Schopfheim Städtischer Haushalt eine "Riesenherausforderung"

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Mit 15 Ja-Stimmen hat der Gemeinderat den Haushalt 2021 verabschiedet.

Schopfheim - Mit 15 Ja-Stimmen hat der Gemeinderat den Haushalt 2021 verabschiedet. Es gab sechs Nein-Stimmen: Die Grünen-Fraktion und SPD-Stadtrat Thomas Gsell zeigten sich mit dem großen Zahlenpaket nicht einverstanden.

Haushaltsrede des Bürgermeisters 

„Es war eine Riesenherausforderung, diesen Haushalt aufzustellen“, sagte Bürgermeister Harscher bei der letzten (Hybrid-)Gemeinderatssitzung in diesem Corona-Jahr. „Wir haben viele Runden gedreht, zufrieden kann man nicht sein.“

Derzeit gehe das seit dem Zweiten Weltkrieg schwierigste und herausforderndste Jahr zu Ende. Die Pandemie stelle eine „Krise für Leib, Leben und Seele dar“, so Harscher – und natürlich für die Wirtschaft. Sie verlange der Stadt einiges ab, die gesamte Bürgerschaft sei betroffen. Umsatzeinbrüche, Verdienstausfälle, Kurzarbeit und der Verlust von Arbeitsplätzen seien ökonomischen Auswirkungen der Krise. Corona werde auch das Erscheinungsbild der Innenstädte verändern, so Harscher; Hauptprofiteur sei der Internethandel der Online-Großkonzerne. Angesichts des „unfairen Wettbewerbs“ appellierte Harscher an die Bürger, den heimischen Einzelhandel zu unterstützen.

Harscher ging auf die größten städtischen Investitionen ein: den Campus mit seinen unvorhergesehenen Beschlüssen und zusätzlichen baulichen Maßnahmen sowie den Kostensteigerungen, die schon beschlossene Pläne gekippt hätten. Das künftig in Eigenregie geführte Freibad werde Auswirkungen auf den Haushalt der Eigenbetriebe haben. Die Erschließungsmaßnahmen in Langenau seien im Gang – hier habe die Nachfrage nach Bauplätzen das Angebot überstiegen. Auch die Aufstockung der Kita Langenau, und die Einstellung des technischen Beigeordneten gehörten zu den Investitionen. Zudem seien die Rahmenbedingungen für das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in die Wege geleitet worden, wobei eine Stockung zu registrieren gewesen sei. Das Vorhaben ruhe derzeit.

Einnahmenverluste durch Corona hätten zu einer schwierigen Haushaltsberatung geführt. Daher müsse das Ziel für 2021 eine „strukturelle Optimierung“ sein. Ein Defizit von aktuell vier Millionen Euro sei nicht länger hinnehmbar, es müsse ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt werden, denn für 2022 werde mit einem Verlust von 4,1 Millionen Euro, 2023 mit einem Verlust von einer Million und 2024 mit einem Verlust von 2,4 Millionen gerechnet, und es müssten bis 2022 Kredite von mehr als 22 Millionen Euro aufgenommen und die Liquidität verbessert werden. Die Pro-Kopf-Verschuldung werde sich von 214 Euro im Jahr 2020 auf 1327 Euro im Jahr 2022 verschlechtern.

Dennoch, so Dirk Harscher zum Abschluss seiner Corona-Haushaltsrede, Schopfheim sei „mit Abstand“ die beste Stadt.

Die Unabhängigen

„Die Stadt lebt seit Jahren über ihre finanziellen Verhältnisse.“ Andreas Kiefer kritisierte, dass die von der Kommunalaufsicht geforderten Maßnahmen für einen ausgeglichenen Haushalt nicht umgesetzt worden seien. Die Ausgaben würden immer höher, die Einnahmen sinken. Schon vor Corona sei die wirtschaftliche Lage einiger Betrieb nicht rosig gewesen. Die Einnahmenseite durch Steuererhöhungen zu verbessern, sei den Bürgern kaum noch zumutbar. Außerdem habe die Stadt trotz vieler Baumaßnahmen eine schrumpfende Einwohnerzahl, hier müsste doch viel Wohnraum leer stehen. Ein Finanzierungskonzept für den Campus gebe es nicht, obwohl die Kommunalaufsicht dies fordere. Die Unabhängigen hätten zahlreiche Umplanungsvorschläge unterbreitet. Im Haushalt sehen sie keine Sparansätze, dabei gäbe es sie durchaus: Anbau Halle Enkenstein verschieben, Verkauf des Gebäudes der Ortsverwaltung Wiechs stoppen, Verschiebung der Projekte Bildungshaus und Aufstockung Kita Langenau. Den Haushalt müssten die Unabhängigen eigentlich ablehnen, aber wegen Corona und der Mehrarbeit für die Verwaltung stimmten sie zu; der mittelfristige Finanzplan werde abgelehnt.

Die Grünen

Ein „Weiter so wie bisher“ werde es mit den Grünen nicht geben, teilte Fraktionssprecher Ernest Barnet mit. „Wir müssen einen anderen Weg einschlagen.“ So müsse man sich klar darüber werden, in welcher Stadt man wohnen wolle, das habe nicht zuletzt die Pandemie verdeutlicht. Hier gehe es um die Evaluation eines Leitbilds. Die Stadt könne sich nicht unbegrenzt verschulden.

