Von Claudia Bötsch Schliengen. Mindestlohn, schwankende Weltmarktpreise, Exportverbote nach Russland und Wetterkapriolen: Die Landwirte der Region sehen sich derzeit mit vielen Herausforderungen und Problemen konfrontiert. Die Themen kamen beim Besuch des CDU-Bundestagsabgeordneten Alois Gerig in der Schliengener Winzergenossenschaft auf den Tisch. Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Bundestag war auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Armin Schuster ins Markgräflerland gereist. An dem wein- und obstbaupolitischen Gespräch nahmen auch der Landtagsabgeordnete Patrick Rapp und Landrätin Marion Dammann teil sowie einige Winzer und Vertreter des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV). Neben der Trockenheit in diesem Sommer, die Bürgermeister Werner Bundschuh ansprach, macht Bauern und Winzern derzeit vor allem auch die Einführung des Mindestlohns zu schaffen. Heftige Kritik äußerten etwa Friedrich Fröhlin, Aufsichtsratsvorsitzender der WG Schliengen, und BLHV-Kreisvorsitzender Heinz Kaufmann. Sie beklagten zum einen die monetäre Seite, aber auch den erhöhten Arbeitsaufwand, der sich durch die Dokumentationspflicht hinsichtlich der Arbeitszeiten ergebe. „Der Mindestlohn war eine Bedingung des Koalitionsvertrags“, entgegnete Schuster, und daran sei auch nicht mehr zu rütteln. Seit die FDP aus dem Bundestag geflogen sei, sei die CDU „zu Kompromissen verdammt“, warb er um Verständnis. Darüber hinaus betonten Schuster und Gerig, dass die CDU weiter in Verhandlungen mit der SPD sei und weiter für eine „moderate Umsetzung“ und weitere Lockerungen kämpfe. Erreicht habe man beispielsweise bereits „deutliche Erleichterungen bei der Mitarbeit von Familienangehörigen“, so Gerig. Zudem setze sich die CDU dafür ein, dass nicht jeder Betrieb einzeln einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung stellen muss. Denn der damit verbundene Aufwand sei nicht zuzumuten. Der Bundestagsabgeordnete machte generell deutlich, dass er sich in Berlin „sehr dafür einsetze, dass bäuerliche, familiengeführte Strukturen im Land erhalten bleiben“. Zumal keine andere Branche so risikoreich sei wie die Landwirtschaft, wie sich in diesem Jahr mit anhaltender Trockenperiode wieder einmal zeige. „Brauchen wir überhaupt noch Landwirtschaft"“ Manfred Weber, Vorstandsmitglied bei der WG Schliengen, hatte in der Runde zuvor die provokative Frage gestellt: „Brauchen wir in Deutschland überhaupt noch Landwirtschaft und Weinbau"“ Dabei spielte er ebenfalls auf den Mindestlohn sowie andere Probleme der Landwirte an. Im Landkreis Lörrach hat sich in Bezug auf Ausnahmeregelungen beim Mindestlohn schon etwas getan. „Da der Antrag relativ aufwändig ist“, habe das Landratsamt mit dem BLHV vereinbart, „dass dieser die Anträge koordiniert, indem er einen Sammelantrag stellt“, teilte die Behörde gegenüber unserer Zeitung mit. Die Ausnahmeregelung gilt nur für Saisonarbeiter. Betroffen sind in erster Linie Sonderkulturbetriebe (beispielsweise Spargel, Erdbeeren und Gemüseanbau), die mit – meist osteuropäischen – Saisonarbeitskräften arbeiten. Erwirkt werden kann eine Ausdehnung der Arbeitszeit auf maximal 72 Stunden pro Woche. Der Mindestlohn von 7,40 Euro wird dabei nicht tangiert. Grundsätzlich gilt eine Höchstarbeitszeit von zehn Stunden täglich, maximal 48 Stunden pro Woche sind erlaubt. „Die Saisonarbeiter wollen aber möglichst viel arbeiten, da sie ja nur deshalb für einige Monate hergekommen sind“, erläutert das Landratsamt die Ausnahmeregelung. Bisher hatten nur zwei Obstbaubetriebe Anträge bei der Gewerbeaufsicht des Landratsamts gestellt. In einem Fall wurde eine Aufstockung der Arbeitszeit auf bis zu 68 Stunden pro Woche genehmigt. Schuster appellierte beim Gespräch in der Schliengener WG an die Landrätin, bei den Saisongeschäften „großzügig Ausnahmen“ zu machen und die Antragsgebühren gering zu halten. Ein anderes Thema brachte Wolfgang Grether, Geschäftsführer der Schliengener Winzergenossenschaft, aufs Tapet. Er meinte, dass Landwirtschaft und Weinbau viel mehr mit dem Tourismus verknüpft werden sollten und verwies dabei auch auf den Aspekt„erlebbare Produktion“. Auch dadurch ließe sich der ländliche Raum stärken. Es brauche eine Dachmarke, unter der sich alle Facetten der Region wiederfänden, meinte dazu Rapp. Unabdingbar sei hierbei jedoch, dass alle an einem Strang zögen, wenn man Naturlandschaft und Produkte „symbiotisch vermarkten“ wolle, sagte Schuster. Kirchturmdenken und Befindlichkeiten seien dem Ganzen jedenfalls hinderlich, hieß es in der Runde.