Schliengen Steuererklärung statt Fahrstunde

Alexander Anlicker

Coronavirus: Fahrlehrer Walter Lachenschmid nutzt erzwungene Pause auch zum Kraft sammeln

Schliengen - Fahrschulen zählen als Bildungseinrichtung und sind wie Schulen aufgrund der Corona-Verordnung geschlossen. Therorieunterricht findet daher derzeit ebensowenig statt wie praktische Fahrstunden mit dem Auto oder Motorrad.

Walter Lachenschmid, Inhaber der Fahrschule Iburg in Schliengen, hat sich gut mit der Situation arrangiert, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt.

Wie geht es Ihnen nach acht Wochen Zwangspause?

Eine berechtigte Frage, aufgrund des Zuschusses von 9000 Euro und der Zusage eines KfW-Kredits ist das finanzielle Überleben bis Juni gesichert. Ich für meine Person war die erste Zeit beschäftigt zu erkunden, wie ich den Zuschuss erhalten kann. Hinzu kam die Bearbeitung der buchhalterischen Unterlagen für einen Kredit. Einiges an administrativen Tätigkeiten, die eine Woche Zeit in Anspruch genommen haben. Zudem habe ich die Zeit genutzt, die Steuererklärung für das Jahr 2019 zu erledigen. Ich bin nicht nur Fahrschulunternehmer, sondern auch mein Buchhalter und „Steuerberater“. Dann kann ich in dieser Zwangspause „endlich“ das Büro entrümpeln, neu sortieren. Die Fahrschule aufräumen, umstrukturieren, Unterrichtsunterlagen aufbereiten und so weiter. Das sind Tätigkeiten, die im Tagesbetrieb sehr vernachlässigt werden. Denn meine Arbeitszeiten als Selbstständiger liegen weit über einem Acht-Stunden-Arbeitstag.

Als Fahrlehrer kommt man viel rum und hat viel Kontakt zu jungen Leuten, fehlt Ihnen das?

Da ich mich persönlich mit vielen anfallenden Dinge beschäftige, fehlt mir der Kontakt zu meinen Kundenkreis nicht. Ich habe über WhatsApp Kontakt zu meinen Schülern und informiere sie jeweils über Neuerungen und den Status. Daher erspare ich mir ständige Nachfragen wie es weitergeht.

Ich habe Zeit, private Personen zu kontaktieren, die ich im Alltag vernachlässige.

Ich empfinde es als eine – natürlich erzwungene – Ruhepause, um mental Kraft zu sammeln. Das Fahrschulgeschäft ist eine anstrengende Tätigkeit geworden. Und zum Zeitpunkt der Wiedereröffnung gibt es einiges zu organisieren, um die Schulungszeit so weit wie möglich aufzuholen.

Für den Führerschein Klasse B sind ja zwölf mal 90 Minuten Theorieunterricht verpflichtend vorgeschrieben. Haben Sie die Möglichkeit, diesen auch online per Videokonferenz zu machen, auch entsprechende Lernsoftware zur Prüfungsvorbereitung ist ja bereits weit verbreitet? Oder gilt da Präsenzpflicht?

Der Online-Unterricht ist in Baden-Württemberg für Fahrschulen verboten, wir haben Präsenzpflicht. Zudem fehlen die professionellen Softwaremöglichkeiten und Konzepte, um Videokonferenzen durchzuführen. Sich von heute auf morgen um diese komplexe Materie zu kümmern, das war in meiner Situation bisher kein Thema.

Es wird viel diskutiert, ob ein digitaler Unterricht im Fahrschulbereich anzustreben ist. Ich favorisiere den persönlichen Unterricht, ich lerne die Personen kennen, ich kann ihnen von Angesicht zu Angesicht in Kleingruppenarbeit und mit Arbeitsblättern mehr vermitteln.

Sind praktische Fahrstunden für Motorrad und Roller möglich? Mehr Abstand geht ja eigentlich nicht.

Nein, die gesamte Bildungseinrichtung Fahrschule ist geschlossen.

