Schliengen Mit Machete, Ausdauer und Eigensinn

Weiler Zeitung

Ehrenamt: Frank Mehlin aus Liel kämpft seit Jahren gegen Springkraut / Einladung vom Bundespräsidenten

Frank Mehlin (55), Goldschmied, Musiker und Restaurator aus Liel, war zuerst skeptisch, als er den Brief mit dem Absender eines Berliner Ministeriums aus dem Briefkasten holte. „Was wollen die von mir?“, habe er sich gefragt, berichtet er im Gespräch mit unserer Zeitung. Im Umschlag war ein Kärtchen mit einem goldenen Bundesadler und der Unterschrift des Bundespräsidenten Steinmeier – eine Einladung zum Gartenfest auf Schloss Bellevue für Menschen aus der ganzen Republik, die sich in außergewöhnlicher Weise in einem Ehrenamt hervorgetan haben.

Von Dorothee Philipp

Schliengen-Liel. Da reimte es sich dann zusammen: Seit zehn Jahren arbeitet Mehlin unentgeltlich im Naturschutz. Und zwar buchstäblich mit Haut und Haaren: Er bekämpft mit seiner scharf geschliffenen südamerikanischen Machete das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera), das hierzulande als so genannter Neophyt ganze Bachauen überwuchert und die heimische Vegetation verdrängt.

Angefangen hat es auf seinem Auegrundstück, das er in der Nähe der Kutzmühle am Hohlebach gepachtet hat. Dort entdeckte er bald die hübschen Pflanzen mit den rosa Blüten, bei denen die reifen Samenkapseln so aufplatzen, dass die Samen in alle Richtungen weggeschleudert werden. Deswegen der Name Springkraut. Kaum waren die Pflanzen ausgerupft, kamen bald neue. „Der Bach trägt sie mit sich, und auch im Fell und in den Klauen von Wildtieren werden sie transportiert“, weiß Mehlin inzwischen.

Kampf gegen Springkraut eine Knochenarbeit

Also ging er bachaufwärts dem Springkraut an den Kragen. Eine Knochenarbeit. „An den Bachläufen hat es Felsen, Gestrüpp und Löcher, in die man reintritt, wenn man sie nicht sieht“, berichtet er. Nicht nur den Hohlebach vom Springkraut befreit

Bald erkannte er auch, dass das Auszupfen nichts ist für großflächige Bekämpfung. Da sei ihm seine Machete wieder eingefallen, die er aus Südamerika mitgebracht hat: „Das ist ein Werkzeug, keine Waffe“, betont er nachdrücklich. Mit ihr „schnitzt“ er sich regelrecht ins Dornengestrüpp, wenn er eine der unerwünschten Pflanzen entdeckt hat. Denn eine einzige reicht, und die nächste Population ist geschaffen. Nach drei bis vier Durchgängen pro Jahr hat er nach drei Jahren den Hohlebach vom Springkraut befreit. Nun sind nur noch ein bis zwei Kontrollgänge pro Jahr nötig. Auch Feldberg, Mauchen, das Eggenertal, der Erlenboden und die Wolfsschlucht bei Kandern sind dank Mehlin wieder springkrautfrei. „Man sieht nichts, aber ohne diese Maßnahme wären die ganzen Bachläufe nur noch rosa überwuchert“, meint er.

In Naturschutzgebieten und Biotopen im Einsatz

Doch Mehlin hat auch erkannt: Man muss den verbreitungsfreudigen Einwanderer dort bekämpfen, wo es heimische Natur zu schützen gilt: In Naturschutzgebieten, sensiblen Biotopen und Naturdenkmalen. Denn ausrotten lässt er sich schon lange nicht mehr.

Mit dem VW-Bus machte sich Mehlin auf in den Hotzenwald, wo es an den kleinen Zuflüssen der Alb nicht nur Naturschutzgebiete, sondern auch jede Menge Springkraut gibt. Oder besser gab. In den zehn Jahren hat er es mit seiner gezielten Strategie geschafft, im Bereich Dachsberg-Hierholz eine Fläche von 30 Quadratkilometern springkrautfrei zu machen. Hilfe bekam er von der Hierholzer Bevölkerung nach einem Aufruf im dortigen Gemeindeblatt. „Da kamen etwa zehn Leute, die waren erst ziemlich skeptisch“, berichtet er. Doch dann ließen sie sich schnell begeistern. „Jeder kriegt eine Machete oder Sichel, und dann machen wir alles platt“, das habe die Leute munter gemacht.

Man braucht für eine solche Aktion, wenn sie dauerhaften Erfolg bringen soll, einen langen Atem. Immer wieder muss man im Frühsommer die Flächen nacharbeiten, denn die Samen können bis zu sieben Jahre im Boden schlummern, bevor die Pflanze aufgeht. Das heißt, wenn der erste Flor beseitigt ist und das Licht in tiefere Schichten dringt, geht das Ganze von vorne los.

Die Hierholzer blieben ihm über die Jahre treu, langten kräftig zu, wenn wieder ein Arbeitseinsatz anstand. Vor einem Jahr ehrten sie Mehlin mit einer selbst gebastelten Medaille, auf der nur zwei Wörter stehen: „Zehn Jahre“. Sie waren es auch, die die ehrenamtliche Unermüdlichkeit Mehlins nach Berlin meldeten, was jetzt diese Einladung nach sich zog.

Auch das TV berichtet über den engagierten Naturschützer

„Die Springkraut-Aktion ist für mich kein Hobby. Das ist eine Dringlichkeit“, betont er. Das hat inzwischen auch die untere Naturschutzbehörde eingesehen, nachdem der SWR und das ZDF über den eigensinnigen und zähen Naturschützer berichtet hatten. Jetzt erhält Mehlin von der Behörde einen bescheidenen Beitrag für seine Unkosten. Die Fachbehörde ist froh, für dieses Problem einen Mann der Praxis gefunden zu haben. Bei einer früheren Aktion des Regierungspräsidiums habe er gesehen, wie die abgeschnittenen Pflanzen in Plastiktüten verpackt und zur Müllverbrennungsanlage gefahren wurden. „Das muss ja nun wirklich nicht sein“, sagt er.

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