Schliengen Mit Tränen in Augen Ära beendet

Claudia Bötsch

Gastronomie: Familie Tröndlin schließt nach 32 Jahren ihre Wirtschaft „Am Berg“. Suche nach Käufer.

Schliengen - Schweren Herzens hat Familie Tröndlin ihre traditionsreiche Gaststätte „Am Berg“ geschlossen. Am Sonntag hatten sie letztmals geöffnet. Ob es in den Räumen jemals wieder eine Wirtschaft geben wird, steht in den Sternen.

Die Inhaber suchen einen Käufer, ansonsten bleibt das Lokal zu. Verpachten wollen die Eheleute nicht, zu eng sind Gasträume und Privatwohnung miteinander verwoben.

Schweren Herzens

Der Abschied fällt Monika und Wilfried Tröndlin schwer, das wird im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich. Es ist viel Wehmut mit im Spiel. 32 Jahre lang war die Wirtschaft ihr Leben, 1989 hatten sie das Lokal von Monika Tröndlins Eltern übernommen. „Ich bin in unserem Gasthaus großgeworden“, erzählt die Inhaberin. „Nach der Schule kam der Ranzen in die Ecke und ich half in der Wirtschaft mit.“ Wilfried Tröndlin stand für die Gäste am Herd, seine Frau war für den Service zuständig.

Tröndlins hören altersbedingt auf. Wilfried Tröndlin ist 67, hinzu kommen auch gewisse gesundheitliche Probleme, die das Arbeiten in der Küche immer beschwerlicher machten. Der gelernte Metzger blickt auf 52 Berufsjahre zurück.

Kein Nachfolger

Einen Nachfolger innerhalb der Familie fand sich nicht. Ihre Tochter kann aus gesundheitlichen Gründen die Gaststätte nicht übernehmen, der Sohn hat einen anderen beruflichen Weg eingeschlagen: Er hat Kaufmann gelernt und arbeitet in einem Freiburger Fahrrad-Geschäft.

„Schwerer Verlust“

Das Bedauern der Gäste aus Nah und Fern ist groß. „Ein schwerer Verlust für das Markgräflerland“ kommentiert ein Gast beispielsweise die Schließung auf einem Bewertungsportal im Internet. Der „Berg“ zog Leute aus einem Umkreis von Freiburg bis Säckingen an.

Monika und Wilfried Tröndlin, die das Gasthaus in vierter Generation führten, ist die Entscheidung nicht leicht gefallen. „Die letzten Wochen waren sehr emotional, es sind auch einige Tränen geflossen“, erzählen sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Abschied, speziell von den vielen Stammgästen, sei sehr bewegend gewesen. Viele von ihnen hielten der Wirtschaft seit Jahrzehnten die Treue. Sie schätzten die „guten und günstigen Speisen“, die bodenständige Küche ohne viel Chichi und die familiäre Atmosphäre.

Schnitzel der Renner

Vor allem Fleischfreunde kamen auf ihre Kosten. Favorit und Dauerbrenner bei den Gästen: die Schnitzel von Wilfried Tröndlin, auch „Bergschnitzel“ genannt. „Es gab manchen, der kam 30 Jahre und aß immer sein Schnitzel mit Kartoffelsalat, ohne einmal die Speisekarte in die Hand zu nehmen“, schmunzeln die Besitzer.

Treue Stammgäste

Eine Rentnerin sei jeden Tag von Freiburg nach Schliengen gekommen, um im „Berg“ Mittag zu essen. „Denn in Freiburg gibt’s sowas nicht mehr“, lautete ihre Begründung. Vor allem auch Ältere, Alleinstehende, Witwer haben die Wirtschaft und speziell den Mittagstisch geschätzt, wissen die Inhaber; wegen des Essens, aber auch der Gesellschaft. Der „Berg“ war immer auch ein sozialer Treffpunkt im Ort. „Hier haben sich einige Freundschaften gebildet.“

Die Zeit stehen geblieben

Besonders war auch die urige Atmosphäre des Lokals, in dem die Zeit stehen geblieben scheint. Das Mobiliar stammt aus den 1960er Jahren, die Bilder teils aus der Jahrhundertwende um 1900. Der Stammtisch am Kachelofen steht schon seit mehr als 100 Jahren an seinem Platz.

Vorerst soll auch alles so bleiben wie es ist, sagen die Eheleute. „Wir müssen alles erst einmal sacken lassen.“ Die vergangenen Wochen seien doch sehr anstrengend gewesen. Als bekannt wurde, dass das Gasthaus schließt, habe die Familie einen regelrechten Ansturm erlebt. In die Wehmut mischt sich darum auch etwas Erleichterung, nun erst einmal durchschnaufen zu können.

Und Tröndlins nehmen viele schöne Erinnerungen mit. „Der Umgang mit dem Gast hat uns immer Freude gemacht. Wenn es abends spät wurde, hat man sich auch gerne mal dazugesetzt und es war lustig.“

Der Familienbetrieb hat in all den Jahren unzählige Gesellschaften ausgerichtet. „Wenn am Ende alle zufrieden waren, war das auch immer eine schöne Bestätigung“, blicken die Eheleute zurück. Zumal es Gäste gegeben habe, die über all die Jahre sämtliche Feiern im „Berg“ ausrichteten, von der Taufe bis zur Beerdigung. In besonderer Erinnerung bleibe der Familie auch der 100. Geburtstag der Nachbarin.

Stammtischkultur

Wichtig war den Inhabern stets auch die Stammtischkultur: „Manchmal ging es lang, aber es war schön“, erinnert sich Monika Tröndlin zurück. Dieser Bereich sei in den vergangenen Jahren aber stark zurückgegangen. Nachgelassen habe auch die Nutzung durch Vereine, „die haben inzwischen fast alle ihre eigenen Vereinslokale“.

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