Es werde auch nur eine Frage der Zeit sein, bis wieder mehr Flüchtlinge kämen. Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums müsse zu einer primär kommunalen Aufgabe werden. Es gelte, freie Flächen zu bevorraten und dies nicht nur den freien Trägern zu überlassen. Klimaförderung und ein Konzept für Frei- und Spielflächen würden dazu beitragen, das Lebenswerte einer Stadt nicht aus den Augen zu verlieren. Die vorliegenden Lösungen seien den Grünen nicht weitreichend genug, deshalb stimmten sie dem Haushalt nicht zu; auch der mittelfristigen Finanzplanung nicht, die eher fünf statt drei Jahre umfassen sollte. Es sei an der Zeit, über mehr Kooperationen nachzudenken. Kreativität sei gefragt. Ohne Streichungen werde man indes keine großen Würfe zur Verbesserung des Ergebnishaushalts machen, die aber seien in diesen Zeiten völlig falsch. Die Ortsteile dürften nicht nur unter dem Aspekt, was man dort verkaufen könne, gesehen werden, sondern als Entwicklungspotenzial. Die Stadt müsse runter von den Schulden, aber nicht auf Kosten der Lebensqualität.

Freie Wähler 

„Die Corona-Pandemie ist nicht die einzige Quelle der Schieflage für unseren Haushalt“, machten die Freien Wähler deutlich. Vielmehr seien dies Beschlüsse, die das Sparziel konterkariert hätten. Dies betreffe den Campus, aber auch die Einstellung des technischen Beigeordneten, das Stadtteileltern-Projekt und die Garten- und Wiesentalbahn – ein Widerspruch in sich, so Fraktionssprecherin Hildegard Pfeifer-Zäh.

Im Ergebnishaushalt seien hohe Verluste zu verzeichnen, dabei müsste er Überschüsse generieren, um das hohe Investitionsvolumen zu finanzieren.

Die Verbesserung des Ergebnishaushalts sei eine kaum zu bewältigende Aufgabe, Steuererhöhungen würden nicht zu umgehen sein, wenngleich sie das letzte Mittel bleiben sollten. Alle Pflicht- und freiwilligen Aufgaben müssten auf den Prüfstand. „Und ich fürchte, wir werden auch heilige Kühe schlachten müssen“, kündigte Hildegard Pfeifer-Zäh an.

Bei Bauprojekten müsse eine gute Risikoabschätzung vorgenommen werden, Baupreissteigerungen, Kostenerhöhungen durch Planungs- und Baufortschritte sowie den Bauherren und Gemeinderatsbeschlüsse müssten abgewogen werden; geschluckt werden müsse indes die „Kröte“, die durch den Beschluss, das alte Technikgebäude auf dem Campus zu erhalten, entstanden sei.

Notwendig hingegen seien die Aufstockung der Kita Langenau, die städtebauliche Entwicklung und der Cityverein.

SPD

„Wir haben uns haushaltstechnisch verhalten, als ob das Damoklesschwert der weiteren strukturellen Verschlechterung des Haushalts nicht über uns schwebt“, so Fraktionschef Peter Ulrich. Die SPD sei enttäuscht über die Beschlüsse, die zur massiven Erhöhung der ohnehin schon aus dem Ruder gelaufenen Kosten für den Schulcampus geführt hätten. Die Art, wie eine Mehrheit erreicht wurde, sei legal, doch jeder müsse für sich in den Spiegel schauen und sich fragen, ob er das Beste für die Stadt erreicht habe.

Wie passe es zusammen, wenn die Verwaltung zum Sparen aufrufe und dann weder Gemeinderat noch Verwaltung in der Lage seien, die Investitionen der Haushaltslage anzupassen? Künftig müsse es ans Eingemachte gehen. „Wir müssen uns ehrlich fragen, welche freiwilligen Einrichtungen – Schwimmbad, Bibliothek, Museum... wir weiter betreiben wollen, um als Stadt attraktiv zu bleiben.“ Es gelte, den Mut für einen ausgeglichenen Haushalt aufzubringen, auch durch höhere Nutzungsgebühren (mit „effektiver Sozialstaffelung“) und Steuererhöhungen. Die Konsolidierung müsse zwischen Kernstadt und Ortsteilen ausbalanciert sein. Ein weiteres Thema sei die Schaffung bezahlbaren Wohnraums; da die Stadt hier nur wenig freie Hand habe, sei „brutalstmöglicher Einsatz von Kreativität“ erforderlich. Weitere Gewerbeansiedlungen seien nötig. Ziel sollte der Ausbau der Stadt als attraktives Mittelzentrum sein.

CDU 

Nun sei endgültig der Zeitpunkt gekommen, sich von freiwilligen Aufgaben verabschieden zu müssen, stellte Fraktionssprecherin Ute Zeh fest – sie war von daheim aus zugeschaltet. Von was man sich nicht verabschieden könne, sei der Campus. Die Verteuerung sei mit ein Grund, warum der CDU die Stelle des technischen Beigeordneten so wichtig sei. Bei den Uehlin-Häusern sei die Stadt dank der CDU einen großen Schritt weiter. Der Gemeinderat habe auch für das MVZ eine Lösung erarbeitet, die aber vom möglichen Betreiber noch nicht abgerufen worden sei. „Wir fragen uns, wie es mit der Ärzteversorgung weitergehen soll.“ Im Frühjahr habe der Rat die Sanierung der Brücke Ehner-Fahrnau beschlossen. „Wir erwarten die Umsetzung der Sanierung 2021“, so Ute Zeh. Allen sei klar, dass eine Innenstadt-Entwicklung erst dann erfolgen könne, wenn die Mittel da sind. Nicht vergessen werden sollte jedoch der AK Innenstadt, der indes 2020 nicht einmal getagt habe. Bildung sei eine große Pflichtaufgabe, der die Stadt nachkomme. „Wir plädieren weiterhin für einen Verkauf der Hebel-Schule...sowie einen Verkauf des Fahrnauer Rathauses.“ Die Verwaltung sei in der Pflicht, nochmals Kürzungen in den Fachbereichen vorzunehmen.

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