Im Taxi sitzen Fahrer und Fahrgast mit Mund-Nasen-Maske im Fahrzeug, das ließe sich doch auch in einem Fahrschulauto bewerkstelligen? Oder würde die Maske den Fahrschüler zu sehr stören?

Im Taxi wird der Abstand besser einzuhalten sein. da der Fahrgast hinten sitzt. Im Fahrschulauto muss der Fahrlehrer öfters eingreifen, beispielsweise beim Lenken und Schalten, und ein Abstand ist in dem Moment schwer zu gewährleisten. Dann weiß ich noch nicht, welche Angst die Eltern haben werden, dass wir ihre Kinder anstecken. Über das Problem wurde noch nie diskutiert. Vielleicht verlangen Eltern von uns einen Coronatest? Wer weiß? Dann sind wir gezwungen viele verbal Anweisungen zu geben. Ein großer Teil der prakt. Ausbildung besteht aus erklären, fragen und antworten.

Wie sieht das Hygienekonzept aus, dass die Fahrschulen in den vergangenen Wochen erarbeitet haben.

Der Fahrlehrerverband hat mit Arbeitsmedizinern Hygienevorschriften erarbeitet und diese an das Verkehrsministerium weitergereicht. Dies umfasst die folgenden Punkte: Schulung nur mit Maske/Spuckschutz, desinfizieren nach jeder Fahrstunde, insbesondere alle Bedienhebel und das Lenkrad, eine zehnminütige Pause nach der Fahrstunde zum Durchlüften. Zweiradschüler dürfen nur noch mit eigener Schutzkleidung ausgebildet werden. Bisher habe ich ihnen Jacke, Hose und Handschuhe zur Verfügung gestellt.

Es besteht die Gefahr, dass A-Schüler (Motorrad) den Unterricht abbrechen, „es lohnt sich eh nicht mehr in diesem Jahr“. Das wäre bitter, denn sie sind gute Umsatzträger.

Welche Konsequenzen hat es für die jungen Leute, wenn sie die Führerscheinprüfung nicht ablegen können? In manchen Berufen ist man ja auch auf den Führerschein angewiesen, gerade im ländlichen Raum.

Ich kann nur für die Klasse B/BE und A/A1/A2 sprechen, zudem für die B196. Für jeden BF17’er hat es eigentlich keine gravierenden Auswirkungen, sie dürfen eh nicht alleine fahren. Die Zweiräder sind nur „Hobby-Führerscheine“. In meinem Bereich sind die meisten Schüler nicht berufsbedingt vom Führerschein abhängig.

Alle, die im März und April alt genug für die Führerscheinprüfung waren, kommen ja dann hinzu, wenn sie die Fahrschule wieder öffnen können. Haben Sie dann überhaupt genügend Kapazitäten, um das abzuarbeiten?

Ich bin der Überzeugung dass es zu schaffen ist, denn die noch kommenden Anmeldungen müssen zuerst einen Teil Theorieunterricht absolvieren, dann die Unterlagen für das Amt beschaffen und den Erste-Hilfe-Kurs absolvieren. Diese Erste-Hilfe-Kurse werden zusätzlich den „Stau“ abbauen müssen. Die Arbeit wird sich im Laufe der Monate wieder glätten.

Der gelernte Bürokaufmann war nach der Ausbildung vier Jahre lang Zeitsoldat bei der Marine. Anschließend arbeitete er 23 Jahre als Organisations-Programmierer, hauptsächlich im kaufmännischen Sektor, davon von 1993 bis 2003 selbstständig. Im Jahr 2004 absolvierte der passionierte Motorradfahrer die Ausbildung zum Fahrlehrer und übernahm 2007 die Fahrschule Iburg von Horst Iburg. Er lebt seit 1995 in Schliengen.

Info:

Die Fahrschulen im Land könnten nach Vorstellungen des baden-württembergischen Verkehrsministeriums nach folgendem Zeitplan ihre Arbeit wieder aufnehmen:

  • ab 11. Mai Öffnung von Büro/Anmeldung
  • ab 18. Mai Ausbildung Theorie und Zweiradklassen
  • ab 25. Mai komplette Ausbildung aller Klassen.

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