Ich bin Schöffe am Landgericht Freiburg, wo ich pro Jahr für zwölf Verhandlungen vorgemerkt bin, die jeweils bei einer der Kleinen oder Großen Strafkammern sein können. Die eigentlichen Ladungen erfolgen dann mit genauer Angabe, an welchem Tag oder Tagen die Verhandlung stattfindet. Bei den Kleinen Strafkammern sind einem hauptberuflichen Richter zwei Schöffen zugeordnet, bei den Großen Strafkammern sind zwei Schöffen zwei Berufsrichtern zugeordnet. Nicht für alle vorgesehenen Termine erhalte ich Ladungen, bei einigen Terminen wurde ich vor der Verhandlung wieder abgeladen, weil eventuell das Verfahren verschoben oder eingestellt wurde.
Erhält man eine Art Ausbildung als Schöffe?
Nein, alle Schöffen werden zu Beginn der Amtszeit gemeinsam über die regulären Abläufe informiert und in ihrer ersten Verhandlung vom vorsitzenden Richter vereidigt. Die Schöffen erhalten vor den Verhandlungen keine Akteneinsicht, um sich alleine aufgrund der vorgetragenen Anklageschrift, der Zeugenaussagen, der Äußerungen des Angeklagten und von eventuellen Gutachtern und der abschließenden Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ein eigenes Bild machen zu können. Wir müssen uns kein Strafrecht oder Verfahrensrecht aneignen. Übrigens: Es gibt keine festen Schöffen-Gespanne, ich habe in diesen viereinhalb Jahren nur bei wenigen Terminen mit den gleichen Kollegen zusammengearbeitet. Das ist jedes Mal eine neue Erfahrung, wie andere Schöffen „ticken“.
Welche Themen haben Sie als Schöffe verhandelt?
Das hat sich bisher unter anderen von Drogenhandel über Fahren ohne Fahrerlaubnis, gefährliche Körperverletzung bis zu versuchter Vergewaltigung erstreckt. Viele Termine sind aufgrund von Einsprüchen gegen Urteile beim Amtsgericht Berufungsverfahren, in denen es oft um das Strafmaß geht und ob dieses auf eine Bewährung begrenzt werden kann. Bisher hatte ich nur eine Ladung zu einem längeren Verfahren mit sieben Terminen, zu dem ich jedoch wegen Terminüberschneidung mit einer anderen Ladung abgeladen wurde.
Sind sich Schöffen und Richter immer einig?
Meistens gibt es nach einer ausführlichen Beratung ein klares Votum, dem sich alle drei beziehungsweise vier Richter anschließen. Erst vor kurzem erlebte ich zum ersten Mal, dass wir zwei Schöffen den Richter in der Beratung überstimmt haben, weil wir seiner Argumentation nicht folgen konnten.
Oft geht es vor Gericht um persönliche Schicksale, beschäftigt Sie das manchmal?
Ja, wir entscheiden oft über den weiteren Lebensweg von Angeklagten, die eventuell für eine längere Zeit ins Gefängnis kommen oder gerade noch mit Bewährung auf freiem Fuß bleiben. Da stellt sich mir immer wieder die Frage, welche Auswirkung das Urteil für eine mögliche Änderung der Haltung oder des Verhaltens des Verurteilten – in der Regel Männer – haben wird. Auch deshalb muss ich mich immer fragen, ob das Strafmaß eines Urteils angemessen ist. Nach Abschluss der Verfahren fühle ich mich jedoch fast immer nicht weiter belastet.
Was unterscheidet Schöffen von Geschworenen die man aus englischen oder amerikanischen Filmen kennt?
Schöffen sind ehrenamtliche Richter, die gemeinsam mit dem Richter das Urteil und das Strafmaß – auch für Kapitalverbrechen – ermitteln. Die ebenfalls ehrenamtlichen Geschworenen befinden meines Wissens nach nur darüber, ob der Angeklagte schuldig ist. Das Strafmaß legen dort die Berufsrichter fest.
Georg Hoffmann
ist 63 Jahre alt. Er ist verheiratet und lebt in einer Patchwork-Familie mit acht Enkeln. Der Techniker Fachrichtung Sanitär absolvierte im Jahr 2006 eine Ausbildung zum Gebäudeenergieberater bei der Handwerkskammer. Seit 2007 ist er selbstständig mit der Firma Hoffmann GebäudeEnergieBeratung in Schliengen. Für die Grünen sitzt er seit 2014 im Schliengener Gemeinderat.