Kritik an Zaunlösung
Den Lösungsansatz mit Zäunen als Schutz vor dem Wolf hält Knobel in der hiesigen Region für nicht praktikabel. Es sei schwierig bis unmöglich, auf diesem Weg für die Sicherheit von Kühen, Kälbern, Schafen oder Ziegen zu sorgen. Allein sein eigener Betrieb umfasse rund hundert Hektar Weidberggebiet und nach Knobels Berechnungen würde es rund 350 000 Euro kosten, den gesamten Bereich einzuzäunen. „Ich darf aber im Jahr nur 30 000 Euro an Fördergeldern beantragen, also bräuchte ich knapp zwölf Jahre, bis ich alle meine Tiere schützen kann“, rechnet der Landwirt vor.
Weiter verweist Manfred Knobel darauf, dass die vom Land geforderte und zur Funktionsfähigkeit auch notwendige Wartung solcher Zäune schlicht und einfach nicht zu leisten sei. Kritisch seien wolfabweisende Zäune auch unter Tourismusgesichtspunkten zu sehen, „denn viele Wanderwege wird es dann bei uns nicht mehr geben“. Und schließlich müsse man bedenken, dass die Wolfszäune auch für das übrige Wild in den hiesigen Wäldern Barrieren darstellen.
Aiterns Bürgermeister ist sich sicher, dass der Wolf, sollte er sich erst einmal in der Region festsetzen, über kurz oder lang Rinder, Schafe oder Ziegen reißen wird. Von Naturschützern werde die Problematik kleingeredet nach dem Motto: Landwirte bekommen gerissene Tiere ja ersetzt. „Aber ums Geld geht es nicht“, stellt Knobel klar, „wenn ein Wolf einmal in einer Herde drin war, ist es praktisch nicht mehr möglich, mit den Tieren, die dann verängstigt und hysterisch sind, zu arbeiten.“
Viele Landwirte, die er kenne – rund hundert sind vor allem im Nebenerwerb noch im Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbands Schönau tätig – würden ihm signalisieren, dass sie aufhören, wenn sie „ihre Tiere vom Wolf zerfleischen lassen müssen“. Schließlich hänge jeder Tierhalter an seinen Rindern, Kälbern, Ziegen oder Schafen.
Gezielte Herausnahme
Es gehe nicht darum, den Wolf auszurotten, stellt Manfred Knobel klar: „Der Wolf soll leben, aber nicht hier.“ Aiterns Bürgermeister plädiert nicht dafür, die Tiere, die in der Region unterwegs sind, einfach abzuschießen, sondern sie „herauszunehmen“ und umzusiedeln. Für diese Aufgabe gebe es professionelle EU-Jägertrupps.
Unterstützt wird diese Haltung grundsätzlich von Peter Schelshorn, Bürgermeister von Schönau und Vorsitzender des Gemeindeverwaltungsverbands. Zäune seien unter den hier herrschenden topografischen Bedingungen keine sicheren Hindernisse für Wölfe. Anstatt viel Geld für Zäune auszugeben, hält Schelshorn es für sinnvoller, hohe Entschädigungen an Landwirte für gerissene Tiere zu zahlen. Wobei Schönaus Bürgermeister durchaus bewusst ist, „dass wir hier eine Landwirtschaft haben, wo manche Kuh fast zur Familie gehören.“
Auch die Nutzung von Herdenhunden, wie sie etwa im Osten Deutschlands praktiziert werde, sei in der hiesigen Region nicht zielführend. Dagegen kann sich auch Schelshorn eine gezielte „Herausnahme“ des Wolfs durchaus vorstellen, denn seiner Ansicht nach gilt es unbedingt zu vermeiden, dass sich Rudel bilden können: „Dann haben wir ein massives Problem.“
Schelshorn fordert eine Intensivierung der Diskussion, wohl wissend, dass es sich um ein „höchst sensibles Thema“ handelt, weil der Wolf von vielen als sehr schützenswert angesehen wird. Auch Manfred Knobel hofft, dass die Diskussion jetzt an Fahrt aufnimmt und man gemeinsam mit den Behörden Lösungen findet.