Bürgerbegehren statthaft, aber nicht zulässig
Dirk Schöneweis, der Rechtsberater der Gemeinde Böllen, erläuterte im Anschluss die zentralen Aspekte des eingereichten Bürgerbegehrens. Dieses sei zwar statthaft, da das erforderliche Quorum erreicht sei, zulässig sei es indes nicht, „da es auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist“. Diese Rechtswidrigkeit ergebe sich aus einem Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen. Die die Gemeinde bindenden Verträge würden eine Grenze des Anwendungsbereichs von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden bilden. „Allein wegen veränderten politischen Vorstellungen kann ein Vertrag nicht aufgehoben werden“, sagte der Rechtsanwalt. Und der von der Gemeinde Böllen mit den Elektrizitätswerken Schönau geschlossene Vertrag enthalte keine Rücktrittsklausel und sei auch nicht kündbar.
„Es gibt einen Punkt im Prozessverlauf, in dem es zu spät für ein Bürgerbegehren ist, und das war der Zeitpunkt, an dem der Vertrag unterschrieben wurde“, sagte Dirk Schöneweis. Insofern, so der Rechtsanwalt, habe der Gemeinderat nun eine reine Rechtsentscheidung und keine Ermessensentscheidung zu treffen. Diese Ansicht vertrete im Übrigen auch das Landratsamt Lörrach. Sollte der Gemeinderat dem Bürgerbegehren zustimmen, wäre dies rechtswidrig, der Bürgermeister müsste widersprechen und die Aufsichtsbehörde müsste den Beschluss aufheben, skizzierte Schöneweis das entsprechende Szenario.
„Wir sind nicht richtig informiert worden“
Die Diskussion im Gemeinderat fiel knapp aus. Bernhard Karle gab an, in der März-Sitzung für das Vorhaben gestimmt zu haben, doch nun hätten sich die Voraussetzungen geändert, denn jetzt sei klar, dass ein Windrad bis zu 700 Metern an die Wohnbebauung heranrücke. „Wir sind nicht richtig informiert worden“, sagte Karle.
Arnold Frank erkundigte sich, wie es um mögliche Haftungsfragen für Gemeinderäte bestellt sei. Windkraft-Kritiker Hubert Behringer hatte zuvor dargelegt, dass die Ratsmitglieder mit ihrer Entscheidung auch Haftungsrisiken auf sich nehmen würden. Dirk Schöneweis wies diese Argumentation zurück: „Eine Haftung sehe ich nicht, denn Sie stellen lediglich Flächen zur Verfügung.“ Dies gelte auch, sollte im weiteren Verlauf gegen das Vorhaben geklagt werden.
Das Ratsgremium sprach sich schließlich mit vier Ja-Stimmen dafür aus, das Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären. Gegen diesen Beschluss stimmten Bernhard Karle und Robert Keller; der Stimme enthielt sich Werner Frank.
Neues Bürgerbegehren eingereicht
Die Kritiker des Vorhabens monierten nach der Sitzung, man habe kaum eine Chance gehabt, ein Bürgerbegehren zu initiieren, da die Vertragsunterzeichnung unmittelbar nach der Gemeinderatsentscheidung erfolgt sei. Auch deshalb werde man sofort ein zweites Bürgerbegehren anstreben.
Gesagt, getan: Am Freitagvormittag wurde bei der Gemeinde ein neuer Bürgerentscheid mit folgender Fragestellung beantragt: „Stimmen Sie für die Aufhebung des Beschlusses des Gemeinderats vom 01.03.2018 zum Abschluss des Nutzungsvertrags zur Errichtung von Windenergieanlagen auf Waldflächen mit den nicht-öffentlich beschlossenen Inhalten und somit Einbringung der im Gemeindeeigentum befindlichen Flächen in die Poolkulisse für den Windpark Zeller Blauen und damit für die Neufassung des Beschlusses durch den Gemeinderat, der die Nutzung der ausgewiesenen Flächen definiert.“