Die Bürgermeister fordern in dem Schreiben an Kretschmann eine Abkehr von der reinen Politik der Beschränkung und Verbote zu einer Politik der möglichst großen Freiheit mit bestmöglicher Begleitung von Hygienemaßnahmen.
„Das Coronavirus gehört zwischenzeitlich zu uns. Wir werden es für lange Zeit nicht schaffen, alle daraus resultierenden Risiken auszuschalten. Deshalb muss das Motto für die kommenden Wochen heißen: Zulassen, statt zu lassen.“
Die Entscheidungsgrundlagen für weitere Schließungen dürften nicht mehr hinter verschlossener Tür verhandelt werden. Ebenso sei mittlerweile bekannt, dass sich die Menschen im privaten Umfeld treffen und es mit der Coronaverordnung nicht mehr so ernst nehmen. Auch in Bezug auf dieses Wissen seien Schließungen auf die Tauglichkeit der Maßnahme zu überprüfen.
„Wir als Bürgermeister bekommen im direkten Kontakt mit den Mitbürgern und Einwohnern die unmittelbare Verzweiflung gerade der Einzelhändler, aber auch der Gastronomen zu spüren. Viele von ihnen haben ihre auch als Altersvorsorge gedachten Rücklagen bald komplett aufgebraucht und werden am Ende alles verloren haben, wenn nicht die versprochene Unterstützung wirklich umfassend, zeitnah und vollständig fließen wird. Gelingt hier nicht sehr kurzfristig die Korrektur, so würden gerade wir in unseren Kommunen bald unsere Innenstädte und Gemeindezentren nicht wiedererkennen; vom Online-Handel können unsere Innenstädte nicht leben.“
Schließungen dürften nicht mehr flächendeckend geschehen, sondern müssten nach solch einer langen Zeit differenzierter vorgenommen werden. „In welchen öffentlichen Bereichen stecken sich die Menschen an? Müssen Speiselokale geschlossen bleiben, wenn zum Beispiel die Öffnung von Bars und Diskotheken nicht möglich ist?“
Nur wenn dieser Abwägungsprozess endlich transparent erfolge, würden notwendige Beschränkungen in der Zukunft auch Akzeptanz finden.
Dabei beteiligten sich die Kommunen bereits heute aktiv an Corona-Schwerpunktpraxen und arbeiteten bei allen Aufgaben mit den Gesundheitsämtern eng zusammen. „Auch die aktuelle Teststrategie des Landes unterstützen wir aktiv. Wir sind bereit dies in Zukunft noch intensiver zu tun. Denn wir sind überzeugt, dass uns auf kurze und mittlere Frist die Verknüpfung intelligenter Testszenarien mit einer wohlüberlegten Öffnungsstrategie deutlich schneller aus der Krise führen wird als das ungeduldige Warten auf durchschlagende Impferfolge“, so die Bürgermeister.
Auch das verbindliche Tragen von FFP2-Masken sehen die Bürgermeister als gute Begleitung einer Öffnungsstrategie an.
Insgesamt dürfe die Angst vor der nächsten Welle oder dem nächsten Mutanten nicht lähmen und zu den bisherigen Verhaltensmustern zurückkehren lassen. Angst sei kein guter Ratgeber.
Es gehe um den Schutz von Existenzen, von Familien, von Bildungsperspektiven und Zuversicht.
Unterzeichner des Schreibens sind die Bürgermeister Peter Schelshorn (Schönau, Gunther Braun (Steinen), Markus Keller (Blumberg), Micha Bächle (Bräunlingen), Bruno Betz (Ettenheim), Erik Weide (Friesenheim), Tobias Benz (Grenzach-Wyhlen), Simone Penner (Kandern), Jochen Paleit (Kappel-Grafenhausen), Dietmar Benz (Mahlberg), Georg Riedmann (Markdorf), Robert Scherer (Meersburg), Alexander Schröder (Meißenheim), Hermann Acker ( Oberndorf), Peter Heuken (Neuried) und Matthias Litterst (Schuttertal).