier ein Aufzug oder eine Rampe in Betrieb geht.“

Hoffmann: Für viele ein echter Hinderungsgrund Der fehlende barrierefreie Zugang zum Gleis „ist für viele ein echter Hinderungsgrund, die Bahn zu benutzen“, wusste auch Georg Hoffmann (Grüne) in der Gemeinderatssitzung zu berichten. „Wir haben schon viele Beschwerden gehört“, bestätigt auch Beate Heitz, die Vorsitzende der Gruppe „Menschen für Menschen Schliengen“, auf Nachfrage unserer Zeitung. „Wir hoffen, dass es doch noch irgendwann eine andere Lösung gibt: Das hier ist jedenfalls keine.“ Die Situation sei nicht tragbar. Vor allem ältere Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind – mit Rollator oder Rollstuhl – würden regelrecht „abgeschnitten“.

Aber auch für Mütter mit Kinderwagen sei die Treppe ein großes Problem. Gleiches gilt für Radfahrer, die nicht mehr vor Kraft strotzen, oder mit einem deutlich schwereren E-Bike unterwegs sind, das sich nicht so leicht tragen lässt. Ein älterer Mann aus Schliengen berichtet etwa im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er mit seinem E-Bike zum Bad Bellinger Bahnhof fährt, wenn er den Zug nutzen will – denn dort kommt er problemlos mit Rad zum Gleis. „Die Treppe in Schliengen schaffe ich nicht.“

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